Neusser Kirmes für Anfänger 20 Fakten, damit auch Schützenfest-Neulinge mitreden können

Neuss · Das Schützenfest lockt jedes Jahr Hunderttausende nach Neuss - für viele ist es die erste Begegnung mit dem größten Volksfest der Stadt. Wir haben 20 Fakten zusammengetragen, damit auch Kirmes-Anfänger in den Expertenrunden mitreden können.

Neuss Schützenfest - Programm 2022: Die Termine in der Übersicht
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Alle Termine rund um das Neusser Schützenfest 2022

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Foto: Endermann, Andreas (end)
  1. Erst einmal grundsätzlich: Das Neusser Bürger-Schützenfest ist das größte Schützenfest der Welt, das von einem Verein - dem Neusser Bürger-Schützen-Verein - organisiert wird und bei dem keine Gastzüge aus anderen Städten teilnehmen. Jährlich kommen von Freitag bis Dienstag über eine Million Besucher.

Das Schützenfest in Hannover ist zwar zahlen- und flächenmäßig noch größer, aber dort dürfen auch Schützen aus dem In- und Ausland teilnehmen.

Das Schützenfest startet am Samstag um 12 Uhr mit dem sogenannten Böllern. Mit neun mal drei Kanonenschüssen wird das Fest offiziell eröffnet. Schon einen Tag vorher, am Freitag, wird die Kirmes eröffnet. 290 Fahrgeschäfte, Buden und Imbissstände locken auf den Kirmesplatz und zur Hammer Landstraße, der sogenannten Rollmopsallee.

Im Schützenverein sind zehn Korps organisiert - quasi die einzelnen Mannschaften des Vereins. Sie bilden das sogenannte Regiment.
Es gibt die...

- Sappeure (18 Teilnehmer)
- Grenadiere (1612)
- Edelknaben (unter 13 Jahre, 42)
- Jäger (784)
- Schützenlust (1657)
- Hubertusschützen (791)
- Gilde (633)
- Scheibenschützen (136)
- Artillerie (31)
- Reiter (29)

Die Größe der Korps' lässt sich auch in Metern messen: 30 Meter Edelknaben, 550 Meter Grenadiere, 350 Meter Jäger, 595 Meter Schützenlust, 265 Meter Hubertusschützen, 220 Meter Schützengilde, 75 Meter Scheibenschützen, 150 Meter Artillerie (der Kanone sei Dank) und 60 Meter Reiter. König, Komitee, Ehrengäste: 100 Meter (weil alle in Kutschen sitzen). Ein Musikblock: 35 Meter - und davon gibt es knapp 30.

Fünf Korps bestehen aus unterschiedlich vielen Zügen, jeder Zug hat einen individuellen Namen, der oft auf die Heimatstadt Neuss anspielt: "D'r maat erop" (Den Markt herauf) zum Beispiel, oder: "Hessepözer" (das Hessentor war eines der alten Neusser Stadttore).

Die Mindestgröße für einen Zug beträgt 13 Mitglieder, und bei mehr als 25 wird's eng. Viele Züge beschränken die Zahl ihrer Mitglieder auf 22 bis 23, um in einer Reihe über den Markt gehen zu können. Zwei Auflagen gibt es: Teilnehmer müssen mindestens 18 Jahre alt sein (einzige Ausnahme sind die "Edelknaben") und Frauen sind in den Zügen nicht erlaubt.

Der Schützenkönig wird am Dienstagabend beim sogenannten Königsvogelschießen ermittelt. Bis zum Montagnachmittag 15 Uhr müssen sich alle Bewerber beim Komitee des Schützenvereins angemeldet haben. Die Entscheidung fällt beim Schießen auf den Vogel - der in Wirklichkeit ein Holzklotz ist.

Ein Schreiner fertig fünf solcher "Vögel" an, vor dem Schießen wird der entscheidende Klotz ausgelost. Mit Flintenmunition Kaliber 12 wird anschließend solange geschossen, bis der "Vogel" zerspringt oder von der Stange fällt.

