Düsseldorf Alternative Schmuckszene in Düsseldorf stellt wieder aus

Düsseldorf · Mit Essen spielt man nicht. Von diesem Gebot aus Kindertagen lässt sich Lisa Kuschmann (36) nicht aufhalten. Sie ist Schmuckdesignerin, doch entwirft sie ihre Kreationen nicht auf Papier. Sie experimentiert mit allen möglichen Materialien des Alltags, untersucht sie auf ihr ästhetisches Potenzial. Brot zum Beispiel.

Wie sie es geschafft hat, mag Kuschmann nicht verraten, doch hat sie Brot so konserviert, dass es aussieht wie kristallisiert, fast wie Schaumkoralle, nur grobporiger, leichter.

Kuschmann hat aus diesem Brot Schmuck gemacht. Eine Kette, Anstecker, ein massives Collier und auch zarte Objekte, die man an die Wand hängen kann. Mal hat sie das Brot in Wein getunkt, was für feine Farbspiele in Bordeaux-Tönen gesorgt hat, mal hat sie leuchtende Farben in die Krustenrisse laufen lassen. Das sieht dann aus wie der Gletschersee in einer archaischen Landschaft. Und natürlich öffnet es weite Assoziationsräume, wenn eine Künstlerin Brot in Wein taucht und das Ergebnis konserviert.

Mit Arbeiten wie diesen treten in Düsseldorf Schmuckgestalter an, die sich auf dem weiten Feld zwischen Goldschmiedehandwerk und freier Kunst bewegen. Und deren Zahl wächst. Das kann man etwa an der Teilnehmerzahl der "Schmuckpunkte" ablesen, die sich von 24 im vergangenen Jahr auf 49 in diesem verdoppelt hat.

An zwei Wochenenden im Spätsommer öffnen die Goldschmiede und Schmuckgestalter in Düsseldorf ihre Ateliers und laden Passanten ein, an den "Schmuckpunkten" ihre Arbeit kennenzulernen. Noch ist die Hemmschwelle, einen Goldschmied am Werktisch zu besuchen, bei vielen Menschen höher als einen Juwelierladen zu betreten.

Schmuckgestalter wie Lisa Kuschmann, die an der Fachhochschule studiert und sich 2009 selbstständig gemacht hat, benötigen Kunden, die ein weites Schmuckverständnis und Freude am Experiment haben. Solche Menschen gibt es in einer Kunst- und Medienstadt wie Düsseldorf, sagt Kuschmann, allerdings stellt sie auch in Galerien und auf Messen aus und arbeitet daheim in ihrer Wohnung. Auch Vivien Reig-Atmer (48) empfängt ihre Kunden am heimischen Küchentisch — und findet genau das reizvoll. "Im Zeitalter der Internetbestellung schätzen Leute das Handwerk wieder und suchen persönlichen Kontakt zu den Menschen hinter dem Produkt", sagt Reig-Atmer.

Auch Anke Plöger (41) erlebt in ihrer Goldschmiede in Unterbilk, dass Leute erstaunt sind, dass sie ihre Stücke alle selbst anfertigt. "Mit diesen Händen", sagt Plöger, winkt und lacht. Auch als etablierte Goldschmiedin freut sie sich auf die "Schmuckpunkte" an den ersten beiden Septemberwochenenden, weil sie dann neuen Leuten von Autorenschmuck erzählen kann. "Man muss sich sein Publikum auch heranziehen", sagt Plöger, "Und das macht große Freude."

(RP)
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