Vereinfachungsgesetz für Hartz IV Ministerin Schwesig will Alleinerziehenden helfen

Berlin · Das Vereinfachungsgesetz für Hartz-IV droht, Trennungskinder schlechter zu stellen. Manuela Schwesig sieht Handlungsbedarf.

Manuela Schwesig – SPD-Frau und Ministerpräsidentin von MV
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Foto: dpa/Jens Büttner

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat davor gewarnt, dass durch das geplante Gesetz zur Vereinfachung von Hartz-IV-Regeln Alleinerziehende und ihre Kinder schlechter gestellt werden könnten. "Wichtig bei einer neuen Regelung im SGB II ist, dass diese nicht zu Lasten jener geht, die alleinerziehend sind", sagte Schwesig unserer Redaktion.

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Foto: dpa, Oliver Berg

Damit reagiert die Familienministerin auf einen Gesetzentwurf ihrer Parteifreundin Andrea Nahles. Die Arbeitsministerin hat ein umfangreiches Regelwerk vorgelegt, das für Jobcenter und Hartz-IV-Bezieher den bürokratischen Aufwand verringern soll. In dem Gesetzentwurf findet sich allerdings auch eine gesetzliche Neuregelung zur Aufteilung des Sozialgeldes zwischen getrennt lebenden Eltern, die für Wirbel sorgt.

Fachwelt ist empört

Alleinerziehende, die Hartz IV beziehen, sollen für jeden Tag, den das Kind beim Ex verbringt, eine Kürzung ihrer monatlichen Bezüge hinnehmen. Das sind neun Euro für Sechs- bis 14-Jährige 10,20 Euro für 14- bis 18-Jährige. Dies soll auch dann gelten, wenn der andere Elternteil nicht auf Hartz-IV angewiesen ist.

Die Fachwelt ist empört. So sieht der Juristinnenbund die Gefahr, dass durch die Regelung, die ohnehin oft schwierigen Absprachen zwischen Eltern, wann Kinder wie viel Zeit bei Mutter oder Vater verbringen, durch "mögliche finanzielle Härten" noch schwieriger werden könnten. Auch Schwesig will das Prinzip der gemeinsamen Erziehungsverantwortung für getrennt lebende Eltern aufrechterhalten. "Es ist gut, wenn sich beide Elternteile gemeinsam um die Kinder kümmern. Auch, wenn sie getrennt leben", betonte die Ministerin. Der Verband der alleinerziehenden Mütter hält grundsätzlich einen erhöhten Regelsatz für notwendig, wenn Kinder mal beim Vater und mal bei der Mutter sind. Der Verband forderte einen "Umgangskinder-Mehrbedarf" für Alleinerziehende.

Die Vorsitzende des Arbeitsausschusses im Bundestag, Kerstin Griese (SPD), widerspricht den Kritikern, die durch die geplante Neuregelung eine Verschlechterung für Alleinerziehende fürchten. Sie verweist darauf, dass der Abzug des Sozialgeldes bei der Mutter schon heute geltendes Recht sei, wenn das Kind den Tag beim Vater verbringt. "Das Gesetz enthält nur eine Vereinfachung", betonte Griese. Bislang seien Bescheide von bis zu 60 Seiten geschrieben worden. Nun müssten die Eltern nur noch übereinstimmende Erklärungen abgeben, wie viele Tage sich das Kind beim wem aufhalte. Auch Unionsfraktionsvize Sabine Weiss (CDU) beteuert, es gebe keine Kürzung, sondern nur eine einfachere Aufteilung der Regelsätze zwischen den Eltern.

Manuela Schwesig fürchtet Einbußen für Alleinerziehende

Trotz der bisherigen Regelung sieht die Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner, Nachteile für die Alleinerziehenden durch das geplante Gesetz: "Faktisch bringt das Gesetz eine Verschlechterung für Alleinerziehende", sagte sie. Zwar könnten die Ämter auch heute schon den Alleinerziehenden den Regelsatz für das Kind kürzen, wenn es den Tag nicht zu Hause verbracht habe. "Dies ist aber nicht überall geschehen. Wenn dies nun Bundesgesetz wird, wird ein Teil der Alleinerziehenden schlechter gestellt", sagte Dörner. Die Grünen-Politikerin betont, wenn ein Kind, das bei der Mutter lebe, das Wochenende beim Vater verbringe, entstehe dort ein Mehrbedarf, bei der Mutter aber nicht ein geringerer Bedarf.

Auch Familienministerin Schwesig fürchtet Einbußen für Alleinerziehende: "Wir müssen uns genau anschauen, ob hier Mehrbedarfe bestehen", sagte sie. Dies werde vor dem Hintergrund der Anpassung der Regelsätze passieren, betonte Schwesig.

Die Hartz-IV-Regelsätze müssen jährlich angepasst werden. Die Bundesregierung hätte also die Möglichkeit, im September einen "Mehrbedarf" für Alleinerziehende festzustellen. Die übliche Anpassung des Regelsatzes hängt zu 70 Prozent von der Preisentwicklung und zu 30 Prozent von der Nettolohnentwicklung ab.

Während bei den Hartz-IV-Beziehern genau zwischen Mutter und Vater abgerechnet werden kann, gilt dies bei getrennt lebenden Eltern, die ihren Lebensunterhalt alleine verdienen, nicht. Diese Eltern müssen sich über die Lastenverteilung einigen oder den Klageweg beschreiten. Es wäre nicht praktikabel, sagt Weiss, dies über Unterhaltsverpflichtungen zu regeln.

(qua)
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