Ungewöhnliches Hobby Carspotter machen auf der Kö Jagd auf Luxusschlitten

Düsseldorf · Für einen Porsche drehen sich Florian Hüwels und seine Freunde kaum noch um. Die 14- bis 16-Jährigen machen Jagd auf Sportwagen. Natürlich nur mit der Kamera und auf die Könige: Lamborghini, Ferrari, Königseck, Pagani. Am Wochenende ist die Kö ihr Revier.

 Die Carspotter-Clique bei der Arbeit: Auf der Königsallee, und da besonders vor dem Hotel Interconti, werden Florian, Maurice, Can und Jonas (v.l.) an fast jedem Wochenende fündig. Bei ihren Fotos geht es nicht einfach ums Ablichten, sondern um professionelle und detailreiche Präsentation.

Die Carspotter-Clique bei der Arbeit: Auf der Königsallee, und da besonders vor dem Hotel Interconti, werden Florian, Maurice, Can und Jonas (v.l.) an fast jedem Wochenende fündig. Bei ihren Fotos geht es nicht einfach ums Ablichten, sondern um professionelle und detailreiche Präsentation.

Foto: Burwig

Sogar Konzeptwagen der Motorradmarke KTM kamen den jungen Carspottern in Düsseldorf schon vor die Linse. Ihre Bilder teilen sie über Instagram mit der Welt, mehrere tausend Menschen abonnieren ihre Kanäle. Da ist es praktisch, wenn man eine der meist frequentierten Showstrecken für motorisierte Raritäten vor der Haustür hat: die Kö.

Am röhrenden Sound kann man es schon von weitem ausmachen: Gleich kommt wieder ein Foto-Kandidat um die Kurve. Florian, Diego, Maurice, Can und Jonas gehen in Stellung vorm Hotel Intercontinental, als ein Aston Martin heranrollt. Acht Zylinder und ein Preis jenseits der Fünfstelligkeit lassen die Herzen der jungen Carspotter höher schlagen. "Wir suchen alles, was nicht alltäglich ist", sagt Florian.

 Fährt zum Spaß Lamborghini und hat für den Ernst des Lebens einen Bentley: Juwelier Klaus Gawron freut sich über die Begeisterung der Carspotter.

Fährt zum Spaß Lamborghini und hat für den Ernst des Lebens einen Bentley: Juwelier Klaus Gawron freut sich über die Begeisterung der Carspotter.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Alltäglich, das ist an einem Samstagnachmittag in der Düsseldorfer Innenstadt relativ. "Einen Porsche fotografiere ich auch schon mal, die sind vom Optischen her für mich aber wie Polos", sagt der 15-Jährige. Der Porsche als Volkswagen - das geht wohl nur auf der Kö.

Etwa 4000 Sportwagen sind in Düsseldorf zugelassen, darunter nur 28 Lamborghinis. Die ehemalige Traktorenmarke mit dem Stier im Emblem hat es nicht nur Florian angetan. "Eines meiner Traumautos ist der Aventador", sagt Diego. Die Fans seiner Instagram-Bilder haben aber einen etwas anderen Geschmack, was die Modelle des italienischen Supersportwagens angeht: Die meisten Gefällt-mir-Angaben erntete der 16-Jährige für das Foto eines Lamborghini Veneno (750 PS). "Alles ab 500 PS ist interessant", erklärt Diego. Besonders neue und auffällige Autos kommen bei den Abonnenten seines Bilderkanals gut an. Obwohl sich die Freunde fast jeden Samstag an der Kö treffen, herrscht doch eine gewisse Konkurrenz unter ihnen. "Man ist schon neidisch auf die Bilder der anderen", sagt Florian. Fotos, ob mit Handy- oder Profikamera geschossen, sind eben die Währung eines Carspotters.

Der erfolgreichste der Jungs ist Can Solak. Seinen 2014 angelegten Instagram-Kanal haben 38 000 Menschen abonniert -Tendenz steigend. "Ich achte bei meinen Fotos auch auf die Hintergründe und versuche, die Autos aus verschiedenen Perspektiven zu zeigen", sagt der 16-Jährige, der so auch einige Unikate in Szene gesetzt hat. "Einige Autos findet man nur in Düsseldorf", sagt Can. So sei zum Beispiel ein bestimmter Königseck jedem, der regelmäßig auf der Kö auf Fotopirsch geht, bekannt. Doch auch Florians Fotos kommen gut an: Mehrere Autobesitzer und -händler fragten schon an, ob er nicht für sie fotografieren wolle. Demnächst ist er bei einem Fotoshooting am Nürburgring dabei.

Für die meisten ist es aber eine private Leidenschaft, Autos zu fotografieren und die Fotos zu veröffentlichen. "Das Hobby wird immer populärer", sagt Diego. Ein einziges Mal sah er einen LaFerrari (Kaufpreis: ca. 2,6 Millionen Euro) über die Kö röhren. "Da waren sofort 20 oder 30 Leute mit der Kamera dabei und sind hinterhergerannt." Er schätzt die Anzahl der Carspotter an einem guten Tag auf 50. Die meisten unter ihnen sind Jugendliche oder junge Männer, die sich schon in außergewöhnliche Autos verliebten. "Ich habe schon mit zehn Jahren im Gebüsch gesessen und auf Erlkönige gewartet", sagt Florian. Damit meint ein Carspotter allerdings keine Goethe-Balladen oder etwa seltene Vogelarten, sondern Prototypen von Autos, die noch nicht der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Hersteller "verkleiden" diese für Transportfahrten durch Blech, Plastik und weiße Folien und machen sie so unkenntlich.

Klaus Gawron versteckt seinen kantigen Sportwagen nicht. Grellorange steht der Aventador auf einem Parkplatz an der Kö, während sein Besitzer im benachbarten Café sitzt. "Das ist schon mein vierter", sagt der 58-Jährige, und meint damit nicht seinen Kaffee. "Diesen Lamborghini habe ich erst seit einem dreiviertel Jahr. Ich habe mir aber gerade zwei neue bestellt." Über die Begeisterung der Carspotter freut sich der Juwelier, er ließ auch schon mehrmals Leute mitfahren. "Ich habe als Kind ja auch Träume gehabt", sagt Gawron. Dass er sich seinen erfüllen konnte, führt er auf "Glück im Leben" zurück. An zwei bis drei Tagen in der Woche fährt er den Lamborghini zum Spaß über die Kö.

Und wenn er mal keinen Spaß haben will, nimmt er einfach seinen Bentley.

(RP)
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