Auslöser für Magen-Darm-Erkrankung von 7000 Kindern Erstmals Norovirus nachgewiesen

Berlin · Die Suche nach dem Auslöser der massenhaften Magen-Darm-Erkrankungen in ostdeutschen Schulen und Kitas hat erste Ergebnisse gebracht. Erstmals konnte das hochansteckende Norovirus als Erreger nachgewiesen werden.

 Rund 7000 Kinder in Ostdeutschland infizierten sich in den vergangenen Tagen beim Essen mit einer Magen-Darm-Erkrankung. Nun konnte das hochansteckende Norovirus als Auslöser diagnostiziert werden.

Rund 7000 Kinder in Ostdeutschland infizierten sich in den vergangenen Tagen beim Essen mit einer Magen-Darm-Erkrankung. Nun konnte das hochansteckende Norovirus als Auslöser diagnostiziert werden.

Foto: dapd, dapd

Nach den massenhaften Magen-Darm-Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen in Ostdeutschland ist erstmals das hochansteckende Norovirus als Erreger nachgewiesen worden.

In Sachsen seien in 16 Fällen Noroviren festgestellt worden, sagte der Sprecher des Dresdner Sozialministeriums am Samstag. Von der Erkrankungswelle sind in Sachsen mittlerweile mehr als 2800 Kinder und Jugendliche betroffen, insgesamt sind es in den fünf ostdeutschen Bundesländern (Thüringen, Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt) fast 7000 Schüler und Kindergartenkinder.

Sie wurden alle mit Essen von demselben Caterer beliefert. In den meisten Fällen verlief die Erkrankung relativ milde. Nur wenige Patienten mussten stationär behandelt werden. Das Norovirus führt zu Durchfall und Erbrechen und geht oft mit Schmerzen, Übelkeit und Fieber einher.

Krisenstab eingerichtet

Um die Suche besser vorran zu bringen, hatten Spezialisten des Bundes und der betroffenen Länder am Freitag eine "Task Force" gegründet. Die Betroffenen hatten bisherigen Erkenntnissen zufolge Kantinenessen von demselben Lebensmittelunternehmen bekommen.

Bis zum Freitag wurden bundesweit rund 6.500 Fälle registriert, wie die zuständigen Landesministerien mitteilten. Die "Task Force" arbeitet unter Federführung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und soll in enger Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden die Ermittlungen koordinieren, wie das Bundesverbraucherministerium mitteilte. Die Aufklärung der Waren- und Lieferströme im Zusammenhang mit dem Kantinenessen in Schulen und Kitas werde auch über das Wochenende vorangetrieben.

Zahl der Erkrankten weiter angestiegen

Die Zahl der Erkrankten erhöhte sich unterdessen deutlich. In Berlin wurde ein Anstieg von 400 auf fast 2.200 Fälle verzeichnet. In Sachsen hat sich die Zahl der erkrankten Kinder auf inzwischen 2.000 mehr als verdreifacht. In Brandenburg erhöhte sich die Zahl der Krankheitsfälle um 400 auf 1.500.

Thüringen meldete mehr als 760 Erkrankungen - 260 mehr als am Mittwoch. Auch in vier Einrichtungen in Sachsen-Anhalt traten in den vergangenen Tagen Magen-Darm-Erkrankungen auf. Betroffen waren 29 Kinder und ein Erwachsener.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) gab das Ziel aus, "die Ursache der Erkrankungen schnellstmöglich zu finden und den Eintrag in die Lebensmittelkette zu stoppen". SPD und Linke hatten das Krisenmanagement des Ministeriums zuvor kritisiert.

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin waren bislang "überwiegend unkomplizierte Verläufe" zu beobachten. In einzelnen Fällen hätten Betroffene stationär behandelt werden müssen, hieß es. Die Beschwerden wie Durchfall und Erbrechen hätten in der Mehrzahl der Fälle ab Dienstagabend begonnen. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag seien weitere Erkrankungen aufgetreten. Es liege nahe, dass es sich um eine lebensmittelbedingte Erkrankung handele, sagte eine RKI-Sprecherin. Für diese Vermutung gebe es aber "noch keine konkreten Beweise", betonte der Sprecher des Bundesinstituts für Risikobewertung, Jürgen Thier-Kundke.

Essenslieferant weist Vorwürfe zurück

Der Essenslieferant Sodexo wehrte sich unterdessen gegen die Vorwürfe, dass verunreinigtes oder verdorbenes Essen die Krankheitsfälle hervorgerufen haben könnte. "Weniger als fünf Prozent der insgesamt von uns belieferten Schulen sind von den Erkrankungen betroffen", sagte ein Unternehmenssprecher auf dapd-Anfrage. Es gebe keinen Beleg für einen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und den Essenslieferungen. Das Unternehmen hatte nach Bekanntwerden der Fälle die Hygienemaßnahmen verstärkt.

Der Landeselternausschuss in Berlin forderte eine Abkehr von Großküchen in Bildungseinrichtungen. Zudem sollte das Schulessen durch Schule und Eltern mehr kontrolliert werden. "Wir müssen weg von der Großküche. Die Zukunft des Schulessens liegt bei kleinen und mittelständischen Unternehmen", sagte der Vorsitzende Günter Peiritsch. Nur so sei eine schulnahe und bessere regionale Versorgung gewährleistet.

Die AG Schulessen des Landeselternausschusses forderte eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls. Preisdruck und eine mangelnde Kontrolle seien der Nährboden für solche Vorfälle.

(APD)
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