Streit um "FrauenMediaTurm" in Köln Rot-Grün streicht Alice Schwarzer Geld

Köln/Düsseldorf · Nachdem die Düsseldorfer Landesregierung die Fördermittel für den Kölner "FrauenMediaTurm" wegen des Sparzwangs um zwei Drittel auf 70.000 Euro pro Jahr kürzen will, fürchtet Deutschlands berühmteste Frauenrechtlerin Alice Schwarzer um eines ihrer Lebenswerke.

Das ist Alice Schwarzer
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Foto: dpa/Henning Kaiser

Der Bayenturm, wo keine Geringere als die Journalistin und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer arbeitet, manche sagen: herrscht, ist ein mittelalterlicher Wehrturm mitten in Köln. Nach einer Legende ertönte beim Erstürmen des trutzigen Bauwerks im Jahre 1262 erstmals ein Ruf, der es ähnlich wie Alice Schwarzer zu Berühmtheit gebracht hat: "Kölle alaaf". Da im Bayenturm die Redaktion der Zeitschrift "Emma" und ein großes Archiv der Frauenbewegung untergebracht sind, entfährt manchem Kölner zum traditionellen "Kölle alaaf" ein aufmunterndes, antreibendes "Wiever alaaf".

Nähme die 69-jährige Alice Schwarzer die Sache mit den drastisch gekürzten Landesmitteln zu Lasten ihres feministischen Archivs "FrauenMediaTurm" nicht so bitterernst, würde sie wohl am liebsten morgen zu ihrer Protest-Pressekonferenz in Landtagsnähe mit einem dreifachen "Wiewer alaaf" in die "Helau"-Hochburg Düsseldorf einfallen. Dort tun schließlich die drei weiblichen (ausgerechnet!) Landesminister Dienst, deretwegen das Frauenarchiv statt wie bislang mit 210 000 nur noch mit 70 000 Euro Steuergeld gefördert wird.

Schwarzer, die um den Fortbestand eines ihrer Lebenswerke fürchtet, findet die wundersame Geldverknappung ungeheuerlich, was aus Schwarzers Sicht verständlich ist; hatte doch der Kölner CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (2005-2010) in einem Akt politischer Großherzigkeit 2008 die üppige Förderung bis ins Jahr 2017 verfügt. In Düsseldorf wird gemunkelt, das sei Rüttgers' Dankeschön für Schwarzers Mitmachen in der NRW-Zukunftskommission gewesen, die im April 2008 etabliert worden war.

Mit 70 000 Euro jährlich, so meint die erzürnte Vorstandsvorsitzende des gemeinnützigen FrauenMediaTurms, ließen sich gerade einmal die Betriebskosten für das Emanzipations-Projekt decken. Die lebenslange Kämpferin Schwarzer spricht von einem "weltweit einmaligen Frauenarchiv", das bedroht sei, wenn die rot-grüne Regierung NRW die Kürzungen nicht zurücknehme. Eine parteipolitische Spitze folgte.

Schwarzer, die auf die Anerkennung ihres Archivs in der wissenschaftlichen Fachwelt verweist, zielte direkt auf die — so wörtlich — "rot-grüne Frauenregierung von NRW": Im gleichen Jahr, in dem Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann und die zuständigen Ministerinnen Barbara Steffens (Emanzipation), Ute Schäfer (Familie, Kultur) und Svenja Schulze (Wissenschaft) das "bedeutendste Frauenarviv des Landes zu Tode kürzten, mache es Schwarz-Gelb in Hessen besser. Dort erhalte das Kasseler "Archiv der deutschen Frauenbewegung" 202 000 Euro pro Jahr.

Schwarzer glaubt auch nicht den Beteuerungen aus Düsseldorf, dass der Zwang zum sparsamen Haushalten der Kürzungsgrund sei. Schließlich seien die "für den FrauenMediaTurm" reservierten Gelder einem anderen Frauenprojekt zugeteilt worden.

In der NRW-Staatskanzlei und im Emanzipations-Ministerium hieß es gestern, Schwarzers seit 2008 öffentlich gefördertes Archiv sei so gut wie nicht für die Allgemeinheit zugänglich. Im Übrigen würden andere Frauenarchive in NRW auch nicht öffentlich gefördert. Dafür habe die Regierung Kraft im Gegensatz zur Regierung Rüttgers mehr Geld für Frauenhäuser bereit gestellt. Schwarzers Hoffnung, die Ministerpräsidentin würde sich das Ganze noch einmal überlegen und die Angelegenheit zur Chefsache machen, wird sich nicht erfüllen. Der Regierungssprecher verwies zum einen auf die "angespannte Haushaltslage" und zum anderen auf die Kürzungsentscheidung der drei Landesministerinnen. Ihnen werde die Ministerpräsidentin keine anderen Vorgaben machen.

(RP/csi/top)
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