Null Punkte, 1:13 Tore Die Gründe für die Kölner Krise

Düsseldorf · Der 1. FC Köln legt den schlechtesten Saisonstart seiner Vereinsgeschichte hin. Die Mannschaft ist im Vergleich zur Vorsaison nicht wiederzuerkennen. Das liegt nicht nur am Abgang von Anthony Modeste.

Diese Teams starteten mit fünf Niederlagen
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Foto: dpa, fg nic

Nach der 0:1-Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt stehen die Kölner mit 1:13 Toren und null Punkten aus fünf Spielen am Ende der Tabelle. Nur der Karlsruher SC startete einst in der allerersten Bundesliga-Saison noch schlechter (0 Punkte, 2:17 Tore). Schon jetzt ist klar, dass die 25 Tore von Anthony Modeste in der neuen Spielzeit an allen Ecken und Enden fehlen. Doch die Misere lässt sich nicht allein durch den Abgang des Franzosen nach China erklären. Die Gründe für die FC-Krise.

Modeste-Faktor

Es war nicht so, dass Köln in der erfolgreichen Spielzeit 16/17 immer die ganz große Fußballkunst anbot. Doch auf Modeste war stets Verlass. Der Franzose brauchte wenig Torchancen, um daraus 25 Tore zu machen. Wenn die spielerischen Mittel mal fehlten, konnten die Kölner Modeste auch mal mit langen Bällen füttern, die der Stürmer gut festmachte. Das Kölner System war komplett auf den Torjäger ausgerichtet. Nun muss das Team sich umstellen. Und das gelingt bislang überhaupt nicht.

Leistungsträger außer Form

Drei Spieler, die beim FC Kreativität ins Spiel bringen sollen, sind aktuell völlig neben der Spur. Die zwei Flügelspieler Leonardo Bittencourt und Marcel Risse können kaum Akzente nach vorne setzen. Risse wirkt nach seinem Kreuzbandriss noch nicht fit, Bittencourt völlig verunsichert. Allerdings fehlten beide schon in der vergangenen Saison verletzungsbedingt lange. Da konnte der FC ihr Fehlen noch kompensieren. Auch, weil der Japaner Yuya Osako als wuseliger "Satellitenstürmer" eine ganz starke Saison spielte und sich perfekt mit Modeste ergänzte. Doch von diesem Osako ist in dieser Saison noch überhaupt nichts zu sehen. Und so bekommt Jhon Cordoba sowohl über das Zentrum als auch über die Flügel zu wenig Unterstützung.

Überforderte Zugänge

Die FC-Verantwortlichen werden nicht müde zu betonen, dass niemand von Cordoba eine ähnliche Tor-Quote wie von Modeste erwartet. Doch die Rechnung ist einfach: Der eine Stürmer wurde durch den anderen ersetzt, weitere Verstärkungen in der Offensive gab es nicht. Cordoba ackert, ist dabei glücklos und wirkt zunehmend frustriert. Mit den langen Bällen seiner Mitspieler, die zudem allzu häufig das Nachrücken vergessen, kann er weniger anfangen als Modeste. Von Spiel zu Spiel wächst der Druck des Kölner Umfeldes. Der 17-Millionen-Mann hat schon jetzt den Stempel Fehleinkauf weg. Das ist nicht gerecht, aber eine logische Konsequenz aus der Krise. Neben Cordoba wollte der FC auch den Hoffenheimer Mark Uth verpflichten, doch die TSG ließ ihn nicht ziehen. Zurecht, wie dessen vier Bundesligatore zeigen. In Köln hätte man das Eigengewächs händeringend gebrauchen können.

Neben Cordoba verstärkte der FC sich mit Innenverteidiger Jorge Meré (20) und Außenverteidiger Jannes Horn (20). Junge Spieler, die in einer funktionierenden Mannschaft perspektivisch zu Leistungsträgern werden sollten. Als Stabilisatoren in einer völlig verunsicherten Mannschaft sind sie nicht geeignet.

Wackel-Abwehr ohne festes Personal

Vielleicht die frappierendste Veränderung im Vergleich zum Vorjahr: Köln ist plötzlich die Schießbude der Liga. Trainer Peter Stöger hat seine Formation noch nicht gefunden. Die einzige Konstante ist Innenverteidiger Dominique Heintz. Auf allen anderen Positionen tauschte Stöger schon mehrfach. In Dortmund (0:5) standen neben Heintz noch Meré, Horn und Lukas Klünter in der blutjungen Viererkette. Gegen Frankfurt setzte Stöger dann auf die "alte Garde" Dominic Maroh, Konstantin Rausch und Frederik Sörensen neben Heintz.

Hector-Schock

Jonas Hector war die Kölner Konstante. Der Nationalspieler verpasste in drei Bundesliga-Jahren kaum ein Spiel, bot sowohl als Linksverteidiger als auch im defensiven Mittelfeld selten weniger als solide Arbeit ab, häufig deutlich mehr. Auch Hector war zum Saisonstart noch nicht in Topform, zeigte im Spiel beim FC Arsenal aber ansteigende Form. Bis zu seiner Verletzung Mitte der ersten Halbzeit, die in London einen Bruch ins Kölner Spiel brachte, von dem sich das Team augenscheinlich noch immer nicht erholt hat. Hector wird mit einem Syndesmoseriss wochenlang fehlen. Nun müssen es Matthias Lehmann, der schon in der vergangenen Rückrunde formschwache Marco Höger oder der wenig konstante Milos Jojic richten. Das Kölner Mittelfeld hat im Zentrum in dieser Besetzung ein klares Geschwindigkeits-Defizit.

Probleme bei Standards

Sechs der 13 Gegentore fielen aus Standardsituationen. Schon in der vergangenen Saison waren die Kölner dort anfällig. Der einzige eigene Treffer fiel zwar ebenfalls nach einer Standardsituation, insgesamt sind die Kölner aber auch auf diese Weise viel zu harmlos.

"Haste Scheiße am Fuß ..."

Oder wie Heintz es nach dem Frankfurt-Spiel frei nach Andreas Brehme ausdrückte: "Wenn es blöd läuft, läuft einfach alles blöd." Die Mannschaft ist nach dem schwachen Start in die Saison völlig verunsichert, leistet sich immer wieder haarsträubende Fehler. Da hilft es natürlich nicht, wenn Spiele wie gegen Frankfurt — von beiden Mannschaft auf einem äußerst beschaulichen Niveau geführt — durch Schiedsrichterentscheidungen maßgeblich beeinflusst werden. Bittencourt stellte nach der 0:1-Niederlage klar: "Wir haben nicht wegen des Schiedsrichters verloren, wir müssen den Fehler bei uns suchen." Als nächstes geht es für den FC nach Hannover. Der Aufsteiger hat in dieser Saison noch kein Spiel verloren ...

(areh)
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