NSU-Prozess Beate Zschäpe spricht zum ersten Mal selbst vor Gericht

München · Zum ersten Mal seit Beginn des NSU-Prozesses hat die Angeklagte Beate Zschäpe selbst das Wort ergriffen. Sie verurteile das, was Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos den Opfern und Familien angetan haben.

Beate Zschäpe gibt sich selbstbewusst
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Foto: dpa, kne tba

Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat im Münchner NSU-Prozess zum ersten Mal persönlich das Wort ergriffen. Sie verlas am Donnerstag eine kurze Erklärung, in der sie einräumte, sich früher "durchaus mit Teilen des nationalistischen Gedankenguts" identifiziert zu haben. Dies sei heute jedoch nicht mehr so. "Heute beurteile ich Menschen nicht nach Herkunft und politischer Einstellung, sondern nach Benehmen", sagte Zschäpe.

Beim Verlesen der kurzen Erklärung am 313. Verhandlungstag des Mammutprozesses vor dem Oberlandesgericht München sprach sie sehr schnell mit leiser Stimme und wirkte nervös. Zschäpe bekräftigte in ihrer kurzen Erklärung ihre Entschuldigung an die Opfer des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und ihre Hinterbliebenen und verwies dabei auf eine ihrer früheren, von einem Anwalt verlesenen Erklärungen.

Zschäpe steht seit dem 6. Mai 2013 vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft an zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen vor, die dem "Nationalsozialistischen Untergrund" vorgeworfen werden. Zschäpe ist das einzige noch lebende Mitglied des NSU-Trios. Ihre beiden Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die im November 2011 tot in einem Wohnmobil gefunden wurden, sollen die Taten überwiegend aus Fremdenhass verübt haben. Zschäpe hatte mit ihnen 13 Jahre unerkannt im Untergrund gelebt.

Zschäpes Kurswechsel

Im Dezember 2015 hatte Zschäpe von ihrem neuen Anwalt Mathias Grasel eine Erklärung verlesen lassen und sich außerdem bereiterklärt, auf schriftliche Fragen des Gerichts zu antworten. Zuvor hatte sie eisern geschwiegen und war damit der Strategie ihrer drei Alt-Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm gefolgt. In ihrer schriftlichen Aussage hatte sie angegeben, von den Morden nichts gewusst zu haben und sich bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt.

Seit Dezember antwortete Zschäpe auch wiederholt auf Nachfragen des Gerichts - aber immer nur schriftlich und mit Verlesung der Antworten durch ihre Anwälte. Dies ging auch am Donnerstag nach Verlesung ihrer kurzen Erklärung weiter: Auf die Frage des Gerichts, welche Konfliktfelder es zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt einst gegeben habe, antwortete Anwalt Borchert im Namen Zschäpes, sie wolle da insbesondere die Mordtaten nennen. Zudem habe sie schon damals darüber nachgedacht, ob ihr nicht eine Mittäterschaft vorgeworfen werden könnte. Sie habe mit den beiden in engsten Verhältnissen gelebt, las Borchert vor.

Auf Fragen der NSU-Opfer und von deren Anwälten will Zschäpe aber immer noch nicht antworten, auch nicht schriftlich. Das bekräftigte Borchert am Donnerstag auf Nachfrage eines Nebenklage-Anwalts.

Nach mehr als 300 Verhandlungstagen könnte der NSU-Prozess nun in absehbarer Zeit zu Ende gehen: Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl hatte zuletzt den psychiatrischen Sachverständigen aufgefordert, "zeitnah" zunächst das vorläufige schriftliche Gutachten über die Hauptangeklagte zu erstellen. Gutachter Henning Saß sagte zu, er wolle in der dritten Oktoberwoche liefern. Das psychiatrische Gutachten gilt in Strafprozessen in der Regel als Schlusspunkt der Beweisaufnahme.

Außerdem forderte Götzl die Prozessparteien auf, noch ausstehende Anträge zu stellen. Ob damit das Beweisprogramm seitens des Senats beendet sei, ließ er auf Nachfrage aber noch offen. Ein neuer Befangenheitsantrag des mitangeklagten Ralf Wohlleben gegen alle Richter war zuletzt von einem anderen Senat abgelehnt worden.

(jnar)
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