Serie Made In Hilden (15) Paletten entstehen aus Flaschendeckeln

Hilden · Die Rheinkw AG mit Sitz an der Schillerstraße in Hilden hat ein Verfahren entwickelt, aus 100 Prozent recyceltem Kunststoff Paletten zu fertigen, die haltbarer als Europaletten aus Holz sind und selbst wiederverwertbar sind. Gefertigt wird in Viersen.

 Geschnitzelte Kunststoffdeckel (Bildmitte) sind der Rohstoff für die recycelbaren Paletten der Rheinkw AG. die Norbert Maak hier zeigt

Geschnitzelte Kunststoffdeckel (Bildmitte) sind der Rohstoff für die recycelbaren Paletten der Rheinkw AG. die Norbert Maak hier zeigt

Foto: Christoph Göttert

Der Rohstoff ist rot, grün, blau, weiß oder gelb. Das Produkt changiert in Grün-/Türkistönen. Die Farbe aber ist nebensächlich. Entscheidend sind die Eigenschaften: Die Paletten sind robust im Einsatz, können je nach Ausführung mehre Tonnen tragen. Sie sind witterungsbeständig, ladungssicher, reinigungs- und umweltfreundlich, stoß- und schlagfest. Ein weiterer Aspekt ist im Handel mit Australien oder Kanada, den USA oder China immer mehr von Bedeutung: Mit den Kunststoffpaletten der Hildener Firma können keine Schädlinge ins Land geschleppt werden.

"Kunststoffpaletten werden zunehmend in Bereichen eingesetzt, wo auch hygienische Gesichtspunkte wichtig sind", erläutert Dr. Norbert Maak, Vorstand der Rheinkw-ag. Das Holz der immer noch überwiegend genutzten Paletten sei zuweilen eine Brutstätte von Keimen und Insekten und muss auch chemisch behandelt werden. Das Besondere an den in Hilden entwickelten und inzwischen in Viersen produzierten Paletten: Sie sind zu 100 Prozent wiederverwendbar. Geht einmal eine zu Bruch, wird sie geschreddert und wieder zu einer neuen verarbeitet.

Das Geheimnis liegt in der Chemie. Verwendet werden ausschließlich Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) aus geschnitzelten Kunststoffdeckeln. Die sind — weil sie dichten müssen — weicher. Dass als Rohmaterial für die Paletten diese Art von Recycling-Kunststoff am besten geeignet ist, fanden Dr. Maak und Achim Koenes (47) erst per Zufall heraus. Koenes, der die Idee hatte, ist von Hause aus Modellschreiner. Maak war bis zu seinem Ruhestand bei einem Chemiekonzern in der Produktentwicklung tätig. Die Nachhaltigkeits-Idee des Kunststoff-Produktes habe ihn fasziniert, bekennt der 65-jährige Chemiker.

Die Abmessungen der Paletten entsprechen dem international üblichen Raster. Es gibt sie in unterschiedlicher Ausführung, je nachdem welche Lasten sie tragen müssen oder ob sie in Hochregallagern eingesetzt werden. Dabei werden die Oberflächen zum Teil nach Kundenwunsch gestaltet — es gibt Palette mit Rand, der ein Verrutschen von Kartons verhindert oder Ringen, die zum Beispiel Farbeimer sicher am Platz halten. Vom Gewicht her — etwa 25 Kilo — sind die Kunststoffpaletten im Euro-Maßstab mit den hölzernen Exemplaren vergleichbar. Der Preis ist mit 25 bis 40 Euro zwar höher als bei Holz (12 bis 16 Euro). Dafür halten die Paletten deutlich länger. "Immer mehr Unternehmen stellen für den Innerwerks-Verkehr auf Kunststoffpaletten um, die mit zig Umläufen auf Sicht preisgünstiger sind." Maak: "Wir haben noch keine kaputte Palette zurückbekommen, wissen aber dass sie haltbarer sind."

Ein internationales Tauschsystem ist noch nicht aufgebaut. "Dafür wären zehntausende von Paletten nötig. So viele können wir noch nicht herstellen", erklärt Dr. Norbert Maak. 800 bis 1000 Paletten werden im Monat im Viersener Produktionsbetrieb gefertigt. Das Kunststoff-Granulat wird erhitzt und mit einem Extruder in Formen gepresst. Ein geringer Teil an Zuschlagsstoffen sorgt dafür, dass Poren entstehen, die die Stabilität nicht reduzieren, aber das Produkt etwas leichter machen. In einem Wasserbad werden die fertigen Paletten ausgelöst. Derzeit sind im Viersener Betrieb fünf Mitarbeiter beschäftigt. Wenn das noch junge Unternehmen Investoren gewinnen kann, soll eine weitere Produktionslinie aufgebaut werden, die dann im Zwei- oder gar Drei-Schicht-Betrieb den Ausstoß vergrößern kann.

Im November 2011 begann die "Rheinisches Kunststoffpaletten Werk" AG ihre Arbeit. Das Unternehmen ist noch im Aufbau. Die Fertigung lief zunächst in einer Halle an der Ellerstraße. Dann aber bot sich die Möglichkeit, in Viersen die Produktion aufzubauen. Für Hilden als Firmensitz entschieden sich Koenes und Maak wegen der zentralen Lage der Stadt. Ihre Kunden hat die Rheinkw-AG hauptsächlich in Deutschland, aber auch in europäischen Nachbarländern.

(RP)
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