Räumung in Düsseldorf Deutsche Bahn reißt Roma-Camp in Oberbilk ab

Düsseldorf · Schon oft waren die Bewohner eines illegalen Camps auf einer Brachfläche hinter dem Düsseldorfer Amtsgericht von dort vertrieben worden. Am Dienstag machte die Deutsche Bahn die Hütten nun dem Erdboden gleich.

Vier der Bewohner erschienen am Mittwoch bei einem Pressetermin der Fiftyfifty-Streetworker, die über die Räumung informierten.

Vier der Bewohner erschienen am Mittwoch bei einem Pressetermin der Fiftyfifty-Streetworker, die über die Räumung informierten.

Foto: Helene Pawlitzki

Acht oder neun Menschen wohnten seit etwa zwei Jahren in Hütten auf einem Brach-Gelände der Deutschen Bahn. Alle kommen sie aus Rumänien, alle verdienten sie ihr Geld mit dem Verkauf der Straßenzeitung Fiftyfifty. Wo ihre Hütten standen, liegen nun nur noch einige Haufen Müll im Gebüsch.

Drei Männer und eine Frau kommen am Mittwoch zu einem Pressetermin von Fiftyfifty. Wieder und wieder erzählen sie via Dolmetscherin, was sich aus ihrer Sicht zugetragen hat: Am Dienstagmorgen um neun Uhr stand bereits ein Bagger am Rande des Geländes, aber sie zogen trotzdem los, um ihre Zeitungen zu verkaufen. Einer kam noch mal zurück, nur um festzustellen, dass ein halbes Dutzend Männer gerade das Gelände räumte und mit dem Bagger die Hütten und alles, was sich darin befand, zusammenschob. Alles sei in Container geworfen und abstransportiert worden. Man habe ihm verboten, seine Habseligkeiten zusammenzuraffen.

Die vier beklagen besonders den Verlust eines Kühlschranks. Sie hätten gerade für 50 Euro eingekauft, er sei voller Lebensmittel gewesen. Außerdem geht es ihnen um Ostergeschenke, die sie eigentlich ihren Kindern schicken wollten. Auch die seien jetzt weg. Ihre Dokumente hätten sie bei sich getragen und deshalb behalten, sagen sie.

Streetworker: "Man hätte uns wenigstens Bescheid sagen können"

Entrüstet zeigen sich die Mitarbeiter von Fiftyfifty über die Räumung. "Das ist so sinnlos", sagt Streetworker Oliver Ongaro. "Man hätte uns wenigstens Bescheid sagen können, damit wir die Menschen vorwarnen." Man sei seit der letzten versuchten Räumung im November mit der Deutschen Bahn, der das Gelände gehört, im Kontakt gewesen. Eigentlich sei abgemacht gewesen, dass die Bahn vor einer Räumung Bescheid gebe. Das ist nicht passiert.

Um die Örtlichkeit an den Bahngleisen hinter dem Amtsgericht in Düsseldorf-Oberbilk wird schon länger gestritten. Im August hatten sich Anwohner über Müll, Fäkalien und Spritzen beschwert. Damals hatte es noch ein Zeltcamp in der Nähe gegeben, das Ende September geräumt wurde. Mitte November wurde dann das daneben liegende Camp aus Hütten von der Bundespolizei geräumt. Damals hatte Fiftyfifty gegen das aus Sicht der Organisation brutale Vorgehen der Polizei protestiert.

Bahn: Gelände wegen Sicherheitsbedenken der Öffentlichkeit geräumt

Die Deutsche Bahn bestätigt, dass sie die Räumung des Geländes veranlasst hat - und zwar auf Aufforderung der Stadt Düsseldorf. Es habe mehrere Ortsbegehungen gegeben. Dabei hätten die Kollegen niemanden angetroffen und deshalb vermutet, dass das Camp unbewohnt sei. Als die Arbeiter zur Tat schreiten wollten, hätten sie bemerkt, dass sich vier Personen im Camp befänden. Daraufhin hätten sie die Sicherheitsleute der Deutschen Bahn alarmiert. Die Sicherheitsleute hätten dann die Menschen aufgefordert, ihre Habseligkeiten zusammenzupacken und zu gehen.

Die Räumung begründet die Deutsche Bahn mit Beschwerden aus der Öffentlichkeit. "Wir standen in der Kritik, dass wir nicht früher geräumt haben", sagt eine Sprecherin der DB. Man habe gegen das Unsicherheitsgefühl im Stadtteil vorgehen wollen. Zudem gehe es um die Sicherheit an den Bahngleisen: Die Anlage dürfe nicht betreten werden. Sie habe keine Kenntnisse von Bauprojekten, die auf der Brachfläche geplant seien.

Es gibt keine Unterkünfte für Menschen aus Rumänien

Mit der Räumung hat die Deutsche Bahn nun vorerst Tatsachen geschaffen. Vom Camp ist nichts mehr übrig, zu dem man zurückkehren könnte. Die Nacht auf Mittwoch haben die Rumänen ironischerweise ausgerechnet im Hauptbahnhof verbracht. Weil der Winter vorbei ist, gibt es keine Möglichkeit mehr für sie, in Notschlafstellen für Obdachlose unterzukommen. Die Unterbringung dort ist für Menschen aus anderen Ländern nur dann möglich, wenn akute Gefahr droht - etwa durch niedrige Temperaturen. Die einzige andere Hilfe, die ihnen im deutschen Sozialsystem sonst noch angeboten wird, so heißt es aus Behördenkreisen, ist die Rückführung ins Heimatland. Das heißt: Wenn die Rumänen nicht genug Geld für die Miete verdienen, müssen sie zurück nach Rumänien - oder auf der Straße schlafen.

Die Ex-Bewohner des Camps in Oberbilk werden jetzt in Zelten übernachten, die sie von Fiftyfifty bekommen haben. Wo sie diese Zelte aufschlagen, ist noch unklar. Möglicherweise im Gebüsch, nur wenige Meter von ihrem ehemaligen Camp entfernt.

(hpaw)
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