Übergriffe auf Frauen Kölner Polizei schätzte Lage als entspannt ein

Köln · Die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof sorgen bundesweit für Entsetzen. 90 Anzeigen liegen der Polizei bisher vor. Am Neujahrstag ordnete die Kölner Polizei die das Geschehen jedoch noch als harmlos ein. In einer Erklärung ist von einer entspannten Lage die Rede.

Übergriffe auf Frauen: Kölner Polizei schätzte Lage als entspannt ein
Foto: Kölner Polizei

Ausgelassene Stimmung — weitgehend friedlich — so lautet die Überschrift der Erklärung, die die Kölner Polizei am 1. Januar um 8.57 Uhr versendete. Im ersten Absatz der Silvester-Bilanz wird resümiert, dass die Silvesternächte in Köln und Leverkusen ähnlich friedlich wie Vorjahr verlaufen seien. Die Beamten seien lediglich bei Körperverletzungen und Ruhestörungen eingeschritten. Im zweiten Absatz wird dann ein wenig ins Detail gegangen: In Köln habe es 94 Platzverweise sowie 80 Körperverletzungsdelikte gegeben. Außerdem werden zu den gleichen Delikten die Werte aus Leverkusen genannt.

Erst im letzten Absatz des Textes widmet sich die Polizei der Vorkommnisse am Kölner Hauptbahnhof. So heißt es:" Kurz vor Mitternacht musste der Bahnhofsvorplatz im Bereich des Treppenaufgangs zum Dom durch Uniformierte geräumt werden. Um eine Massenpanik durch Zünden von pyrotechnischer Munition bei den circa 1000 Feiernden zu verhindern, begannen die Beamten kurzfristig die Platzfläche zu räumen. Trotz der ungeplanten Feierpause gestaltete sich die Einsatzlage entspannt - auch weil die Polizei sich an neuralgischen Orten gut aufgestellt und präsent zeigte."

Von den unsäglichen Ereignissen rund um den Bahnhofsvorplatz ist keine Rede. Stattdessen wird das Bild einer entspannten Stimmung und eines gut organisierten Polizeieinsatzes gezeichnet. Polizeipräsident Albers kritisierte am Dienstag die erste polizeiliche Einschätzung der Lage am Neujahrsmorgen. "Diese erste Auskunft war falsch."

Bereits in der Silvesternacht waren die ersten Anzeigen wegen seueller Übergriffe und Diebstahls bei der Polizei eingegangen, wie Michael Temme, Direktion Gewaltabwehr, Dienstag auf einer Pressekonferenz sagte. Die meisten Anzeigen jedoch gingen erst im Laufe des Neujahrstages und der vergangenen Tage ein.

Einige Opfer berichten vier Tage nach den Vorfällen, dass sie sich in der Silvesternacht von der Polizei nicht ernstgenommen gefühlt haben oder dass ihnen nicht geholfen wurde. So auch zwei 18-jährige Gymnasiastinnen aus Remscheid. Gemeinsam mit zwei Mädchen aus Bayern gerieten sie in einen Pulk aggressiver junger Männer, die sie umzingelten. Etwa zehn Minuten lang seien die vier Frauen von der Horde bedrängt und gedemütigt worden, bevor sie sich aus ihr lösen konnten. Unweit des Angriffsortes hätten sie sich dann hilfesuchend an Polizisten gewendet. Sie seien aber nicht gehört und "weggeschickt" worden. Am nächsten Tag erstatteten sie Anzeige.

Die Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof hat bundesweit für Entsetzen gesorgt. Männergruppen hatten Dutzende Frauen am Kölner Hauptbahnhof eingekreist, sexuell belästigt und bestohlen. Am Dienstag lagen der Kölner Polizei 90 Anzeigen vor.

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