Rheinland-Pfalz Flüchtlinge müssen vor dem Schwimmen zum Benimm-Kursus

Hermeskeil · Im Schwimmunterricht in Hermeskeil (Rheinland-Pfalz) lernt man nicht nur Tauchen und Brustschwimmen, sondern auch angemessenes Benehmen. Das zumindest gilt für die Flüchtlinge. Erst wenn sie an einem halbstündigen Kursus teilgenommen und die Regeln unterschrieben haben, dürfen sie ins Wasser. An der Maßnahme gibt es Kritik.

 Bevor Flüchtlinge in Hermeskeil ins Wasser dürfen, müssen sie zum Benimm-Kursus.

Bevor Flüchtlinge in Hermeskeil ins Wasser dürfen, müssen sie zum Benimm-Kursus.

Foto: dpa, hk fdt

Vergangene Woche noch sorgte die Stadt Bornheim für Aufsehen, als sie allen männlichen Flüchtlingen für eine Woche den Zutritt zum Schwimmbad verwehrte. Zu viele Beschwerden hatte es laut dem zuständigen Sozialdezernenten Markus Schnapka gegeben. Auch in Hermeskeil bei Trier soll es Vorfälle gegeben haben. Die Konsequenz: Wer als Asylbewerber in der Gemeinde schwimmen gehen möchte, muss zuvor an einem Benimm-Kursus teilnehmen, die Bade- und Hygieneregeln lesen und unterschreiben — erst dann gibt es einen Badepass und damit Zugang zum Schwimmbad. Das berichtet welt.de.

"Die Baderegeln gelten für alle, aber die Unterweisung der Asylbewerber ist eben erforderlich, damit sie unsere Baderegeln, unsere Badekultur kennenlernen", sagte Bürgermeister Michael Hülpes.

Als diskriminierend hatte der Flüchtlingsrat NRW erst kürzlich solche Ausgrenzungen verurteilt: "Es ist in Ordnung, Störer gezielt fernzuhalten. Aber es darf nicht pauschal eine ganze Gruppe treffen", sagte dazu Geschäftsführerin Birgit Naujoks. Der Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz sieht das ebenso: "Es ist sinnvoller, so etwas anlassbezogen durchzuführen", sagt Koordinator Siegfried Pick. Zurzeit gebe es einigen Informationsbedarf, doch man dürfe nicht mit der "moralischen Keule" kommen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen ist skeptisch. "Wir wollen die Flüchtlinge nicht aus dem Bad treiben", erklärt Joachim Heuser, "im Gegenteil." Die Teilnahme an derartigen Freizeitaktivitäten sei ein wichtiger Teil der Integration. Dem Bericht zufolge seien seit der Einführung des Benimm-Kurses in Hermeskeil im Dezember kaum noch Flüchtlinge unter den Badegästen. "Das kann durchaus zum Problem werden, wenn solche Maßnahmen Menschen abschrecken, die Furchtbares miterlebt haben", sagt Heuser.

Erst am Donnerstag hat die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen eine Rundmail an ihre Mitglieder, etwa 1000 Badbetreiber deutschlandweit, verschickt. Darin wird abgefragt, welche Lösungsansätze und Maßnahmen diese derzeit im Umgang mit Flüchtlingen verfolgen.

Die Linie des Interessenverbandes: Individuell beraten und handeln statt pauschalisieren. "Derzeit versenden wir an die Bäder nicht nur Sicherheitshinweise mit Regeln für die Gäste. Wir werden auch Seminare für unsere Mitarbeiter anbieten", sagt Heuser. Diese sind für Bäderpersonal mit Kundenkontakt, die den Umgang mit Flüchtlingen in Schwimmbädern erleichtern sollen. "Es gilt, mit zuweilen schwierigen und nicht selten traumatisierten Menschen fair und zielorientiert umzugehen", heißt es in der Seminarbeschreibung.

Die Rückmeldungen der Schwimmbadbetreiber werden zeigen, welch andere Maßnahmen sich diese noch haben einfallen lassen — und ob diese den Leitlinien des Interessensverbandes folgen oder nicht.

(jnar)
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