Psychologie Warum Sie Ihre schlechte Laune ruhig mal ausleben sollten

Düsseldorf · Schlechte Laune zählt zu den unangenehmsten Gefühlen, die man sich vorstellen kann. Niemand ist immer gut drauf. Die gute Nachricht: Miese Laune hat sehr viele Vorteile.

 Wer schlechte Laune hat, macht bei der Arbeit weniger Fehler und ist konzentrierter. (Symbolbild)

Wer schlechte Laune hat, macht bei der Arbeit weniger Fehler und ist konzentrierter. (Symbolbild)

Foto: Shutterstock/Fabio Balbi

Wer positiv denkt, wird nach schwerer Krankheit schneller wieder gesund, er ist kreativer, flexibler, wird beliebter und verdient am Ende mehr Geld. Mit diesen Argumenten flutete die "Think positive"-Welle der letzten Jahre die Köpfe. Gute Laune ist eine feine Sache. Aber immer gut drauf sein funktioniert auch nicht. Und das ist auch gut so, sagen Experten. Immer eine Faust in der Tasche zu ballen, ist nicht einmal sinnvoll. Aber warum?

Warum hat die Natur schlechte Stimmung mit eingeplant?

Erster Ansatzpunkt: Der Blick auf die Evolutionsgeschichte. Warum sollte die Natur Stimmungsschwankungen und Miesepeterigkeit zulassen, wenn diese uns nur schaden? Tatsächlich mag dahinter ein Wert stehen, der erst auf den zweiten Blick zu sehen ist.

Der australische Sozialpsychologe Joseph Paul Forgas erklärt das mit einem Model des Emotionsforschers Paul Ekman. Es geht von sechs Basisemotionen aus. Von diesen sind neben Freude und Überraschung ausgerechnet die Mehrzahl negativ: Wut, Ekel, Furcht und Traurigkeit. Bei Ekel und Furcht macht er einen evolutionären Vorteil aus. Sie bewahren uns vor Gefahren. Auch Wut hat laut Forgas eine positive Seite: Sie hilft, uns gegen andere durchzusetzen. Aber Traurigkeit?

Im Experiment fand Forgas eine interessante Wirkungsweise von Traurigkeit. Er stellte fest, dass Menschen in negativer Stimmung analytischer waren, flexibler im Denken und deutlich effektiver darin, andere zu überzeugen. Damit besaßen sie zwischenmenschlich mehr Einfluss. Menschen mit vorübergehender Übellaunigkeit zeigten sich zudem eher auf Fairness bedacht und in größerer Sorge um andere. Durch Umsicht und mehr Höflichkeit wiesen sie besondere soziale Kompetenz auf.

Wer schlecht gelaunt ist, macht weniger Fehler

Zweiter Ansatzpunkt: Die Verhaltensbiologie. Einen vollkommen überraschenden Effekt beschreibt Verhaltensbiologe Gregor Fauma. Schlecht gelaunte Mitarbeiter sind seiner Auffassung nach besser fürs Unternehmen als gut gelaunte. Der Grund: "Wer übel gelaunt ist, macht weniger Fehler, ist konzentrierter bei der Arbeit und kritischer in der Bewertung", schreibt er in sein Blog.

Der Rückschluss: Schlechte Laune sorgt für schnellere Anpassung an neue Begebenheiten. Das an sich ist evolutionär ein Vorteil. Denkt man diesen Gedanken weiter, verliert der schlechte Ruf der Übellaunigkeit seine Bedeutung. Denn "schlechte Laune hilft dabei aktiv zu werden, also positive Aktivitäten zu suchen, um wieder aus der als unbefriedigend empfundenen Situation herauszukommen", sagt Uschi Grob, Psychologin und Verhaltenstherapeutin aus Bonn.

Wer schlechte Laune nicht zulässt, hat mehr Stress

Genau das haben auch Forscher der Universität Berkeley jüngst herausgefunden. Sie setzten psychologisch an und untersuchten an 1.300 Erwachsenen wie die Akzeptanz der eigenen Gefühle die psychische Gesundheit beeinflusst. Ihre Erkenntnis: Wer seine negativen Gefühle akzeptiert hat weniger negative Emotionen und ein besseres psychisches Gleichgewicht als diejenigen, die dunkle Wolken im Leben nicht zulassen wollen. Letzteres nämlich führt laut Einschätzung der Psychologen nur zu mehr Stress.

Es wirkt sich also auf Dauer positiv aus, auch einmal negative Emotionen wie schlechte Laune zuzulassen. Menschen, die traurige oder ungute Gefühle wie Enttäuschung und Traurigkeit zuließen, zeigten sich in der Studie auch sechs Monate später stabiler in ihrer Stimmung. Die Forscher haben dafür folgende Erklärung: Wer in der Lage ist, negative Emotionen zu akzeptieren, ohne sie zu beurteilen oder zu verändern, sei in der Lage, seinen Stress erfolgreicher zu bewältigen.

Diese Nachricht mag den Schrecken vor der eigenen Miesepetrigkeit und auch das sonst ausgeprägte Fluchtverhalten vor muffeligen Kollegen nehmen. Nur wer sich auch mal durchhängen lassen kann, weiß, dass es wieder besser wird.

Schlechte Laune hilft dabei, es besser zu machen

Den eigenen schlechten Gedanken auf den Grund zu gehen, hilft außerdem dabei, mehr über sich selbst herauszufinden und in Folge dessen sogar sein Leben zu verbessern. Das meint nicht, alles bis in seine Details zu analysieren. Das hingegen kann höchst schädlich sein. "Dauergrübeln ist eine typische Symptomatik der Depression", sagt Grob. Doch wer beispielsweise nicht nur nach einem schönen und erfüllten Wochenende beim Gedanken an den herannahenden arbeitsreichen Montag schlechte Laune bekommt, sondern täglich beim Gedanken an seine Arbeit die miese Laune hochkommen spürt, der kann das nutzen, um die Situation zu verändern. Die Fragen, die er sich stellen sollte: Was führt zu meiner schlechten Stimmung? Sind es die Kollegen, sind es die Aufgaben im Job? Ist es zu viel Stress? Dadurch kann man im besten Fall den Motor der üblen Laune identifizieren. Ein erster Schritt, um ihn loszuwerden.

Um für den Augenblick der miesen Laune zu entkommen, sind hingegen nicht immer große Dinge nötig, sagt Psychologin Uschi Grob. "Einen Tee zu kochen, eine Freundin zu besuchen können positive Aktivitäten sein, die zurück zur guten Stimmung führen." Als einer der besten Stimmungsaufheller gilt Bewegung. Sie setzt jede Menge Endorphine frei und baut Stress ab. Hilfreich außerdem: Machen Sie sich positive Gedanken oder rufen Sie sich positive Erlebnisse ins Gedächtnis. Auch das lässt die Laune wieder nach oben klettern.

(wat)
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