Neuss Gröhe nährt Hoffnung auf bessere Altenpflege

Neuss · Mehr als 200 Gäste verfolgten die Podiumsdiskussion im Bürgertreff "Kontakt Erfttal", zu der auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe gekommen war. Er versprach baldige Änderungen.

Werner Schell, Hermann Gröhe, Urlich Sprick, Regina Schmidt-Zadel, Peter Pick, Michael Dörr und Reiner Breuer (v. r.) brachten sich bei der Diskussion ein.

Werner Schell, Hermann Gröhe, Urlich Sprick, Regina Schmidt-Zadel, Peter Pick, Michael Dörr und Reiner Breuer (v. r.) brachten sich bei der Diskussion ein.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Unzureichende Pflege, fehlende Fachkräfte, unklare Gesetzestexte - in der Altenpflege herrscht dringender Handlungsbedarf. Darin sind sich die meisten einig. Dementsprechend groß war der Andrang beim gestrigen "Pflegetreff", den das Selbsthilfenetzwerk "Pro Pflege" organisiert hatte und dafür auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gewinnen konnte. Über 200 Gäste waren in den Bürgertreff in Erfttal gekommen, darunter der neue Neusser Bürgermeister Reiner Breuer (SPD).

"Demenz ist ein Thema, das die Menschen umtreibt und wichtig ist für die weitere Stadtentwicklung", erklärte Breuer. Künftig seien zunehmend generationenübergreifende Konzepte gefragt. "Deshalb bin ich gleich an meinem ersten Arbeitstag hierher gekommen."

"Das Thema bewegt uns unabhängig von der Parteizugehörigkeit", bestätigte Gröhe. "Es ist nicht abstrakt, sondern begegnet uns im Familien- und Freundeskreis." Zufrieden wies er auf seine ersten Erfolge als Gesundheitsminister hin. Vor anderthalb Jahren habe er beim Erfttaler Pflegetreff verkündet, er werde etwas in Bewegung setzen. "Vor vier Wochen ist jetzt das zweite Pflegestärkungsgesetz in die erste Lesung in den Bundestag gegangen." 2017 werde es in Kraft treten und den Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definieren. Nicht mehr der Pflegebedarf in Minuten sei künftig gefragt, sondern, in welchen Bereichen - auch im sozialen Umfeld - ein Mensch Unterstützung benötige.

"Weil alle Lebensbereiche erfasst werden, ist das neue System deutlich gerechter", zeigte sich auch Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, überzeugt. Allerdings sei klar, dass diese grundlegenden Neuerungen, durch die mehr Männer und Frauen ein Anrecht auf Leistungen hätten, nur mit neuen Vergütungssystemen und mehr Personal zu stemmen seien. "Pflegeeinrichtungen müssen jetzt eine ganzheitliche Pflege organisieren." Eine Aufgabe, die Pflegekräften Sorgenfalten auf die Stirn treibt. "Eine ganzheitliche Pflege ist heute im Alltag gar nicht möglich", erklärten Vertreter der Initiative "Pflege am Boden". Die Folge: "Die Berufsflucht ist enorm. Deshalb haben wir ja den Pflegenotstand."

Das sieht auch Werner Schell von "Pro Pflege" so. "Es kann nicht sein, dass ungelernte Fachkräfte Menschen pflegen, der Medizinische Dienst der Krankenkassen prüft, ob dadurch auch niemand zu Schaden gekommen ist, und dann alles seine Ordnung hat", kritisiert er. "So ist es in Neuss bei einem Heim passiert, das wegen zu wenig Fachpersonal unter Beobachtung stand."

Regina Schmidt-Zadel, Vorsitzende der Alzheimergesellschaft NRW, forderte zudem eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte sowie eine Aufwertung des Berufes. "Wir brauchen einen nationalen Alzheimerplan, so wie in anderen Ländern auch." Zwar werde jetzt noch ein Großteil der Demenzkranken durch Angehörige gepflegt, "aber deren Durchschnittsalter ist 61 Jahre", berichtete Amtsarzt Michael Dörr, der die Diskussion leitete.

(sug)
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