Langenfeld/Monheim Diebe sind auf Friedhöfen unterwegs

Langenfeld/Monheim · Im Herbst dämmert es früh. Metalldiebe stehlen immer wieder Grableuchten, Kreuze und Inschriften von Grabsteinen.

 Angstraum Friedhof: Heidemarie Knaup (li) begleitet Ursula Ziehlke auf den Friedhof hinter der Erlöserkirche.

Angstraum Friedhof: Heidemarie Knaup (li) begleitet Ursula Ziehlke auf den Friedhof hinter der Erlöserkirche.

Foto: RALPH MATZERATH,

Wenn Ursula Ziehlke alleine auf den Friedhof hinter der Erlöserkirche in Immigrath geht, fühlt sie sich oft unwohl — vor allem in der dunklen Jahreszeit. Das liegt allerdings nicht an der bisweilen unheimlichen Atmosphäre, die Friedhöfe ausstrahlen, sondern an dreisten Kriminellen, "denen nichts mehr heilig ist", wie es die 85-Jährige umschreibt.

Viel zu oft seien Grableuchten, Gestecke oder Bepflanzungen von den letzten Ruhestätten entwendet worden. "Mir ist das unbegreiflich", meint die Rentnerin, die regelmäßig den Friedhof aufsucht, um mehrere gute Freundinnen zu betrauern. "Ich bin oft alleine auf dem Gelände und habe im Ernstfall niemanden in Rufweite. Meine Handtasche und andere Wertgegenstände nehme ich schon gar nicht mehr mit — aus Angst, dass ich bestohlen werde."

In der Tat steigen im Herbst die Zahlen gestohlener Gegenstände auf Friedhöfen. Besonders häufig sind es Grablichter aus Messing, Kupfer oder Bronze, die verschwinden. "Wenn die Metallpreise anziehen, schrecken Diebe auch vor Friedhöfen nicht zurück", sagt Frank Sobotta, Sprecher der Kreispolizei Mettmann. Es habe sogar schon Fälle gegeben, bei denen bronzene Buchstaben oder Kreuze aus Grabsteinen gebrochen wurden — unter anderem in Monheim. "Delikte wie Handtaschenraub sind hingegen eher die Ausnahme", betont der 60-Jährige.

Häufiger seien da schon aufgebrochene Geräteschuppen der Friedhofsgärtner. Die oft hochpreisigen Werkzeuge lassen sich demnach vergleichsweise leicht veräußern. Nach Erkenntnissen der Polizei sind es meist organisierte Banden, die es auf das Buntmetall in Leuchten, Kreuzen und Grabsteinen abgesehen haben.

"Friedhöfe sind für Täter relativ attraktiv", meint Sobotta. "Meist gibt es verwinkelte Ecken, hohe Hecken sowie leicht zu erreichende Ein- und Ausgänge." Zudem seien dort vor allem ältere Menschen anzutreffen, die oft nicht mehr so wehrhaft wie in jungen Jahren sind — und vermeintlich leichte Beute versprechen. Er empfiehlt daher, immer ein Handy dabei zu haben. Man brauche auch kein modernes Modell mit teurem Vertrag: "Die 110 geht immer."

Auch wenn Friedhofsbesucher Zeugen krimineller Umtriebe werden, sollte schnellstmöglich die Polizei verständigt werden. "Wir behandeln diese Fälle wie Einbrüche und nehmen jeden Hinweis auf mögliche Täter ernst", unterstreicht der Polizei-Sprecher. "Die Diebstähle haben auch eine moralische Dimension." Die Langfinger bevorzugen in beiden Städten vor allem abgelegene Gelände wie etwa den Waldfriedhof kurz vor der Stadtgrenze zu Solingen. Pfarrerin Angela Schiller-Meyer hat in den letzten Jahren schon einige Diebstähle auf den Friedhöfen der Evangelischen Kirchengemeinde Langenfeld erlebt. "Im letzten Jahr wurden sogar ganze Sitzbänke abmoniert und geklaut", beklagt die 55-Jährige. Um den Friedhofsbesuch sicherer zu machen, hat sie gemeinsam mit einigen Ehrenamtlern die Aktion "Oasenzeit" ins Leben gerufen.

An bestimmten Tagen wird die Erlöserkirche an der Hardt als Treffpunkt geöffnet sein (siehe Infokasten). Hinzu kommt Begleitung bei Friedhofsbesuchen — auf Wunsch auch mit respektvollem Abstand zum Trauernden. "Gerade in der ersten Zeit der Trauer ist es wichtig, dass die Menschen aufgefangen werden", sagt Schiller-Meyer. "Wir stehen als Ansprechpartner für und nach dem Besuch des Friedhofes zur Verfügung." Eine der ehrenamtlichen Helferinnen ist Heidemarie Knaup. Vor allem ältere Frauen, sagt sie, gehen oft mit einem unwohlen Gefühl an die Grabstätte von Freunden oder Angehörigen. "Ich will helfen, diese Ängste abzubauen", erklärt die 56-Jährige, die "Mitmenschlichkeit" und "christliche Nächstenliebe" als ihren Antrieb zur Teilnahme an der Aktion nennt.

"Die Präsenz einer zweiten Person vor Ort hat sicherlich eine abschreckende Wirkung auf mögliche Täter", glaubt die Leiterin der Frauenhilfe. Ursula Ziehlke freut sich über das neue Angebot. "Das nimmt mir die innere Anspannung, und ich kann mich dem Zwiegespräch mit den Toten widmen", meint die 85-Jährige. "Ich will mich auf dem Friedhof sicher fühlen."

(dora)
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