Serie: Große Marken Nur echt mit 52 Zähnen

Hannover (RP). Der hannoversche Gebäckhersteller Bahlsen hat den "Cakes" nach Deutschland gebracht. Der Leibniz-Keks entstand vor 100 Jahren und gehörte zu den ersten deutschen Marken.

Ein hellbraun, mürber Teig, rechteckige Form und garantiert mit 52 Zähnen. So sieht ein Leibniz-Keks aus. Für viele ist das Gebäck aus dem Hause Bahlsen der Inbegriff für einen Keks. So wie die Coca-Cola bei der Cola. Das hat einen schlichten Grund: Der Leibniz-Keks war der erste Keks, den es in Deutschland überhaupt gab. Die Markenbekanntheit von Leibniz liegt heute bei 100 Prozent.

Die Anfänge des Butterkekses reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Der hannoversche Handelsreisende Hermann Bahlsen hatte auf einer Reise nach England kleines, fabrikgefertiges Teegebäck kennengelernt und eine Marktlücke ausgemacht. Denn hierzulande war solches Gebäck noch völlig unbekannt. Bahlsen kaufte eine Bäckerei und brachte 1891 den Butterkeks in Deutschland auf den Markt. Als Namen übernahm er das englische Cakes, obwohl das eigentlich Kuchen heißt. 1911 machte Bahlsen aus seinem Cakes schließlich den Keks.

Duden wollte "Knusperchen"

Der Begriff setzte sich durch. Beim Duden-Verlag protestierte man gegen den Anglizismus jedoch aufs Heftigste und rief sogar einen Wettbewerb ins Leben, um einen anderen Namen zu finden. Sieger unter 4000 Einsendungen war das Wort "Knusperchen". Doch für die Deutschen blieb es weiter der Keks. 1919 lenkte der Duden-Verlag ein und nahm den Keks offiziell in sein Nachschlagewerk auf.

Der Name Leibniz geht derweil auf Gottfried Wilhelm Leibniz zurück - einen Gelehrten, der im 17. Jahrhundert in Bahlsens Heimatstadt lebte und unter anderem die Rechenmaschine und das Zwieback erfand. Ende des 19. Jahrhunderts war es eben Mode, Produkte nach großen Persönlichkeiten zu benennen. Mozartkugel und Schillerlocke lassen grüßen.

Der Leibniz-Keks wurde nicht zuletzt dank seiner staub- und feuchtigkeitsfesten Verpackung zum Absatzrenner. Zuvor wurde Gebäck nur frisch in Kisten gelagert. Der Butterkeks aber war haltbar, ideal für zwischendurch und auf Reisen. Das erkannte auch Fabrikant Bahlsen. Bereits 1898 warb er auf großen Leuchtreklamen mit dem Slogan: "Was isst die Menschheit unterwegs? Na selbstverständlich Leibniz-Cakes!"

Hermann Bahlsen erkannte aber nicht nur das große Marktpotenzial, er war auch einer der ersten in Deutschland, der besonderen Wert auf den Markenauftritt legte. So beauftragte er einen Grafiker, ein unverwechselbares Warenzeichen zu erstellen. In Anlehnung an die ägyptische Hieroglyphe "dsched", vereinfacht zu TET, die so viel wie "ewig dauernd" bedeutet, entstand das rote TET-Zeichen, das fortan die Keks-Packungen zierte. 1928 wurde es durch den Schriftzug Bahlsen ergänzt.

Unter der Dachmarke Bahlsen entstand schnell eine große Produktfamilie mit Klassikern wie den Plätzchen "Ohne Gleichen (1900), dem "ABC Russisch Brot" (1904), den Salzletten (1935) und den Erdnussflips (1963). Auch die Leibniz-Familie wuchs, die Zootiere kamen hinzu, später Vollkorn und Schoko.

Eine Kehrtwende in der Markenführung erfolgte in den 90er Jahren. Im Zuge einer Firmenteilung fiel das Snack-Geschäft weg. Es firmiert heute unter dem Namen Lorenz-Snacks. 2002 wurde zudem Leibniz als Marke aufgewertet: Bahlsen ist seitdem die Marke für feines Gebäck, Leibniz für alles rund um den Keks. "Bahlsen steht für Genuss und Verwöhnen", erklärt Bernd Michael, langjähriger Chef der Düsseldorfer Werbeagentur Grey, "Leibniz für Nahrung und ist eher funktional, eben die kleine Mahlzeit unterwegs." So wie vor 100 Jahren.

Mit "Pick-Up" schafften es die Hannoveraner Ende der 90er Jahre sogar, sich im Markt für Riegel zu etablieren und auch Jüngere wieder stärker an die Marke zu binden. "Leibniz ist jung geblieben", lobt Michael. Und das mit einem seit hundert Jahren gleich gebliebenen Produkt.

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