Düsseldorf Die Psychologie des Schenkens

Düsseldorf · Weihnachten naht, und Sie haben noch nicht alle Geschenke beisammen? Die Suche danach können wir Ihnen nicht abnehmen, wohl aber Tipps aus der Forschung beisteuern, die Ihnen den Druck beim Schenken nehmen.

Weihnachten 2017: Die Psychologie des Schenkens
Foto: shutterstock/ Worytko Pawel

Ein Weihnachten, an dem jeder das perfekte Geschenk bekommt? Die Vorstellung ist schön. "Aber leider ist das nicht die Realität", sagt Alexandra Miethner vom Berufsverband Deutscher Psychologen.

"Man irrt, wenn man glaubt, dass Schenken eine leichte Sache sei", wusste schon der römische Philosoph und Dramatiker Seneca. Denn wer die vielen ungeschriebenen Gesetze nicht beachtet, kauft am Ende trotz aller Mühen vielleicht doch etwas, das dem Beschenkten gar nicht gefällt. Wir sagen, was Studien über das richtige Schenken verraten.

Geschenk vom Wunschzettel oder selbst kreativ werden?

"Einen Wunschzettel zu schreiben, ist eine nette Geste, wenn man weiß, dass sich der andere schwer tut, etwas Passendes zu finden", sagt Psychologin Miethner. Es beuge unnötigem Stress und Enttäuschungen vor. Das bestätigt auch eine Untersuchung der Harvard University: Für diese sollten Erwachsene bei einem Internetversandhandel eine Wunschliste mit zehn Produkten zusammenstellen und sie an einen Versuchspartner schicken. Jener konnte selber aussuchen, ob er einen dieser Wünsche erfüllen wollte oder lieber ein gleich teures Geschenk aussuchte. Im Anschluss daran sollten die Beschenkten bewerten, was ihnen besser gefallen hätte. Dabei fiel das Überraschungspräsent in den meisten Fällen durch. Die Freude war am größten, wenn es sich um ein selbst gewünschtes Präsent handelte.

Hinter der schönen Wunschauflistung lauert jedoch auch eine Falle: Die Erwartung steigt, das zu bekommen, was man sich gewünscht hat. "Ein Wunsch ist eben keine Bestellung", sagt Miethner. Immerhin bewerteten die meisten Studienteilnehmer es als Ausdruck besonderer Aufmerksamkeit, wenn sich der andere selbst Gedanken über das Präsent gemacht hatte.

Sind teure Geschenke die besseren Geschenke?

Je teurer, desto besser, meint mancher. Nein, sagen Forscher der Stanford University. Sie haben herausgefunden, dass Geschenke, für die man tief in die Tasche gegriffen hat, nicht automatisch am besten ankommen. In der Untersuchung durften die Probanden selbst aussuchen, ob sie "nur" eine CD verschenken oder einen iPod. Die meisten hielten das Hightech-Gerät für das bessere Geschenk. Im Anschluss daran baten die Forscher andere Versuchsteilnehmer, sich in die Rolle des Beschenkten zu versetzen und zu sagen, worüber sie sich mehr freuen würden. Dabei zeigte sich, dass die Freude unabhängig vom Preis des Präsents gleich groß war. Um das rechte Geschenkmaß zu finden und übertrieben teure Geschenke zu vermeiden, rät Psychologin Miethner dazu, einen finanziellen Rahmen festzulegen und somit eine äußere Hilfestellung beim Schenken zu schaffen.

Sind Geldgeschenke oder

Gutscheine eine gute Idee?

Schenken stiftet Beziehung, so lautet eine soziologische Erkenntnis. Sie geht auf den französischen Soziologen Marcel Mauss zurück, der das Schenken als eine Art Tauschgeschäft identifizierte. Demnach stehen wir nach dem Empfang eines Präsentes immer automatisch in der Schuld, wieder etwas zurück zu schenken. Am besten im gleichen Wert.

Gar nicht so dumm scheint da die Idee, Geld zu schenken und so das Tauschgeschäft auf den Cent zu perfektionieren. Doch davon abgesehen, dass dieser Variante der Verdacht eines schnellen und gedankenlosen Geschenks anhaftet, birgt sie einen weiteren Makel: Sie ist maximal unpersönlich und dokumentiert, wie wenig man über den anderen weiß.

Außer Acht bleibt zudem: Beim Schenken geht es um materielle wie auch immaterielle Werte. Sich Zeit für den anderen zu nehmen, das Geschenk mit einer netten Karte zu versehen, es schön verpackt und mit herzlicher Geste zu überreichen - das ist unbezahlbar. Auch wenn also ein Gutschein denselben Geldwert hat wie der Gegengutschein - der persönliche Wert kann durchaus anders wiegen.

Zählt nicht eigentlich

der gute Wille beim Schenken?

Das Geschenk ist ausgepackt, doch das Gesicht gegenüber verrät: Das war es nicht. Bleibt die Frage: Zählt nicht der gute Wille auch irgendwie? Yan Zhang von der National University in Singapur und Nicholas Epley von der University in Chicago nahmen genau das in verschiedenen Experimenten unter die Lupe. Das ernüchternde Ergebnis ihrer Untersuchung: Der gute Wille spielt bei Geschenken, die gut ankommen, nicht die leiseste Rolle. Es ist den Beschenkten schlichtweg egal, was der Schenkende sich dabei gedacht hat. Besonders gefährlich: den Chef mit einem Präsent zu beglücken. Ist es unpassend, erhöht das die Punktzahl auf der Beliebtheitsskala so gar nicht. Ganz gleich, wie gut es eigentlich gemeint war. Erst, wenn uns der Schenkende in irgendeiner Form nahe steht, sind wir überhaupt bereit, uns Gedanken über seine ursprüngliche Absicht zu machen und das Geschenk darum wohlwollender zu betrachten.

Was sind die größten Fallen beim Geschenkekauf?

Erstens: Wir projizieren unsere eigenen Wünsche auf andere. Was uns selbst gefällt, wird dem anderen auch gefallen, ist die Idee dahinter. Meist stimmt das allerdings nicht.

Zweitens: Der Terminplan vor Weihnachten ist voll. Unter Zeitnot hastet man durch die Stadt - im schlimmsten Fall sogar erst am 24. Dezember. Eine sichere Garantie für die falsche Entscheidung. Bei in Hast Gekauftem geht es eher darum, überhaupt noch etwas zu bekommen, als einen ersehnten Wunsch zu erfüllen. Außerdem: Bei der Suche auf den letzten Drücker bekommt man vieles nicht mehr.

Drittens: Online-Geschenkefinder machen es vor: Geben Sie Alter und Geschlecht des zu Beschenkenden ein, und Sie landen bei Klischee-Vorschlägen. Auch ohne solche Programme neigen wir dazu, andere zu kategorisieren. Männer bekommen darum eher technische Geschenke, Werkzeug oder Socken. Frauen wird garantierte Freude über Kosmetika, Parfum oder Schmuck unterstellt. Individuelles Schenken geht anders.

(wat)
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