Oberhausen Im Theater Oberhausen haben die Helden zu viel Zeit

Oberhausen · Als die fünf (Anti-)Helden aus Frank Goosens Roman "So viel Zeit" mit ihrer Hardrockband auf einer Ü-30-Party spielen, gibt es ein Problem: Sie nehmen den Auftritt nicht ernst, machen Fehler, die Stimmung ist mau. Stoney, ihr Bühnentechniker, muss sie belehren: "Mehr Demut! Ihr müsst immer an euch arbeiten!" Peter Carp, der Intendant des Theaters Oberhausen, hat jetzt eine Bühnenfassung des Romans inszeniert, die Schwester Stefanie Carp geschrieben hat. Ein Roman von Frank Goosen auf einer Ruhrgebietsbühne, dazu einer, der viele Identifikationsangebote für Endvierziger bietet, die sich zuhause zu langweilen beginnen - das muss doch ein Publikumserfolg werden.

Doch Peter Carp gibt seinen Schauspielern zu viel Zeit, um ihre Figuren und deren Lebenssituationen zu erklären. Im Erzählmodus des Romans stehen sie an der Rampe und räsonieren über ihr bürgerliches Leben als Oberstudienrat, Steuerberater oder Onkologe.

Frank Goosen, der die Handlung in seiner Heimatstadt Bochum spielen lässt, hat sich auch ein zweites Ich geschaffen: den Schriftsteller Thomas, dessen Karriere nach einem erfolgreichen Debüt genauso durchhängt wie seine Beziehung zu einer wesentlich jüngeren Frau. Mit dem ersten Auftritt kommt der nach Berlin ausgewanderte Schulfreund Ole mit ins Spiel, dargestellt von Jürgen Sarkiss. Er ist nicht nur ein starker Sänger der großartigen Bühnenband um Gitarrist Peter Engelhardt. Mit dem hängengeblieben Alt-Kommunisten zwängt er sich zudem ins Muskelshirt der einzig wirklich interessanten Figur, einer zerrissenen mit Geheimnis, und gibt dem Spiel Tiefe und Fallhöhe.

Letztlich jedoch ist Goosens Geschichte vorhersehbar und nicht wirklich bühnenreif. Die beschauliche Inszenierung verleiht ihr weder Dringlichkeit noch Tempo.

(RP)
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