450 Fälle in Berlin Masern-Ausbruch: Koalition erwägt Impfpflicht

Berlin · Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Die Infektion kann schwerwiegende Folgen haben. Nach einem Ausbruch mit fast 450 Fällen seit Jahresbeginn in Berlin diskutieren Politiker jetzt über eine gesetzliche Impfpflicht.

"Wenn wir es nicht schaffen, mit verstärkter Aufklärung und Beratung die Impfraten bald zu steigern, sollten wir über eine Impfpflicht in Kindergärten und Schulen nachdenken", sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn der "Welt am Sonntag". Die Forderung wird auch vom Koalitionspartner SPD erhoben - und von der Opposition kritisiert.

"Wir brauchen jetzt eine konzertierte Aktion von Gesundheitspolitikern aller Parteien und von den Ärzteverbänden, um eine große Impfwelle in Gang zu setzen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach der Zeitung. Wenn es nicht gelinge, die Impfbereitschaft zu steigern, "muss eine Impfpflicht für Kleinkinder der nächste Schritt sein".

Gröhe kritisiert Impfgegner

In Berlin wurden dem Bericht zufolge in diesem Jahr bereits 447 Masernfälle gemeldet und damit mehr als bundesweit im gesamten vergangenen Jahr. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) kritisierte Impfgegner scharf. "Die irrationale Angstmacherei mancher Impfgegner ist verantwortungslos", sagte Gröhe dem Blatt. "Wer seinem Kind den Impfschutz verweigert, gefährdet nicht nur das eigene Kind, sondern auch andere - das kann zu schweren Gesundheitsschäden führen."

Die Überlegungen für eine Impfpflicht werden von der Opposition abgelehnt. "Impfzwang kann nicht die richtige Antwort sein", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche, der "Saarbrücker Zeitung". Stattdessen führten Transparenz und Aufklärung zu guten Impfraten. Wenn "offen und ehrlich" über Vorteile und Risiken von Schutzimpfungen informiert werde, sei auch mit einer größeren Bereitschaft dazu in der Bevölkerung zu rechnen, sagte die Grünen-Politikerin.

Auch der Gesundheitsexperte der Linksfraktion, Harald Weinberg, lehnte einen gesetzlichen Impfzwang ab. Das Selbstbestimmungsrecht der Eltern müsse weiter gelten, sagte Weinberg der "Saarbrücker Zeitung".

Schwerwiegende Komplikationen möglich

Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Die hoch ansteckende Virusinfektion kann zu schwerwiegenden Komplikationen und sogar zum Tode führen. In Deutschland kommt es immer wieder zu regionalen Ausbrüchen. Der Erreger wird durch Tröpfchen übertragen, die beim Niesen, Husten oder Sprechen in die Atemluft gelangen.

Zwischen Ansteckung und ersten Symptomen vergehen etwa acht bis 14 Tage. Die Krankheit beginnt mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Schnupfen und Husten, dann kommt der typische Hautausschlag hinzu. In zehn bis 20 Prozent der Fälle kommt es zu Komplikationen, wie Mittelohr- und Lungenentzündungen sowie Gehirnentzündungen, die sogar lebensbedrohlich sein können.

(AFP)
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