Kind in Duisburg fast totgebissen Viele Fragen nach Rottweiler-Angriff auf Zweijährige

Duisburg · In Duisburg liegt ein Mädchen nach einem Hundeangriff schwer verletzt auf der Intensivstation. Eine Notoperation rettete der Zweijährigen das Leben. Experten vermuten, dass der Rottweiler scharf gemacht worden sein könnte.

 Der Rottweiler wird jetzt im Duisburger Tierheim betreut - dort trägt er einen Maulkorb.

Der Rottweiler wird jetzt im Duisburger Tierheim betreut - dort trägt er einen Maulkorb.

Foto: Reichwein

Zwei Erwachsene mit zwei Kleinkindern gehen am Montagnachmittag an den Rheinwiesen in Duisburg-Neuenkamp spazieren, als sich wenige Meter von ihnen entfernt auf dem Deich ein Rottweiler von der Leine losreißt. Der Hund rennt auf die Gruppe zu und geht auf ein zweijähriges Mädchen los. Das Kind soll noch versucht haben, vor dem angreifenden Hund wegzulaufen - vergeblich. Der Vierbeiner verbeißt sich in dem Mädchen.

Der Vater, die Hundeführerin und zwei weitere Spaziergänger können den Rottweiler schließlich von dem Kind wegziehen und beruhigen. Das Mädchen erleidet jedoch lebensgefährliche Verletzungen und verliert durch die Bisswunden an Kopf und Körper viel Blut. Im Krankenhaus können Ärzte ihr mit einer Notoperation das Leben retten. Das Mädchen liegt auf der Intensivstation.

Hundeführerin steht unter Schock

Die Hundeführerin (25) erleidet einen Schock. Sie und der Vater des Kindes müssen ebenfalls mit Bisswunden ins Krankenhaus. Die Polizei übergibt den Rottweiler dem Duisburger Tierheim. Der Hund ist erst 13 Monate alt.

Wieso sich der Rottweiler plötzlich von der Leine losriss und das Kind angriff, ist noch unklar. Nach Angaben der Polizei habe es keinen erkennbaren Auslöser gegeben. Bei der Frau, die den Hund geführt hat, soll es sich nach Informationen unserer Redaktion nicht um die Besitzerin handeln. Sie soll den Hund sogar zum ersten Mal ausgeführt haben.

Deutschlands bekanntester Hundetrainer Martin Rütter erklärte unserer Redaktion die grundsätzlichen Wesensmerkmale der Rasse: "Der Rottweiler ist ein so genannter Treibhund. Er war mal dazu gemacht, Rinder vor sich herzutreiben, sie voranzutreiben. Er ist ein sehr wachsamer, robuster und eigenständiger Hund", sagte der Hundeprofi. "Gleichzeitig ist die Rasse aber auch grundsätzlich mit einer hohen Reizschwelle, einer hohen Frustrationstoleranz ausgestattet", so Rütter weiter.

Peter Gersching, Vorsitzender des Deutschen Rottweilervereins in Iserlohn, vermutet, dass das Tier scharf gemacht worden sein könnte, denn eigentlich gelte die Rasse als gutmütig und kinderfreundlich. "Oft werden Rottweiler leider für einen Einsatz als Wachhund in bestimmten Milieus abgerichtet", so Gersching. Das könnte in Duisburg tatsächlich der Fall gewesen sein. Denn nach unseren Recherchen soll es sich bei der Halterin wie auch bei der Frau, die den Hund ausführte, um Prostituierte handeln.

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Die Polizei muss nun klären, ob der Rottweiler einen Maulkorb hätte tragen müssen. "Es lag wohl eine Ausnahmegenehmigung vor, die den Hund davon und von der Leinenpflicht befreite", sagte eine Polizeisprecherin. Diese Verpflichtungen müssen vom Ordnungsamt der Stadt Duisburg ausgestellt werden. In der Landeshundeverordnung ist festgeschrieben, welche Rassen einen Maulkorb tragen müssen. Die Kommunen können diese Regelung aber unterschiedlich auslegen.

"Ein so junger Hund greift normalerweise niemanden an"

In Duisburg ist es auf jeden Fall vorgeschrieben, dass Rottweiler nach dem sechsten Lebensmonat in der Öffentlichkeit einen Maulkorb tragen müssen. Ausnahme: Wenn der Hund eine Verhaltensprüfung abgelegt hat oder der Besitzer nachweisen kann, dass sich der Rottweiler in einer entsprechenden Ausbildung befindet. Sollte das der Fall sein, hat der Halter zwei Jahre Zeit, den Nachweis einer erfolgreichen Teilnahme zu erbringen. In der Zeit kann der Hund ohne Maulkorb draußen herumlaufen. Ein Unding, meinen Experten wie Gersching.

Für ihn steht fest, dass in der Ausbildung des Hundes etwas grundlegend schiefgelaufen sein muss. "Ein so junger Hund greift normalerweise niemanden an - schon gar keine Kinder", sagt er. Die Besitzerin des Hundes könnte überfordert mit dem Tier gewesen sein, meint er. "Es ist ein grundlegendes Problem in Deutschland, dass sich jeder Anfänger ohne Vorkenntnisse einen Rottweiler zulegen darf", kritisiert Gersching. "Diese Tiere brauchen eine konsequente Hand."

(RP)
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