Fünfjähriger in Viersen getötet 26-Jähriger soll Jungen schon früher misshandelt haben

In Viersen ist ein Fünfjähriger getötet worden, jetzt hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den Lebensgefährten der Mutter beantragt. Es gibt Hinweise darauf, dass der Mann den Jungen schon früher geschlagen hat. Die Mutter kam vorerst frei.

Luca ist tot, der Lebensgefährte seiner Mutter steht unter Verdacht, den Fünfjährigen in der Nacht auf Sonntag getötet zu haben. Am Dienstagabend wurde Haftbefehl gegen den 26-Jährigen erlassen. Das gaben Staatsanwaltschaft und Polizei in einer gemeinsamen Erklärung bekannt.

Bei der Obduktion des Fünfjährigen seien Verletzungen festgestellt worden, die auf körperliche Misshandlungen schließen ließen, heißt es in der Mitteilung. Durch stumpfe Gewalt gegen Kopf und Bauch habe der Junge innere Verletzungen erlitten. Zudem sei er gewürgt worden. Die Verletzungen hätten zum Tod geführt.

Der Mann leugnet die Tat. Nach Angaben der Ermittler liegen jedoch Hinweise vor, dass der Verdächtige Luca bereits in der Vergangenheit misshandelt haben soll. So soll es Zeugen geben, die auf Verletzungen des Jungen aufmerksam geworden waren. Als die Zeugen den Jungen fragten, woher er die Verletzungen habe, soll der Junge angegeben haben, dass der Verdächtige dafür verantwortlich sei.

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Foto: Busch

Mutter freigelassen

Auch die Mutter wurde am Dienstag vernommen. Sie wurde aber wieder freigelassen. Gegen sie liege kein hinreichender Tatverdacht vor. Dennoch werden die Ermittlungen auch gegen sie weiter geführt. Es gilt, ihre Rolle im Bezug auf die Köperverletzungen gegen das Kind zu überprüfen.

Der 26-jährige Verdächtige hatte zunächst gesagt, dass er den Jungen am Sonntagmorgen leblos im Bett gefunden habe. Auf der Fahrt mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus war der Fünfjährige gestorben.

Der 37-jährige Frank K. lebt seit elf Jahren in dem Haus, in dem auch der kleine Luca mit seiner Mutter wohnte. Der Nachbar will die Rettungskräfte am Sonntag noch im Flur gehört haben. "Das Herz schlägt wieder", hätten sie gesagt. Doch sie konnten den Jungen offenbar nur kurzzeitig wiederbeleben. Was genau in der Wohnung im dritten Stock des Mehrfamilienhauses in Viersen-Dülken geschehen ist, versuchen die Ermittler gerade aufzuklären. Frank K. wunderte sich darüber, dass es in jener Nacht "so leise war, dass ich dachte, die wären gar nicht zu Hause." Das war ungewöhnlich, sagt er. Das Haus sei hellhörig und es habe sehr oft Streit in der Wohnung über ihm gegeben.

In der Wohnung soll es oft Streit gegeben haben

"Der Junge hat einmal 15 Minuten lang geschrien, da bin ich hoch gegangen", erzählt er. Die Mutter habe völlig fertig ausgesehen. Zu ihrem Nachbarn habe sie gesagt: "Ich hab nur mit meinem Kind gespielt." Alles sei gut. Dass nicht alles gut war in der Familie, bekamen offenbar alle mit, die in dem Haus wohnten. "Wir Nachbarn haben nicht nur einmal das Jugendamt verständigt", sagt Frank K. Auch die Polizei sei immer wieder da gewesen. "Einmal viermal in einer Woche — da haben die jeden Abend Party gemacht oben."

Eine Geschäftsfrau aus der Nachbarschaft kennt die 24-jährige Mutter und deren Lebensgefährten. Die junge Frau habe schon bei ihr Zuflucht gesucht, als sie Ärger mit ihrem Freund gehabt habe, sagt die 52-Jährige. Auch sie berichtet, dass das Jugendamt von Vorfällen in der Familie gewusst habe. "Sie war ganz aufgelöst und hat mir erzählt, dass das Jugendamt Luca erstmal in seine Obhut genommen hatte", erzählt die Geschäftsfrau.

Die 24-jährige Mutter soll sich 2015 vom Vater des Fünfjährigen getrennt haben. Kurze Zeit später zog demnach ihr neuer Partner ein. Die beiden sollen noch ein Kind bekommen haben, das Mädchen erst wenige Wochen alt sein. Allerdings hat es nach Informationen unserer Redaktion nicht lange bei der Familie gelebt; das Jugendamt soll auch dieses Kind in Obhut genommen haben. Die Stadt Viersen will auf Nachfrage unserer Redaktion die Berichte weder bestätigen noch dementieren.

"Früher war es viel schlimmer, als ihr Ex noch da war", sagt Frank K. Es habe Schreierei und Stress gegeben, Kinderweinen sei oft zu hören gewesen, sagt er. Luca habe immer schmächtig und kränklich gewirkt. "Er konnte nicht gut sprechen, war meiner Meinung nach nicht altersgemäß entwickelt." Vor allem die Mutter habe den Jungen immer wieder angeschrien. "Was hätten wir tun sollen, außer das Jugendamt zu alarmieren?", fragt der Nachbar. "Jetzt ist der Junge tot." Er sei fassungslos und "tierisch sauer". "Das tut mir so leid." Er habe gedacht, die Situation habe sich beruhigt in der letzten Zeit. "Ich dachte, vielleicht ist der Kerl gut für sie."

Eine Bekannte der Familie ist schockiert über die Ereignisse: Die 24-jährige Mutter sei trotz ihrer eigenen schwierigen Vergangenheit sehr liebevoll mit ihrem Sohn umgegangen, sagt sie. Die junge Mutter sei selbst bei Pflegeeltern aufgewachsen.

Draußen vor der Tür stellt eine Frau eine Kerze ab, ihre Tochter war mit Luca im Kindergarten. "Es ist so traurig", sagt sie und geht weg.

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