Christof Bleckmann "Ich lese den Bibeltext früh, und lasse ihn wirken"

Langenfeld · Der evangelische Pfarrer Christof Bleckmann erklärt, wie aus einer Bibelstelle eine Predigt entstehen kann.

Sie werden Ostersonntag und -montag einen Gottesdienst in der evangelischen Kirche Reusrath halten. Welchen Predigttext haben Sie ausgesucht?

bleckmann Die Predigttexte werden zentral von der Evangelischen Kirche Deutschland vorgeschlagen. Diesmal aus dem Johannesevangelium, Kapitel 20, Verse 11 bis 18: Der Auferstandene begegnet Maria aus Magdala. Die so genannte Perikopenordnung wählt für jeden Sonntag eine Bibelpassage aus. Pfarrer können dann entscheiden, ob sie dem Vorschlag folgen. Ich finde die Vorstellung schön, dass sich in vielen Gemeinden viele Menschen mit denselben Themen beschäftigen.

Wie wird aus dem Bibeltext eine Predigt?

bleckmann Ich lese den Text früh und lasse ihn zunächst auf mich wirken, trage ihn im Hinterkopf, während ich meiner täglichen Arbeit in Langenfeld nachgehe. Die Frage, die ich mir dabei stelle ist, wie kann der Text Menschen in ihren jeweiligen Situationen helfen. Oder: Wie kann ich meinen Zuhörern die Begegnung mit dem Text ermöglichen?

Kann man das auf den aktuellen Predigttext beziehen?

bleckmann Natürlich. Wenn etwa Maria vor dem offenen Grab steht, dann ist das zunächst einmal eine Friedhofsgeschichte. Man kann die Frage stellen, wie die Friedhöfe in der Zeit Jesu waren? Was haben die Menschen früher auf einem Friedhof gesucht, was suchen sie heute? Und was, wenn wie im Text, ein totgeglaubter Mensch wieder da ist? Das übersteigt die Vorstellungskraft und bedarf der Erklärung.

Was ist die Botschaft dieser Geschichte?

Bleckmann Gott schenkt neues Leben. Der Tod ist nicht das Letzte. Und er schenkt es allen. Denn Jesus ist gestorben wie ein Gottloser, gekreuzigt, wie sonst nur Verbrecher. Das ist eine große Provokation. Doch Gott bekennt sich zu ihm. Die Botschaft könnte lauten: Es gibt Überraschungen, auch da, wo alles am Ende zu sein schient. Und: Es gibt eine Kraft über den Tod hinaus und das ist die Liebe. Womit wir wieder auf dem Friedhof bei Menschen sind, die um einen geliebten Menschen trauern. Da heißt: Die Liebe endet nicht mit dem Tod. Das ist nah an der Osterbotschaft. Liebe überwindet den Tod.

Kommt das bei den Menschen in der Kirche an?

Bleckmann Sicher. Zuerst aber muss ich es bei mir selbst ankommen lassen. Deshalb ist eine gute Vorbereitung so wichtig. Man will als Pfarrer hinter dem stehen, was man predigt. Das ist zu fünf Prozent Inspiration, zu 95 Prozent "Transpiration", also mit viel Arbeit verbunden.

Wie können Sie die Themen aus dem Johannes-Evangelium Kindern im Familiengottesdienst nahe bringen?

Bleckmann Ich werde zum Beispiel Glas-Nuggets mitbringen. Sie sehen aus wie Tränen und ich werde so die Trauer Marias zum Thema machen. Freudentränen, Trauer, die Ambivalenz von Tränen. Ich habe auch einen Erste-Hilfe-Kasten eingepackt, weil Kinder aus ihrem Leben Tränen kennen, die von einer Verletzung kommen. Auch Tücher kommen im Familiengottesdienst zum Einsatz. Sie sollen das "Loslassen" sinnlich erfahrbar machen.

Der Predigttext für den Montagsgottesdienst ist eigentlich ein anderer.

Bleckmann Ja. Da nehme ich mir die Freiheit, zu entscheiden. Der Text lässt sich weniger gut anschaulich darstellen. Deshalb habe ich mich für den Sonntagstext entschieden.

Kann man Predigten recyceln – vom Vorjahr etwa?

Bleckmann Theoretisch ja. Aber sie sind manchmal wie Kleider, die nach einiger Zeit nicht mehr passen. Das merkt man als Prediger selbst. Predigten müssen aktuell sein und immer wieder auf das gesellschaftspolitische Geschehen abgestimmt sein. Die Zuhörer merken, wenn das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist.

Wann beginnen Ihre Gottesdienste?

bleckmann Sonntag und Montag um 11 Uhr in der Martin-Luther-Kirche in Reusrath.

DIE FRAGEN STELLTE HEIKE SCHOOG

(RP)
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