Nahles über Merkel "Innenpolitischer Haubentaucher"

Berlin (RPO). Die neu gewählte stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat den Führungsstil von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf kritisiert. Sie bezeichnete die Kanzlerin als "innenpolitischen Haubentaucher". Nahles holte zudem zu einem Rundumschlag aus.

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Foto: AP

"Die Kanzlerin ist ein innenpolitischer Haubentaucher. Sie fischt immer unterhalb der Wasseroberfläche nach Dingen, mit denen sie sich schmücken kann. Oberhalb der Wasserlinie, dort, wo einem schon mal ein Ast auf den Kopf fallen kann, fischt sie nicht", sagte Nahles der "Welt am Sonntag" in einem Interview. "Ich frage mich nur, ob Deutschland auf Dauer einen Haubentaucher als Kanzlerin akzeptieren kann." Schließlich werde es "immer deutlicher, dass die Konflikte der Großen Koalition die innenpolitischen Konflikte sind," sagte die SPD-Linke weiter. Nahles fügte hinzu: "Wir brauchen auch mal eine Kanzlerin, die es nicht als unter ihrer Würde empfindet, sich um das zu kümmern, was die Leute in Deutschland wirklich angeht."

Der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Roland Koch wies die Äußerungen von Nahles als "eine Unverfrorenheit und eine bemerkenswerte Niveaulosigkeit" zurück. Es sei dreist, wenn Nahles sich einerseits vermeintlich darum sorge, die Arbeit der Koalition werde nicht leichter, sich andererseits "zum Einstand als stellvertretende SPD-Vorsitzende schon mit ihrer Wortwahl in solche Untiefen des politischen Niveaus" begebe. Merkel genieße bei den Menschen in Deutschland allerhöchstes Vertrauen, habe hohes Ansehen in Europa und der Welt, sagte Koch am Sonntag in Wiesbaden.

In einem Rundumschlag kritisierte Nahles in der Zeitung mehrere Bundesminister der Union. Die SPD werde es nicht länger hinnehmen, dass Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) "ständig mit weit über den rechtsstaatlich vertretbaren Rahmen hinausgehenden Forderungen" provoziere. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) habe zwar das Briefmonopol abgeschafft, stehe aber nicht zum Mindestlohn für Postdienstleister. Außerdem wolle Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) "kleine Kinder zu Testkäufern für Alkohol machen", bemängelte Nahles weiter. "Wir haben langsam die Faxen dicke. Und wir brauchen auch mal eine Kanzlerin, die es nicht als unter ihrer Würde empfindet, sich um das zu kümmern, was die Leute in Deutschland wirklich angeht, was dringlich und wichtig ist", sagte sie.

Nahles betonte, ihrem Eindruck nach werde die Arbeit in der Koalition in den kommenden Monaten "nicht leichter" werden. "Wie wirkt es sich denn auf das Koalitionsklima aus, dass sich die Union trotz vorheriger Zusage nun weigert, den Postdienstleistern ab 1. Januar 2008 einen Mindestlohn zu gewähren? Zumal wir das Briefmonopol nur unter der Bedingung abgeschafft haben, dass Mindestlöhne eingeführt werden", sagte Nahles. Es gebe keine Vertragssicherheit mehr mit der Union. "Ich bin gespannt, wie wir beim Arbeitslosengeld I letztlich mit der Union zu einer Verständigung kommen. Mein Eindruck ist, die CDU versucht schon langsam, den Wahlkampf in den Ländern vorzubereiten", kritisierte die SPD-Vorsitzende.

(afp)
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