Berlin Studie: Integration gelingt, dauert aber mitunter lange

Berlin · Muslime bevorzugen zunächst eindeutig die SPD, können sich aber nach einiger Zeit auch die Wahl christlicher Parteien vorstellen.

Wenn Fußball die wahren Gefühle offenbart, lässt sich daran offenbar auch gelingende Integration ablesen: 48 Prozent der Ausländer in Deutschland drücken ihrer Heimatelf beim Match gegen die deutsche Nationalmannschaft die Daumen. Bei Migranten - also nach 1949 zugewanderten Menschen oder solchen mit zumindest einem zugewanderten Elternteil - sind es nur noch 16 Prozent.

Es ist nicht die einzige verblüffende Erkenntnis aus einer groß angelegten Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung mit je 1000 Befragten unter Deutschen, Migranten und Ausländern. Demnach dürfen Vorurteile über Muslime durchaus hinterfragt werden.

Etwa dass sie deutlich religiöser seien: Das bezieht sich nur auf jene 30 Prozent, die mindestens einmal in der Woche in die Moschee gehen. Auf der anderen Seite geht ein Drittel jedoch selten oder nie - und hat sich damit den Gepflogenheiten von Katholiken und Protestanten angeglichen. Eine deutliche Mehrheit der Muslime findet auch, dass der Islam sich modernisieren müsse: Je weniger religiös die Befragten sind, desto mehr unterstreichen sie diese Forderung - bis zu 69 Prozent.

Weitgehend Einigkeit herrscht zwischen den Gruppen auch darüber, ob Zuwanderer sich der deutschen Kultur anpassen sollten: 76 der Deutschen ohne Migrationshintergrund bejahen das und gar 83 Prozent aller deutschen Migranten.

Freilich ist ein weiterer Befund, dass "die" Migranten je nach Herkunft sehr unterschiedliche Ansichten und Gewohnheiten haben. So wird unter Türkeistämmigen in 52 Prozent der Familien Deutsch gesprochen, unter Russlandstämmigen sind es 61 Prozent und unter Polenstämmigen 63 Prozent. Die Aufenthaltsdauer ist dabei mitentscheidend: In 71 Prozent der Familien, die schon seit zwei Jahrzehnten hier leben, wird Deutsch gesprochen. 85 Prozent der Türkeistämmigen geben an, sich ihrem Herkunftsland verbunden zu fühlen. Nach fünf Jahren spüren das sogar 45 Prozent "sehr stark". Nach 20 Jahren ist dieser Anteil hingegen auf 24 Prozent gesunken.

Bei der Vorstellung der Studie zog Kanzleramtschef Peter Altmaier das Fazit, Integration sei möglich und gelinge in vielen Bereichen besser als vermutet. Als CDU-Politiker zeigte er sich jedoch betrübt über die Wahlneigung von Migranten. Bei Muslimen ist die SPD in puncto Sympathie die Nummer eins, gefolgt von den Grünen, erst mit Abstand folgt die CDU - negative Werte bekommen CSU, FDP und AfD. Anders das Bild bei Spätaussiedlern: Hier liegt die CDU vorn, gefolgt von SPD und CSU.

Doch langfristig gibt es auch für Christdemokraten die Chance, von mehr muslimischen Migranten akzeptiert zu werden. Drei Viertel können sich jetzt schon vorstellen, eine christliche Partei zu wählen. Unter den nur schwach religiös gebundenen sind es 91 Prozent. Problemlösungen versprechen sich 14 Prozent der Migranten von der SPD, 25 von der Union. Allerdings trauen 46 Prozent das keiner Partei zu, ähnlich viele sind es unter den Deutschen ohne Migrationshintergrund.

Zeigt sich darin auch Integration? Augenfällig wird es bei den Antworten, wie die Menschen mit der Demokratie in Deutschland zufrieden sind. 38 Prozent der Ausländer sagen: "sehr". Nur 28 Prozent sind es bei den Migranten. Offenbar passen sie sich den Deutschen ohne Migrationshintergrund an. Von denen sind 22 Prozent "sehr zufrieden".

(RP)
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