Düsseldorf "Gregs Tagebuch" bleibt ein Magnet für Jungen

Düsseldorf · Die 9. Folge des Comic-Romans führt die Bestsellerliste an und zählt zum Kanon der Gegenwartsliteratur.

Das Einzige, was an "Gregs Tagebuch" keinen mehr überrascht, ist sein Erfolg: Die jetzt erschienene neunte Folge war im Dezember - laut "Buchreport" - das meistverkaufte Buch bei uns und steht folglich auch auf Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste. Und das ist mehr als nur der Zwischenstand aus dem Literaturbetrieb. Weil die mehr oder weniger geheimen Tagebuchaufzeichnungen des vorpubertären Greg allein durch seine riesige Leserschaft zum Kanon der Gegenwartsliteratur gehören. Bei über 120 Millionen Exemplaren liegt die Gesamtauflage, die den Autor Jeff Kinney unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt hievte - wie das "Time Magazin" ermittelte.

Wie schon bei Joanne K. Rowling gehört zur Weltbestseller-Garnitur auch eine kleine Legende um den Autor dazu. So hat Kinney während seines Studiums an der Universität in Maryland Comics für die Campus-Zeitung gezeichnet. Die Figur seiner Cartoons hieß damals Igdoof, die sich gelegentlich gerne selbst zeichnete. Diese Figur sah dann so aus wie Greg heute. Unser Held hat dafür das Tagebuch (ein eher peinliches Geschenk seiner Mutter), in dem er sich selbst zeichnet und sein zumindest für ihn heldenhaftes Leben beschreibt. Das ist die Welt eines vorpubertären Jungen, der genervt ist vom älteren Bruder Rodrick und neidisch ist auf den jüngeren namens Manni, den Greg so mickrig zeichnet, als gäbe es ihn am liebsten überhaupt nicht.

Das Spektakuläre der Geschichten ist der Alltag, wie er alltäglicher kaum sein kann und er deshalb auch in uns so viele Mitwisser kennt. So auch im neunten Tagebuch, das "Böse Falle!" heißt und eine Art Roadtrip der Familie beschreibt. Weil das üppige Gepäck nicht in den Wagen passt, wird als fahrbarer Stauraum das alte Motorboot drangehängt, was dennoch die Probleme nicht löst, da auf einem Bauernmarkt Rodrick nicht nur beim fiesesten Stinkschuh-Wettbewerb siegt, sondern der kleine Manni auch noch ein Ferkel gewinnt. Schlüssel werden verloren, furchtbare Nächte in furchtbaren Motels verbracht, und außerdem muss sich die Familie des Bildungseifers von Mom irgendwie erwehren.

Das alles sind Kleinigkeiten, aber alle sind schwierig und im Leben des Jungen auch wahr. "Wenn ihr mich fragt, sind elektronische Spiele der Schlüssel zu einer glücklichen Familie", sinniert Greg wohl auch im Sinne seines Schöpfers. Schließlich war Jeff Kinney lange Zeit Videospiele-Entwickler. Jetzt tüftelt er an Gregs Tagebüchern, für die er nach eigenem Bekunden 350 Pointen braucht; und an jeder soll er bis zu fünf Stunden arbeiten.

Wie auch immer: Gregs Tagebücher sind klug und echt und für Jungen offenbar das, was der "Fänger im Roggen" für etwas Ältere gewesen ist: ein Spiegel ihres Lebens, ihrer Gefühle und Ängste. Auch darum gehört zur treuen Fangemeinde die lesefaulste Gruppe - die der zehn bis zwölfjährigen Jungen. Für die ist Greg kein Welterklärer, sondern ein guter Kumpel.

Info J. Kinney: "Gregs Tagebuch 9 - Böse Falle!". Baumhaus, 228 Seiten, 13,99 Euro

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort