US-Open-Sieger Marin Cilic Vom Dopingsünder zum Tennishelden von New York

New York/Düsseldorf · Im vergangenen Jahr war der Schützling von Goran Ivanisevic noch beim Grand-Slam-Turnier gesperrt.

US Open: Marin Cilic bezwingt Kei Nishikori
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Cilic gewinnt ersten Grand-Slam-Titel

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Es ist in den vergangenen Tagen viel über den Wachwechsel im Herren-Tennis geschrieben worden. Bei dem Finale der US Open in New York spielten zwei hoffnungsvolle Kräfte der Branche vor. Der Kroate Marin Cilic hat den Japaner Kei Nishikori ziemlich humorlos mit 6:3, 6:3, 6:3 abgefertigt. In nicht einmal zwei Stunden. In 36 der letzten 38 Grand Slams stand einer der "Fantastischen Vier" auf dem Siegertreppchen ganz oben - diesmal war alles etwas anders. Titelverteidiger Rafael Nadal war verletzt überhaupt nicht dabei, Andy Murray, Roger Federer und Novak Djokovic schieden zuvor aus. Nur Juan Martin del Potro mit seinem US-Open-Finalsieg 2009 gegen Federer und Stan Wawrinka bei den Australian Open in diesem Jahr haben zuvor die Szene ein wenig ins Wanken gebracht. Ein großer Umbruch war nicht in Sicht.

Nun ist erneut die Rede davon, die Etablierten stünden vor der Ablösung durch eine neue Generation. Marin Cilic ist seit seinem Triumph in Flushing Meadows jetzt ihr Anführer. Und untermauert seine Stellung auch mit kernigen Sätzen wie diesen: "Alle reden immer nur von den Großen Vier. Angeblich garantieren sie mehr Zuschauer und mehr TV-Präsenz - aber sie sind nicht mehr hier. Wir sind hier." Davon war nicht unbedingt auszugehen.

Cilic ist ein Spätstarter. Er fiel nicht weiter auf. Das galt auch für seine Einsätze mit Kroatien beim World Team Cup im Düsseldorfer Rochusclub. Im vergangen Jahr geriet seine Karriere in arge Nöte, als er wegen eines Dopingvergehens für neun Monate gesperrt wurde. Er war beim Turnier in München auf eine verbotene Substanz getestet worden - angeblich eine aus Versehen eingenommene Glukosetablette sei dafür verantwortlich gewesen. Er beteuerte seine Unschuld. Arbeitskollegen wie der Schweizer Federer unterstützten ihn. Die Strafe wurde schließlich von neun auf vier Monate reduziert. "Ich glaube wirklich, dass er nicht absichtlich etwas Falsches getan hat. War er vielleicht ein bisschen dumm? Vielleicht", hatte Federer nach seiner Halbfinal-Niederlage gegen ihn gesagt. "Ich habe das Gefühl, dass ich ihn gut kenne, und glaube, dass er so etwas nicht tun würde."

Ende Oktober kehrte Cilic, 1,98-Meter groß, in Paris-Bercy auf die Tour zurück - erstmals mit einem prominenten Trainer in seiner Box. Der 25-Jährige vertraut seither auf die Dienste seines Landsmannes Goran Ivanisevic, der vor 13 Jahren in Wimbledon siegte. "Goran ist ein wunderbarer Mensch. Er hat so ein großes Herz. Wenn ihn jemand um Hilfe bittet, dann hilft er. Auf die eine oder andere Weise", bekundet er. Und eben dieser Ivanisevic hat ihm das Selbstvertrauen vermittelt, in der Spitze mithalten zu können.

"Es ist ein Wunder. Es fühlt sich komplett unrealistisch an, davon habe ich mein Leben lang geträumt", frohlockt Cilic, aktuell Nummer 12 in der Weltrangliste, in der Stunde seines Triumphes. Noch auf dem Platz versuchte er über sein Mobiltelefon erste Glückwünsche entgegenzunehmen. Das Vorhaben des Aufschlaghünen (bei seinem Service wurden Spitzengeschwindigkeiten von 215 Kilometer pro Stunde gemessen) scheiterte indes an einem nicht vorhandenen Empfang. So konnte er nur den Zuspruch des Publikums genießen.

(RP)
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