Wie Fastfood unser Immunsystem schädigt

Pommes oder Burger ruinieren nicht nur die Figur. Forscher fanden heraus, dass das Immunsystem auf diese Kost reagiert wie auf eine schwere bakterielle Infektion. Die Folgen können sogar das Leben kosten.

Fastfood ist ungesund - die Botschaft ist nicht neu. Im Jahr 2016 bestätigten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts in Köln, dass bereits die Funktion der Nervenzellen im Hirn stört, wer drei Tage hintereinander einen Hamburger isst. Davon betroffen waren laut Studie die fürs Lernen und Erinnern zuständigen Hirnbereiche. Der Grund: Durch die fettreiche Kost sinkt die Zuckerversorgung des Gehirns. Neben Sauerstoff ist jedoch Zucker einer der wichtigsten Treibstoffe für das Gehirn.

Aktuell fand nun ein Bonner Forscherteam um Eicke Latz heraus, wie sich Tiefkühlpizza und Chips auf unsere Körperabwehr auswirken und so dafür sorgen, dass wir uns letztlich zu Tode essen.

Fett und Zucker sorgen für Entzündungen

In einem Experiment fütterten die Forscher Mäuse einen Monat lang mit viel Fett, Zucker und wenig Ballaststoffen. Gerade so, wie sich in westlichen Industrienationen viele Menschen ernähren. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten: Die Tiere entwickelten massive Entzündungen im Körper, so wie man sie laut Latz auch nach einer Infektion durch gefährliche Bakterien kennt.

Der Auslöser dafür: Durch die ungesunde Ernährung stieg laut Anette Christ aus dem Bonner Forscherteam die Zahl einiger Immunzellen im Blut, die als Vorläuferzellen für Entzündungen gelten. Diese fördern die Entstehung von Gefäßverkalkung, auch Arteriosklerose genannt, sowie Diabetes. Wie im Zeitraffer konnten die Wissenschaftler bei der Maus sehen, was dies für ein Menschenleben bedeutet: "Die Mäuse entwickelten Herzverkalkungen und waren innerhalb von acht Wochen tot", sagt der Bonner Immunologe. Beim Menschen zeige sich diese Entwicklung nach 50 bis 60 Jahren.

Fastfood programmiert das Immunsystem um

Darüber hinaus sorgt ungesundes Essen für eine dauerhafte Umprogrammierung des Immunsystems. Selbst nach der Umstellung auf gesunde Kost reagiert dies immer noch aggressiver als vor der ungesunden Lebensweise. An diesem Prozess ist ein bestimmtes Inflammasom beteiligt.

Dieses wirkt - das zeigten Tests an 120 Versuchspersonen - wie ein Fastfood-Sensor: Wird es durch ungesunde Nahrung aktiviert, setzt es Entzündungsbotenstoffe frei. Nach der Infektion bleibt der Körper in Alarmbereitschaft, um schneller auf einen neuen Angriff reagieren zu können.

Die dramatische Folge von Fehlernährung: Sie kostet Lebenszeit. In den vergangenen Jahrhunderten ist die durchschnittliche Lebenserwartung in den westlichen Ländern stetig gestiegen. "Diesen Trend durchbrechen wir gerade erstmalig", sagt Latz. In den USA sinkt die Lebenserwartung seit zwei Jahren. Dieser Trend werde sich etwas zeitversetzt auch hier zeigen.

In Deutschland sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig. Rund ein Viertel der Erwachsenen ist adipös, also stark übergewichtig. Schon Kinder bewegten sich zu wenig. Dem gegenüber stehe ein Überangebot an Speisen.

Die Stoffe werden auch in der Tiermast eingesetzt

An jeder Ecke locken Bäckereien oder Fastfood-Restaurants mit ihrem Angebot. Im Kino beispielsweise sei die Größe der Softdrinks von 200 Milliliter auf einen halben Liter gewachsen. Was wir Kindern in Milk-Shakes und Fertigprodukten anbieten, sei mit Inhaltsstoffe wie Vanille, Zimt oder anderen Aromen versehen, die das Sättigungsgefühl unterdrückten. "Diese Stoffe werden in der Tiermast eingesetzt, damit Tiere möglichst schnell und viel wachsen", sagt Latz. Sein Kind falsch zu ernähren, sei kein Kavaliersdelikt. Fettleibigkeit führe zu einer 16-fachen Steigerung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen Weltweit sind nach den jüngsten Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als 120 Millionen Kinder und Jugendliche extrem übergewichtig.

Viele Menschen sterben infolge chronischer Entzündung

Vor 150 Jahren starben die Menschen zu 70 bis 80 Prozent an Infektionskrankheiten. Durch die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse und den Einsatz von Antibiotika sei diese Entwicklung gestoppt worden. Infektionen zählen laut Latz heute lediglich bei zehn bis zwanzig Prozent der Menschen zu den Todesursachen. "Der Rest stirbt an chronischen Entzündungen."

Eines der Hauptprobleme sieht Latz in der fehlenden Unmittelbarkeit: "Wir wissen alle, dass beispielsweise zu viel Zucker die Gefäße schädigt." Doch einem jungen Menschen sei das egal, denn die Konsequenz komme erst 20 Jahre später zum Tragen.

Um den Trend zu stoppen, sei es notwendig, konsequent in Prävention zu investieren. Neben einer höheren Besteuerung besonders fett- und zuckerhaltiger Nahrungsmittel, sollte - ähnlich der Sexualaufklärung - schon in den Grundschulen gesunde Ernährung zum Unterrichtsthema gemacht werden.

Es sei zwar möglich, den Effekt falschen Essens auf das Immunsystem wieder umzukehren, doch hat die Forschung derzeit noch keine Erkenntnisse dazu, wie viel Zeit dafür nötig ist.

(wat)
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