Wann, wie, wer und was? So sieht der Rahmen für die Jamaika-Verhandlungen aus

Welche Idee steckt eigentlich hinter der groben Struktur, die die Parteispitzen von CDU, CSU, FDP und Grünen den Verhandlungen zur Bildung einer Jamaika-Koalition verordnet haben? Und wie wird das Prozedere ablaufen? Ein Überblick.

Wann, wie, wer und was?: So sieht der Rahmen für die Jamaika-Verhandlungen aus
Foto: dpa, kno

Nach den atmosphärischen Lockerungen und dem Schnelldurchlauf durch alle Positionen der Parteien am Freitag soll es nun um Inhalte gehen. Und dafür wurde entschieden, wer wann über was redet.

Rhythmus der Gespräche

Nach der Bundestagswahl hatte es auch mit Rücksicht auf die Landtagswahl in Niedersachsen einige Zeit gedauert, bis die Sondierungen für eine angestrebte Jamaika-Koalition begannen. Nun soll das Tempo aber deutlich erhöht werden. Am 24. Oktober, 26. Oktober, 30. Oktober und dem 1. sowie 2. November sind nun offiziell inhaltliche Sondierungsrunden angesetzt.

Im Idealfall, so heißt es parteiübergreifend, könnte es einen abschließenden Block von Sondierungsrunden bis Mitte November geben. Wären die Gespräche für die Bildung eines gemeinsamen Jamaika-Arbeitsprogramms erfolgreich, könnten Mitte November dann die Parteien von der offiziellen Sondierung zu offiziellen Koalitionsgesprächen übergehen - die Grünen brauchen dafür einen Parteitagsbeschluss. Sollte man erfolgreich sein, so die allgemeine Einschätzung, dürften die Koalitionsverhandlungen nicht mehr allzu lange dauern - so dass das informelle Ziel eines Abschlusses von Koalitionsgesprächen noch bis Mitte Dezember erreichbar wäre. Dazu müssten dann Parteitage der Union ihr OK geben. Bei Grünen und FDP gäbe es noch Mitgliederbefragungen.

Wer redet?

Die sogenannten Vor-Sondierungen fanden in kleinen Runden mit je einer Handvoll Teilnehmern der Parteien statt. Das galt als wichtig, um eine Gesprächsebene zu schaffen. Aber bereits am Freitag saß die große Runde mit mehr als 50 Teilnehmern zusammen. Dies gilt vor allem für die Grünen als wichtig, weil sie die gesamte Partei mit ihren Flügeln mitnehmen müssen. Die Notwendigkeit, sich immer wieder in kleinen und großen Runden zu treffen, wird auch die Sondierungen bestimmen. In den kommenden Wochen sollen nur die kleinen Runden der Parteien tagen - am 30. Oktober dann wieder eine große Runde.

Auch nach dem Durchgang durch alle Themen soll es wieder ein Treffen in großer Runde wie vergangenen Freitag geben. Allerdings werden von jetzt an zu den Kerngruppen der vier Parteien auch Fachleute zugezogen werden. Danach soll entschieden werden, wie man weitermachen will.
Dies stellt auch logistisch eine Herausforderung dar, weil dafür in allen Parteien etliche Ländervertreter nach Berlin kommen müssen.

Über was wird geredet?

Nach Vorschlag der Generalsekretäre wurden zwölf Themenblöcke vereinbart, über die geredet wird: Finanzen/Haushalt/Steuern; Europa; Klima/Energie/Umwelt; Flucht/Asyl/Migration/Integration; Bildung/Forschung/Innovation/Digitales/Medien; Arbeit/Rente/Gesundheit/Pflege/Soziales; Familie/Frauen/Senioren/Jugend; Kommunen/Wohnen/Ehrenamt/Kultur/Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen; Landwirtschaft/Verbraucherschutz; Wirtschaft/Verkehr; Außen/Verteidigung/Entwicklungszusammenarbeit/Handel; Innen/Sicherheit/Rechtsstaat.

Dies soll auch die Reihenfolge für die inhaltlichen Sondierungen ab kommender Woche sein. So werden am 24. Oktober zunächst die Themen Steuern und Europa besprochen - mit zeitlich offenem Ende. Am 26. Oktober stehen die schwierigen Themen Klima, Migration und Digitales auf dem Programm. Am 30. soll es zunächst um Arbeit und Familien gehen. Am 1. November würden dann Kommunen/ländlicher Raum und Landwirtschaft auf der Agenda stehen, am 2. November Wirtschaft, Außen und Innen.
Die Grundidee ist, dass die Themen immer zweimal aufgerufen werden: Beim ersten Mal werden die Positionen und Differenzen benannt. Dann werden die Experten losgeschickt, um Lösungen zu finden. Im Anschluss trifft man sich wieder, möglicherweise auch in Chefrunden.

Sondierungen als eigentliche Koaltionsverhandlungen

Dies zeigt, dass die Sondierungen eigentlich schon vorweggenommene Koalitionsverhandlungen sind - und aus Sicht der Akteure auch sein müssen. Denn die Grünen brauchen für ihren Parteitag für den Übergang zu Koalitionsgesprächen ein Papier mit den Jamaika-Projekten. Dazu müssen die vier Parteien aber schon einen Kompromiss gerade in zentralen und sensiblen Punkten gefunden haben. Weitgehend einig scheint man sich zu sein, dass ein etwaiger Koalitionsvertrag am Ende detaillierter ausfallen müsste als etwa der der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein. Durch eine möglichst große Detailtiefe soll verhindert werden, dass sich Union, Liberale und Grüne in den kommenden Jahren streiten, wie vage Formulierungen im Koalitionsvertrag eigentlich gemeint sind.

(felt)
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