Langenfeld Förderverein kämpft um Klinikkirche

Langenfeld · Insgesamt 360 000 Euro müssen für die Sanierung des denkmalgeschützten Gotteshauses auf dem Gelände der LVR-Klinik in Langenfeld zusammenkommen. Nächster Schritt ist ein Benefizkonzert mit dem "VoiceArt"-Chor am Samstag.

 In der LVR-Kirche bröckelt der Putz. Die Pfarrer Schwarzer (l) und Horstmann-Knigge (r), Klinikchefin Jutta Muysers und Fördervereinsvize Gassen hoffen auf Spenden.

In der LVR-Kirche bröckelt der Putz. Die Pfarrer Schwarzer (l) und Horstmann-Knigge (r), Klinikchefin Jutta Muysers und Fördervereinsvize Gassen hoffen auf Spenden.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Flatterband in einer Kirche, die sonst durch herausragendes Stahlglockengeläut, Chorfenster-Farbenpracht und roten Backstein glänzt, ist gar nicht schön. "Aber immerhin hält einen die Absperrung erst hier kurz vor dem Altarraum auf und nicht schon am Eingang", seufzt Rolf Gassen und schaut die Wand hoch. Großflächig ist Putz heruntergebröckelt und droht es an dieser einen Stelle weiter zu tun. Etwa 360 000 Euro werde die Sanierung der im Jahr 1900 erbauten LVR-Klinikkirche kosten, sagt der Vize-Vorsitzende des Fördervereins der Klinik. "Immerhin: Eine Schließung, wie sie vor vier Monsten zur Debatte stand, ist uns bislang erspart geblieben."

 Der Langenfelder Chor VoiceArt, hier bei einem Auftritt in der Wasserburg Haus Graven, gibt am Samstag ein Benefiz-Konzert in der Klinikkirche.

Der Langenfelder Chor VoiceArt, hier bei einem Auftritt in der Wasserburg Haus Graven, gibt am Samstag ein Benefiz-Konzert in der Klinikkirche.

Foto: Matzerath (2)

Ein Grund zum Aufatmen ist das aber noch lange nicht: "Seit wir im Februar Alarm geschlagen haben, sind mehrere 10 000 Euro an Spenden zusammengekommen. Bis zu den 360 000 Euro haben wir aber noch einen weiten Weg vor uns", sagt Gassen und zählt die Sanierungsposten auf, die er und seine Mitstreiter wiederholt in Bettelbriefen an potentielle Spender aufgedröselt haben: Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden im Innenraum 35 000 Euro, Fassadensanierung 265 000 Euro, Reparatur der Bleiverglasung im Kirchturm 15 000 Euro, Erneuerung der Holzfenster 30 000 Euro, Metallarbeiten an den bleiverglasten Fenstern 15 000 Euro. Bereits gemacht wurden die Reparaturen am Dach und an den Fallrohren (20 000 Euro). "Indem anschließend der Kirchenraum trocknete, wurden die Feuchtigkeitsschäden ja erst richtig offenbar", berichtet der Fördervereins-Vize.

Das Problem: Vom Eigentümer des Baudenkmals ist kein nennenswerter finanzieller Beitrag zu erwarten. Holger Höhmann, Verwaltungschef der Klinik, sieht trotz einer jährlichen Bilanzsumme von 60 Millionen Euro keinen Spielraum für einen Sanierungskostenzuschuss: "Bei 80 Prozent Personalkosten und einer schwarzen Null können wir keine größere Ausgaben außer der Reihe schultern." Auch vom Klinikträger, dem Landschaftsverband Rheinland (LVR), erwartet Höhmann keine spontane Großzügigkeit. Investitionen in Gebäude mit Top-Priorität sind für den Kommunalverband dringlicher. Allein in ein neues Bettenhaus auf dem Langenfelder Gelände plant der LVR ab dem nächsten Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag zu stecken.

Dabei ist die im historischen Stil erbaute Kirche nicht nur denkmalpflegerisch von Bedeutung. Sie zählt zur seltenen Gattung der "Simultankirchen", wird also von beiden Konfessionen genutzt. Rechts vom Altar haben die Katholiken ihre Sakristei, links die Protestanten. Nicht nur Gassen und die Klinikleitung halten die seelsorgerische Arbeit der Pfarrer Birgitt Horstmann-Knigge und Winfried Schwarzer für einen "unverzichtbaren Bestandteil bei der Versorgung psychisch Kranker".

Auch die Pfarrer selbst weisen darauf hin, dass etwa für psychisch kranke Straftäter, die in der Forensik einsitzen, die Klinikkirche die einzige Möglichkeit ist, in einem Gotteshaus von verstorbenen Angehörigen Abschied zu nehmen. Anderen Patientengruppen diene die Kirche als "Raum der Stille, in dem man zu sich finden kann", sagt Schwarzer. Überhaupt besäßen psychisch Kranke oft eine "größere Sensibilität für Glaube und Religion", ist der katholische Geistliche überzeugt. Aber auch die offenen Angebote finden Zuspruch, wie etwa das Mittwochssingen mit Birgitt Horstmann-Knigge: "Singen ist heilsam", sagt die Pfarrerin.

Am kommenden Samstag soll dies auch für die Kirche selbst gelten. Die Seelsorger und der Förderverein haben den Chor "VoiceArt", die früheren "Gospelsinger Langenfeld", für ein Benefizkonzert gewinnen können. "Nach wenigen größeren Spenden, darunter 10 000 Euro von der Stadtsparkasse, und etlichen im Normalbereich sowie Angeboten zwei Langenfelder Bauunternehmen, sich unentgeltlich um die Verputzungsarbeiten zu kümmern, ist dieses Event der nächste Schritt auf unserem Weg. In zwei bis drei Jahren wollen wir am Ziel sein", zeigt sich Gassen zuversichtlich.

"VoiceArt" wird den Kirchenraum am 14. Juni ab 19 Uhr mit Gospels, Rock und Pop füllen. "Kirchen sind wichtige Konzertstätten, eine so besondere wie diese Simultankirche ohnehin. Darum haben wir keine Sekunde gezögert, uns zu engagieren", sagt Cornelia Kalla vom "VoiceArt"-Vorstand. Ausgesucht für das Konzert haben die Sänger um Chorleiter Gregor Brück ruhige Songs wie "Bridge Over Troubled Water" von Simon & Garfunkel, aber auch Stücke mit Effet. In Totos "Africa" wollen sie es sogar gewittern lassen, vom Fingerschnipsen bis zum Mit-den-Füßen-Trampeln. "Der Chor hat vorsichtshalber gefragt, ob die Kirche das noch aushalte - nicht, dass sie uns zusammenbricht", sagt Gassen augenzwinkernd. Doch so marode ist die stolze 114-Jährige dann doch wieder nicht.

(RP)
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