Empty-Nest-Syndrom Hilfe, die Kinder ziehen aus!

Düsseldorf · In der Pubertät sehnen Eltern manchmal den Tag herbei, an dem das Kind auszieht und Ruhe einkehrt. Ist der Tag jedoch gekommen, machen sich oftmals Wehmut und Trauer breit. Eine Anleitung zum Loslassen.

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Foto: dpa/Alvaro Barrientos

Rund zwanzig Jahre dreht sich alles im Leben um die Kinder: Hunderte Male zum Kindergarten gelaufen, den Spross gesund gepflegt, mit ihm für die Schule gepaukt, Rat gegeben, das Feriencamp bezahlt. Manchmal scheinen die Tage zu kurz, um alles, was man für Job, Haushalt und die Kids tun müsste, unterzubringen. Ein wenig mehr Zeit wäre da hin und wieder wirklich wünschenswert. Doch dann kommt irgendwann der Tag, an dem das Kind auszieht - und plötzlich ist es still.

Das Empty-Nest-Syndrom

Der Moment des Abschieds vom Kind kündigt sich zwar über Jahre an. Dennoch sind viele Eltern nicht gut darauf vorbereitet. Bei ihnen reißt der Abschied eine große Lücke, in der sich Trauer breit macht. In den 60er Jahren fanden amerikanische Soziologen dafür den Begriff Empty-Nest-Syndrom.

"Einige überwältigen die Emotionen am Tage des Auszugs. Selbst dann, wenn man zuvor sehr taff mit der Situation der herannahenden Trennung umgegangen ist", sagt Dorothee Ellerbrake, Familienberaterin in Düsseldorf.

So unterschiedlich trifft es die Geschlechter

Männer kommen meist etwas besser mit der neuen familiären Situation zurecht, sagt die Familienberaterin. Sie reagierten weniger emotional, konzentrierten sich auf Organisatorisches - wie die Möbel zu Hause umzustellen - und suchten eher Ablenkung im Job. Eigenart vieler Männer jedoch sei auch, einfach weniger darüber zu sprechen und still zu leiden.

Anders ist das bei den meisten Frauen. Sie reden zwar über die Situation, doch trifft die Endgültigkeit der Lage sie unvermittelt hart. "Oft haben die Mütter in den Babyboomzeiten der 70er und 80er Jahre beruflich zurückgesteckt. Dadurch haben sie mehr Zeit mit den Kindern verbracht und sind gefühlsmäßig enger an diese gebunden", sagt Bettina Fromm, Psychologin und Midlife-Coach aus Köln.

Wie schön wäre es, die nun zurückgewonnene Zeit in vollen Zügen genießen zu können. Doch vielen gelingt das laut Fromm nicht, weil sie zu lange zu fokussiert auf den Nachwuchs waren. Eigene Aktivitäten und Hobbies seien eingeschlafen. Wie man eine erfüllte Zeit zu zweit verbringt, ist oft in Vergessenheit geraten. Am Abendbrottisch liefen früher Gespräche über Tagesplanung, Klassenarbeiten und Ausbildung. Nun macht sich Schweigen breit.

Ehekrise, weil die Kinder ausziehen

Das ist der Zeitpunkt, an dem viele Ehen in die Krise geraten, zeigt eine repräsentative Umfrage der Universität Heidelberg. Wenn die Kinder das Haus verlassen, trennt sich so manches Paar, sagen die Düsseldorfer Familientherapeutinnen. Sie scheitern daran, sich als Paar neu zu definieren und die neue Lebensphase mit Sinn zu füllen. Die Expertinnen raten darum dazu, sich schon vor dem Auszug des Kindes Zeit als Paar zu nehmen und beispielsweise ein Wochenende alleine wegzufahren.

"Viele registrieren jetzt bewusst, dass sie älter werden", sagt Tania Höveler, Familienberaterin in Düsseldorf. Häufig fällt dieser Moment zudem mit den Wechseljahren der Mütter zusammen. Statt stolz auf den geschafften Lebensabschnitt und die erreichte Selbstständigkeit der Kinder zu schauen, gucken viele melancholisch auf die gemeinsame Zeit zurück.

Solche Gedanken gehören zwar zur normalen Ablösungs- und Trauerphase, mit der Zeit kann es aber auch zu Problemen kommen: Schlaflosigkeit, Grübelei, Appetit- und Lustlosigkeit können Hinweise für eine depressive Episode sein. In einem solchen Fall sollte man psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.

Strategien gegen das Empty-Nest-Syndrom

(wat)
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