RP-Serie Glaubensgemeinschaften Evangelische Kirche braucht keine Heiligen

Langenfeld · "Aus meiner Sicht gibt es die vier ,Soli': allein durch Glauben, allein durch Gnade, allein durch Jesus Christus und allein durch die Heilige Schrift", erklärt Friedrich Wilhelm Frank, Vorsitzender des Presbyteriums der evangelischen Kirchengemeinde Langenfeld.

 Pfarrer Andreas Pasquay (r.) und Friedrich Frank, Vorsitzender des Presbyteriums, erkären, was den evangelischen Glauben ausmacht.

Pfarrer Andreas Pasquay (r.) und Friedrich Frank, Vorsitzender des Presbyteriums, erkären, was den evangelischen Glauben ausmacht.

Foto: Ralph Matzerath

"Das ist das, worauf wir bauen. Darin kommt auch die Freiheit des evangelischen Christen zum Ausdruck: Wir brauchen keine Heiligen und keine Institutionen; allein Christus hat die Autorität, nicht die verfasste Kirche." Pfarrer Andreas Pasquay von der evangelischen Gemeinde hört aufmerksam zu. "Das ist sympathisch, dass Sie so eine tief theologische Antwort von einem Laien bekommen. Das ist typisch evangelisch. Es zeigt den Stellenwert der Laien in unserer Kirche."

Diesen Stellenwert kann man an ganz äußerlichen Dingen ablesen: Das Presbyterium wird von den Gemeindemitgliedern gewählt und ist für Finanzen, Satzung, Strukturen, die Einstellung von Personal und die Wahl der Pfarrer zuständig. Die Positionen des Vorsitzenden und seines Stellvertreters im Presbyterium müssen stets ein Laie und ein Theologe übernehmen. Derzeit gehören dem Gremium sechs Pfarrer und 24 Presbyter (gewählte Laien) an - und die Laien können die Pfarrer überstimmen.

Über Franks "vier Soli" sagt Pasquay: "Es ist viermal eine Leitplanke, an der ich mich orientieren kann. Aber es liegt letztlich in der Freiheit des Christen, sich zu orientieren. Die Kirche stärkt mich darin, eigenverantwortlich entscheiden zu können, aber die katholische Kirche nimmt mich an die Hand und führt mich; bei der evangelischen habe ich stabilisierend die Hand im Rücken, aber ich gehe selbst."

Die evangelische Gemeinde Langenfeld mit ihren 14 700 Mitgliedern ist die größte von 13 im Kirchenkreis Leverkusen. Die Evangelische Kirche im Rheinland ist eine unierte Kirche, das heißt, sie vereinigt lutherische mit reformierten Gemeinden. "Wenn man Leute hier in der Stadt fragt, was uns ausmacht, sagen sie: Ihr seid nicht so streng, nicht so eng; ihr seid vielfältig, aber nicht beliebig", erzählt Pasquay. Ein Beispiel: Vor Jahren entschied das Presbyterium, dass die Pfarrer seiner Gemeinde gleichgeschlechtliche Paare trauen dürfen.

Zum theologischen Angebot der Gemeinde gehören die Bibelarbeit unter dem Titel "Bibliodrama", der Bibelgesprächskreis "Aben(d)teuer Glauben" und die Meditationsarbeit. Daneben gibt es die Kulturarbeit, Halbtagsfahrten, Angebote zur Inklusion von Menschen mit Behinderung sowie die Familienarbeit.

Auch die evangelische Gemeinde Langenfeld steht unter dem Druck, sich der sinkenden Mitgliederzahl anzupassen. Dies gehe nicht auf eine große Austrittswelle zurück, sondern auf Todesfälle und darauf, dass weniger Kinder getauft würden, sagt Frank. "Unsere Gemeinde will sich nicht nur so aufstellen, dass sie in zehn Jahren schwarze Zahlen schreibt, sondern so, dass sie sich Strukturen schafft, in denen sie auch in Zukunft eine lebendige und moderne Kirchengemeinde ist." Unter anderem ist geplant, die Zahl der Pfarrstellen von sechs auf fünf zu reduzieren. "Das ist zugleich ein Zeichen an unsere Mitarbeiter, dass wir auch auf der Ebene der Pfarrer kürzen." Die Standorte in den vier Stadtteilen sollen mit je einer Pfarrstelle besetzt werden; wie die fünfte Stelle zugeschnitten werden soll, ist noch offen.

(dgn)
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