Gladbachs Torhüter Yann Sommer: "Müssen einen neuen Gestalter finden"

Als Stammtorhüter geht Yann Sommer mit der Schweiz in die EM. Im SID-Interview spricht der Mönchengladbacher über seine Erwartungen - und gibt ein klares Bekenntnis ab.

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Herr Sommer, in weniger als zwei Wochen beginnt die EM. Was können wir von der Schweiz erwarten?

Yann Sommer (27, Schweizer Nationaltorhüter von Borussia Mönchengladbach) Das werden wir sehen. Wir hatten bisher eine gute Vorbereitung, haben eine gute Stimmung im Team und im Land, aber wir setzen uns keine zu hohen Ziele. Klar, wollen wir die Gruppe überstehen, aber weiter zu denken, bringt nichts. Wenn wir viele gute Tage erwischen, können wir ein gutes Turnier spielen.

Das erste Spiel bestreiten Sie ausgerechnet gegen Albanien. Dort treffen nicht nur die beiden Xhaka-Brüder aufeinander. Wie groß ist allgemein die Rivalität zwischen diesen Fußball-Nationen?

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Foto: dpa/Swen Pförtner

Sommer Eine Rivalität ist das nicht. Und wenn, dann ein schöne. Wir kennen fast alle Spieler persönlich. Viele kommen aus der Schweiz und haben noch in der Junioren-Nationalmannschaft für die Schweiz gespielt. Im Spiel wird das vergessen sein. Aber ein Hass-Duell ist es keineswegs.

In Deutschland ist leider mancherorts eine polemische Diskussion über die Multi-Kulti-Mannschaft entbrannt. Die Schweiz hat auch eine Multi-Kulti-Mannschaft. Welche Vorteile hat das?

Sommer Zuerst einmal ist es sehr traurig, dass es solche Diskussionen gibt. Die gab es bei uns in der Schweiz auch. Ich finde es sehr spannend, wenn man verschiedene Mentalitäten in einer Mannschaft hat. Wir Schweizer wären ohne die Spieler mit fremden Wurzeln nicht so gut, wie wir sind. Für uns ist es normal, dass sie alle Schweizer sind. Und es macht einfach unheimlich viel Spaß.

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Wer sind Ihre EM-Favoriten?

Sommer Natürlich Deutschland als Weltmeister. Wir haben gerade gegen Belgien gespielt, die haben unheimliche Klasse. Auch Frankreich hat eine tolle Mannschaft. Die Türkei ist gut. Es gibt viele, von denen man nicht so viel erwartet, dann aber viel kommt. Wir hoffen, dass wir auch so eine Mannschaft sind.

Ihr Trainer Vladimir Petkovic ist in Deutschland ein recht unbeschriebenes Blatt. Was sind die großen Unterschiede zwischen ihm und Ottmar Hitzfeld, der die Schweiz bei der WM 2014 betreut hat?

Sommer Vielleicht musste Ottmar Hitzfeld ein paar Interviews und Autogramme mehr geben. (lacht) Wir haben unter ihm sehr viel gelernt, er hat mit den besten Spielern der Welt zusammengearbeitet und uns extrem weitergebracht. Petkovic ist ein ganz anderer Charakter, aber es macht auch sehr viel Spaß. Zwischenmenschlich ist er überragend.

Sie gehen als Nummer eins ins Turnier. Wie ist Ihr Verhältnis zu den beiden Rivalen Roman Bürki und Marwin Hitz, die ebenfalls in der Bundesliga spielen?

Sommer Sehr gut. Wir puschen uns gegenseitig und lernen voneinander - eine perfekte Konkurrenz-Situation.

Sie gelten als passionierter Hobby-Koch. Kochen Sie im Trainingslager auch ab und zu für die Kollegen?

Sommer Lieber nicht. (lacht) Wir haben einen tollen Koch dabei. Für mich ist es ein Hobby. Ich esse einfach sehr gerne."

Zur Bundesliga: Borussia hat dank einer starken Aufholjagd erneut die Champions-League-Qualifikation erreicht. Haben Sie diese noch für möglich gehalten?

Sommer Es gab Phasen in dieser Saison, da wollte ich gar nicht daran denken, wie es ausgehen könnte. Wir hatten einen sehr, sehr schlechten Start. Wir waren verunsichert, es gab einen Trainerwechsel, ein bisschen Chaos. Aber ich muss dem Verein, der Mannschaft und dem Trainer ein große Kompliment machen, dass wir uns da rausgekämpft haben.

Wie haben Sie darauf reagiert, dass am Saisonende dennoch öffentlich über Trainer André Schubert diskutiert wurde?

Sommer Für uns war das überhaupt kein Thema. Wir haben sehr, sehr gerne mit Lucien Favre gearbeitet. Dass er sich von selbst entschieden hat, aufzuhören, war ein Schock für die Mannschaft. Aber André Schubert hat es mit dieser verunsicherten Mannschaft sehr, sehr gut gemacht.

Wie weh tut der Verlust von Granit Xhaka, mit dem Sie im Nationalteam zusammenspielen?

Sommer Er war als Spieler wie Persönlichkeit sehr wichtig für die Mannschaft. Er hatte die Fäden in der Hand. Er war der Gestalter, oft lief das ganze Spiel über ihn. Jetzt müssen wir einen neuen Gestalter finden. Aber ich bin überzeugt, dass die Borussia da einen guten Job macht und bald den neuen Granit Xhaka vorstellt.

Haben Sie mit ihm vorher über seine Entscheidung gesprochen?

Sommer Ich kenne Granit sehr, sehr lange. Er war mein Zimmerkollege bei der Borussia. Natürlich haben wir schon über mögliche Gedanken gesprochen. Ich freue mich für ihn, denn ich denke, es ist für ihn der richtige Zeitpunkt, um von einem sehr guten zu einem sehr großen und guten Klub in England zu wechseln. Das war immer sein Traum, deshalb habe ich ihm gratuliert. Und ich bin überzeugt, dass er in England für viel Furore sorgen wird.

Es gab auch in Ihrem Fall Gerüchte über Interesse von anderen Klubs. Schließen Sie einen Wechsel nach der EM aus?

Sommer In mir ist kein Platz für solche Gedanken. Wenn die Saison vorbei ist, wird viel spekuliert. Aber ein Gerücht bleibt ein Gerücht. Ich bin sehr happy bei der Borussia. Es macht sehr viel Spaß mit der Mannschaft, weil der Stil, den wir spielen, für einen Torhüter wunderschön ist. Ich freue mich auf die neue Saison.

In der spielen Sie angeblich im knallorangenen Trikot. War das Ihre eigene Entscheidung?

Sommer Ja, ich habe die Trikots ausgesucht. Ich trage gerne auffällige Farben. In der Schweiz habe ich ein knallgelbes Trikot und ein ganz blaues. Wer grelle Farben trägt, leuchtet auf dem Platz.

(sid)
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