Borussia Mönchengladbach Ode an "Magic" Raffael

Mönchengladbach · Seine Kollegen nennen ihn "Maestro", den Meister. Das klingt so ehrfürchtig, wie es gemeint ist. Bei Borussias famosen 6:1 im Champions-League-Play-off gegen Bern zeigte Raffael einmal mehr, warum das so ist.

Borussia Mönchengladbach: Die Einzelkritik gegen Young Boys Bern
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Gladbach - Bern: Einzelkritik

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Drei Tore schoss er selbst, zum ersten Mal übrigens als Borusse gelang ihm ein Dreierpack, zwei legte er Thorgan Hazard auf. Und auch sonst war er an allem Schönen und Guten beteiligt, was dieser herrliche Fußballabend, dessen Hauptdarsteller er war, zu bieten hatte.

Raffael gelang alles. Jede noch so minimale Einschränkung wäre despektierlich. Er gab das Tempo vor, er dirigierte, inszenierte und justierte das Spiel seiner Mannschaft. Als er nach wenigen Minuten unwiderstehlich loszog und den Ball an den Pfosten schoss, gab er die Richtung und das Thema des Abends vor: Hier wird nicht gezittert, hier wird gefeiert.

Er zeigte den Mitspielern, wie ernst es ihm war, und dass dieses Spiel dazu da war, es zu genießen. Kurz: Er führte sie in die Champions League. Die Botschaft kam an. Seinen Mitangreifer Thorgan Hazard hat er förmlich mitgerissen, der Belgier traf wie Raffael dreimal und war fraglos berauscht von der Spielfreude des Genialen neben ihm.

"Raffa ist unfassbar. Wenn du Raffael spielen siehst, denkst du: Das ist so leicht. Wenn du aber spielen willst wie er, dann wird das nichts, er ist einfach großartig", sagte Hazard. "Wenn man nicht weiß, wohin mit dem Ball, dann muss man einfach auf Raffa spielen, der weiß dann schon was zu tun ist. Es ist unglaublich", sagte der neue Defensivallrounder Tobias Strobl. "Ich weiß ja, wie es ist gegen ihn zu spielen. Das ist nicht so schön. Ich bin froh, dass ich jetzt in seinem Team bin", sagte Verteidiger Jannik Vestergaard, der aus Bremen geholt wurde.

Die Uefa musste gleich zwei Bälle rausrücken am Mittwoch:

Seit 2013 ist Raffael Borusse. Fünf Millionen Euro hat er damals gekostet, das ist ein nahezu lächerlicher Preis für einen wie ihn. Die Borussen werden fast geneigt sein zu sagen: Raffael ist unbezahlbar. Darum hat Manager Max Eberl im Sommer, als Borussia Dortmund anfragte, um den 31-Jährigen als Mchitarjan-Nachfolger zu holen, alles getan, um Raffael zu halten.

Mit Erfolg: Raffael verlängerte seinen Vertrag. "Er fühlt sich unglaublich wohl bei uns", sagte Eberl zuletzt. Der Wohlfühlfaktor ist für einen wie Raffael das A und O. Das weiß er spätestens seit seiner Zeit bei Dynamo Kiew. Da war gänzlich unbehaglich für ihn. Bei Borussia passt alles. Darum wird er wohl bis zum Ende seiner Karriere bleiben. Gut für Gladbach.

Raffael ist das geistige Zentrum des Borussen-Spiels. Er braucht keine Worte, um zu führen. Er lässt den Fußball sprechen. Das ist so unfassbar brasilianisch: ein wunderbarer Pass, ein verblüffendes Dribbling, einer herrliches Tor — das sagt so viel, und diese Sprache beherrscht er wie die tollsten Schriftsteller der Welt die Worte.

Raffael spielt so leicht und locker, mit unendlich viel Spaß, immer aber auch mit dem nötigen Ernst. Letzteres ist der deutsche Teil in ihm, der, den er gelernt hat in den vielen Jahren, die er hier ist. Das macht ihn so besonders. "Raffael prägt unser Spiel. Er ist ein Führungsspieler, ohne dass er das Klischee eines Leaders bedient. Er strahlt mit seiner Persönlichkeit Autorität aus und gibt den jungen Spielern Orientierung sowie Halt", sagt Trainer André Schubert über seinen besten Torjäger.

Zuweilen verwechselt man Raffaels arg introvertierte Art mit Phlegma. "Es ist ja meine erste Sommer-Vorbereitung mit ihm. Deshalb habe ich mir anfangs schon Sorgen bei Raffa gemacht. Aber alle, die ihn länger kennen, sagten mir nur: 'Bleib cool, es wird alles gut, der kommt schon zum richtigen Zeitpunkt'. Und das hat er auch gemacht", gestand André Schubert zuletzt. "Raffa zeigt ja wenig Emotionen, aber auf dem Platz explodiert er", sagte Verteidiger Tony Jantschke.

Kurios ist: Seit Lucien Favre, der sein Entdecker ist, sein Mentor, sein Erfinder, ja eine Vaterfigur für ihn, nicht mehr da ist, ist "Raffa" nochmal aufgeblüht. Er hat sich sogar das intensive Jubeln angewöhnt. Dreimal in Folge hat er zweistellig getroffen als Borusse, doch in der vergangenen Saison, in der Favre nach fünf Spielen entschwand, da war er nach eigenen Angaben "der beste Raffael aller Zeiten".

Wer ihn gegen Bern gesehen hat, darf hoffen, dass "der beste Raffael aller Zeiten" in dieser Spielzeit nochmal neu definiert wird. "Wir nennen ihn Maestro, weil er magic ist", sagte Thorgan Hazard. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(kk)
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