Wesel Chorleiter und Lehrer log bei Bewerbung

Wesel · Da hockt dieser blasse dickliche Mann, ein zweimal wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilter Musikpädagoge aus Voerde, spricht von Grundschülerinnen, die sich während des Flötenunterrichts regelmäßig gerne und freiwillig auf seinen Schoß gesetzt haben sollen, und der Prozessbeobachter fragt sich: Wie kann es sein, dass dieser 53-Jährige als Chorleiter und Musiklehrer in den letzten Jahren immer wieder Kinder unterrichten durfte?

Seit vergangener Woche sitzt der Pädagoge, der auch drei Chöre im Hamminkelner Bereich leitete, auf der Anklagebank des Duisburger Landgerichts (RP berichtete). Der Tatvorwurf: erneut sexueller Missbrauch von Kindern. Von März 2003 bis September 2005 soll er sich mehrfach an Mädchen aus einem Kinderchor sowie Schülerinnen zweier Duisburger Grundschulen, darunter der Walsumer Don-Bosco-Schule, an der er von März 2004 bis September 2005 als privater Musiklehrer Flöten-Kurse gab, vergangen haben.

Die Anklage spricht von zahlreichen sexuell motivierten Berührungen, in einem Fall sogar von einem schwerwiegenden Übergriff, der einer Vergewaltigung gleichkommt. Der 53-Jährige streitet dies ab. Körperkontakt, sagt er, habe es während des Flötenunterrichts nur in dem aus seiner Sicht normalen Rahmen gegeben: "Wenn die Kinder bei mir auf dem Schoß saßen, habe ich sie zum Stützen an der Hüfte und am Po angefasst."

Indes hatte eines der mutmaßlichen Opfer, ein damals neunjähriges Mädchen, genau wie zwei ihrer Freundinnen, zu Hause von gravierenderen Vorfällen berichtet. Pikant: Der Beschäftigung des Angeklagten in Walsum war eine Anstellung als Aushilfskraft an einer Gesamtschule durch die Bezirksregierung Düsseldorf vorausgegangen.

Der Pädagoge hatte sich 2003 mit einem getürkten Lebenslauf, der die zwangsweise Entlassung aus dem Beamtenverhältnis verschwieg, auf eine Ausschreibung im Internet beworben. Ein polizeiliches Führungszeugnis musste er nicht vorlegen, weil es sich um eine Vertretungsstelle handelte.

(RP)
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