Brüssel Christian Lindner legt Juncker den Rücktritt nahe

Berlin · Angesichts der Kontroverse um die Beteiligung nationaler Parlamente am Freihandelsabkommen Ceta hat FDP-Chef Christian Lindner dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker den Rücktritt nahegelegt.

EU-Kommission: Christian Lindner legt Juncker den Rücktritt nahe
Foto: dpa, bvj vfd wok fpt

Der EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sei gegenwärtig "eine Belastung für die Zukunft Europas" und "alles andere als ein Garant europäischer Einheit", sagte Lindner am Donnerstag vor Journalisten in Berlin. In der "aufgeladenen Situation" nach dem Brexit-Votum der Briten empfehle der Kommissionschef nicht nur mehr Zentralismus in der EU, sondern erkläre das Ceta-Abkommen mit Kanada zu einer reinen Angelegenheit für Brüssel. Das sei angesichts der gefühlten Entfremdung zwischen europäischen Institutionen und Bürgern "genau das falsche Signal".

"Hier muss dringend eine Veränderung der Politik erfolgen", sagte Lindner. Juncker müsse sich auch persönlich die Frage stellen, ob er noch einen Beitrag dazu leisten könne.

Der Kommissionschef hatte am Dienstag vor den Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel erklärt, die Bestimmungen des bereits ausgehandelten Freihandelsdeals zwischen der EU und Kanada fielen allein in EU-Kompetenz. Die Entscheidung stieß vor allem in Deutschland auf Empörung, wo auch das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA heiß diskutiert wird.

Nach der Entscheidung der britischen Bevölkerung für einen Austritt aus der EU mahnte Lindner zu Ruhe. "Die Briten sollten jetzt Zeit haben, sich sortieren zu können", sagte er. Entscheidend sei nicht, wann genau der Austrittsantrag nach Artikel 50 des EU-Vertrags gestellt werde. Das entscheidende Datum sei die Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2019, an der eine Teilnahme Großbritanniens nicht mehr vorstellbar sei.

Im Umgang mit Großbritannien riet der FDP-Chef zu "Fair Play und Respekt". London dürfe keine Sonderbehandlung bekommen, zugleich verbiete sich der "erhobene Zeigefinger" von EU-Vertretern wie Europaparlamentspräsident Martin Schulz (SPD).

(AFP)
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