Zwischen Samstag- und Dienstagabend gibt es sechs Umzüge und eine große Parade, die sogenannte Königsparade. Sie startet am Sonntagvormittag und wird live im WDR-Fernsehen übertragen. Der sogenannte Wackelzug am Dienstagabend - bei dem der neue Schützenkönig gefeiert wird - beendet das Schützenfest. Anschließend gibt es auf dem Kirmesplatz ein großes Feuerwerk.

Die Zugstrecken sind selten kürzer als 3,6 Kilometer und führen durch die Neusser Innenstadt. Grund: Das Regiment hat aufgestellt eine Länge von mehr als 3700 Metern. Ausnahmen sind die Umzüge am Montagabend und der Wackelzug am Dienstag. Grund: Viele Schützen machen da nicht mehr mit.

Das Schützenfest feierte im selben Jahr Premiere wie der Kölner Karneval: 1823. Es war von der "Neusser Junggesellen Sodalität", die Neusser Vogelschützengesellschaft, gegründet worden. Damals wie heute dabei: Die Korps der Grenadiere und Jäger.

Das 100-jährige Bestehen des Schützenfestes feierten die Neusser mit Verspätung. Das Jubiläum war 1923, fünf Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs, aber damals war es verboten, ein Schützenfest zu feiern. Erst 1925, eine Woche vor dem eigentlichen Termin, hatte die belgische Besatzungsmacht das Schützenfest wieder erlaubt. Das Jubiläum wurde dann 1927 gefeiert.

Der Namenstag von St. Bartholomäus am 24. August bestimmt den Rahmen für das Schützenfest. Heute findet es immer noch am Wochenende des letzten Augustsonntags statt – wobei es wichtig ist, dass der Sonntag mit Königsparade noch ein Augusttag ist.

Die Neusser stimmen jedes Jahr aufs Neue darüber ab, ob Schützenfest gefeiert wird. Traditionell sechs Wochen vor dem letzten August-Sonntag werden die "Bürger und Bürgerssöhne" aufgerufen, darüber zu entscheiden, ob im laufenden Jahr wieder gefeiert werden soll. Beim sogenannten "Zog Zog" treffen sich anschließend die Bürger in der Stadthalle - noch nie wurde es abgelehnt, in Neuss Schützenfest zu feiern.

Drei Wochen vor dem Fest-Wochenende feiern die Schützen mit dem Oberstehrenabend ihre erste Party. Es folgt der Königsehrenabend, auf dem der amtierende Schützenkönig gefeiert wird.

Jedes Jahr verleiht der König engagierten Schützen einen Orden. Diesen gestaltet er völlig individuell - die Kosten für Entwurf und Produktion trägt alleine er. Unter anderem deshalb kostet ein Jahr als Schützenkönig in Neuss bis zu 50.000 Euro - so schätzten jedenfalls Kenner.

Wer als Schütze einen verliehenen Orden rund um das Schützenfest verliert oder nicht bei sich trägt, muss seinen Zug-Brüdern eine Getränkerunde spendieren.

Die Schützenzüge sparen jedes Jahr rund 1,5 Millionen Euro auf Sonderkonten der Sparkasse für das Schützenfest an. Rund 165.000 Euro Zuschuss kommen von der Stadt. Damit werden unter anderem die Tribünen, die Dekoration oder auch die Sicherheitsauflagen bezahlt.

Die Schützenampel am Rathaus - die pünktlich am Samstagabend von rot auf grün schaltet - war schon mal Gegenstand der Rate-Sendung "Genial daneben" auf Sat.1. Die Frage "Warum ist neben dem Zifferblatt der Neusser Rathaus-Turmuhr eine rote und eine grüne Ampel?" mussten Hella von Sinnen, Olli Dittrich, Georg Uecker und Bernhard Hoecker am 15. Januar 2005 beantworten.

(cbo)
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