Trennungsangst und Dauer-Bellen? Mit diesen Tipps klappt das Alleinsein Ihres Hundes

Düsseldorf · Wenn Hunde ohne Pause bellen oder die Wohnung verwüsten, sobald sie allein sind, kann das viele Ursachen haben: von Langeweile bis zu Panik. Experten erklären, was gegen Trennungsangst hilft.

Ein Hund schläft auf einem Sofa.

Ein Hund schläft auf einem Sofa.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Hundehalter kennen das ungute Gefühl, wenn man nach Hause kommt und die Tür öffnet: Was erwartet mich dieses Mal? Hat der Hund womöglich Kissen zerstört und sein Geschäft im Flur hinterlassen? Beschweren sich gleich wieder die Nachbarn über stundenlanges Kläffen?

Der Mensch fühlt sich angesichts des weitreichenden Dramas oft ohnmächtig. Doch das ist er nicht, denn wie so oft ist der Halter beteiligt an der Misere. Viele Menschen verstärken mit ihrem eigenen Verhalten die Unsicherheit ihres Tieres und damit auch dessen Furcht beim Alleinsein. Denn nichts anderes ist es, wenn Hunde sich so betragen: Trennungsangst. Oder, wie Experten es inzwischen bezeichnen: Trennungsstress.

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Foto: dpa/Monika Skolimowska

Was auch immer dieses Verhalten auslöst, eines ist es auf keinen Fall: Rache. „Es hat nichts damit zu tun, dass der Hund sauer ist oder seinen Besitzer ärgern will, weil er allein gelassen wurde“, sagt Patricia Lösche, Vorsitzende des Berufsverbandes für Tierverhaltensberater und -trainer (VDTT). Eher handelt es sich um eine beginnende oder schon manifeste Angststörung, mit ganz unterschiedlichen Ursachen.

Dass ein Hund nicht gern allein ist, liegt zunächst einmal in seiner Natur: Für Hunde ist es wie für Wölfe völlig normal, in einer sozialen Gemeinschaft zu leben. „Sie verstehen nicht, warum das Rudel ohne sie loszieht. Soziale Gemeinschaften haben sich entwickelt, weil sie Sicherheit vermitteln. Verlassen zu werden, stellt für die Zurückgelassenen eine potenzielle Bedrohung dar und macht deshalb Angst“, so Lösche. Länger als vier Stunden, so betont die Verhaltenstherapeutin, sollte ein Hund im Normalfall nicht allein sein. Für Angsthunde könnten allerdings schon vier Sekunden eine Herausforderung sein.

„Das Entscheidende ist: Der Hund hat keine Kontrolle mehr über die Situation. Er hat keine Indikatoren für das, was kommen wird“, erklärt Expertin Lösche. Denn so wenig wie ein Baby oder Kleinkind versteht auch er nicht, wenn es heißt: „Keine Sorge, ich bin gleich wieder zurück!“ Das muss er erst lernen.

Wie Menschen, die sich schneller oder eben langsamer fürchten, geht es auch Hunden. Ihre Ängstlichkeit hängt auch von der Persönlichkeit ab. Weniger mutige Hunde brauchen grundsätzlich mehr Stabilität, um sich gut zu fühlen. „Wenn solche Hunde allein sind, löst das Stress bei ihnen aus, weil sie unsicher sind“, sagt Kristina Ziemer-Falke, die mit ihrem Mann Jörg ein Buch über Trennungsstress bei Hunden („Entspannt allein“) geschrieben hat.

Aus ihrer Erfahrung als Hundetrainerin und Verhaltensberaterin weiß sie, dass Angstzustände auch angelernt sein können. „Viel passiert über Stimmungswechsel“, sagt Ziemer-Falke. „Oft reicht es schon aus, dass der Halter ein schlechtes Gewissen hat oder sich Sorgen macht. Dann merkt der Hund, dass die Stimmung nicht mehr gut ist und reagiert darauf.“

Anders ist es, wenn Hunde keine wirkliche Angststörung haben, sondern schlichtweg Langeweile: „Dann suchen sie sich einfach ein anderes Hobby, wenn sie acht Stunden allein in der Wohnung verbringen müssen“, sagt die Ausbilderin.

Deshalb ist bei der Suche nach einer Lösung der wichtigste Schritt immer, zunächst die Ursache für das Verhalten der Hunde zu erkennen. „Man muss sich fragen, welches Gefühl steckt dahinter. Das muss man ernst nehmen“, so Ziemer-Falke. Auch Patricia Lösche appelliert, „sehr feinfühlig“ zu schauen, welche Persönlichkeit der Vierbeiner hat, wie er auf eine neue Lage reagiert und wie ich es schaffen kann, dass er sich sicher fühlt. „Denn das ist das entscheidende Stichwort: dem Hund Sicherheit geben.“

Besonders einfach haben es Halter, die ihren Hund als Welpen von einem gewissenhaften Züchter erhalten haben, wo er bereits gut sozialisiert wurde. Für den Kleinen ist es dann völlig normal, dass er auch mal allein ist, dass die Geschwister oder Mutter mal kurz verschwinden.

Diese Ruhe kann man weiter stärken: „Ich muss bei einem Welpen nicht 24/7 daneben sitzen und Pfötchen halten“, so Lösche. Man müsse auch keinen großen Wind darum machen, dass auch mal eine Tür hinter einem zugeht. „Denn es ist nichts Ungewöhnliches, dass der Hund nicht überall dabei ist“, so Lösche.

Bei einem erwachsenen Hund, der Trennung nicht schrittweise gelernt hat, kann es aber schwieriger sein. Das merken diejenigen, die sich zu Corona-Zeiten einen Hund gekauft haben und ihn nach dem Homeoffice plötzlich allein lassen mussten.

Die Verhaltenstherapeutin rät deshalb dazu, auch bei der Arbeit zu Hause schon für eine „Normalität der Distanz“ zu sorgen. „Das heißt, solange ich am Schreibtisch bin, bleibt er vor der Bürotür liegen. Und wenn ich keinen getrennten Raum habe, schicke ich ihn auf die Decke und beachte ihn während ich arbeite dort nicht“, so Lösche.

Falsch wäre es, ihn immer wieder zu streicheln, ihm Leckerchen zu geben oder mit ihm zu spielen. Patricia Lösche plädiert für eine „Routine des gelegentlichen Nichtbeachtenwerdens“. Hunde, die das normal finden und die Sicherheit haben, dass dies ein vorübergehender Zustand ist, können auch leichter entspannt allein bleiben.

Und schließlich spielt auch die Abschiedssituation beim Verlassen der Wohnung eine Rolle, betont Kristina Ziemer-Falke. Weil auch Auslöser wie Schuhe-Anziehen oder Zum-Schlüssel-Greifen für Anspannung sorgen können, sollte man diese Gesten immer wieder üben, um den Hund an diesen Reiz zu gewöhnen. Ganz konkret: Mindestens zehnmal am Tag wiederholen, aus der Tür zu gehen, diese schließen und wieder hereinkommen. Am Anfang sollte man das Tier nur wenige Sekunden allein lassen – und diese Zeitintervalle dann Schritt für Schritt steigern.

Grundsätzlich lohnt es sich, mit viel Geduld und Verständnis auf den Stress des Hundes zu reagieren und Entspannungsverhalten zu trainieren. Denn irgendwann können auch diese Hunde lernen, so Patricia Lösche, „dass das Weggehen des Besitzers immer auch die Garantie des Wiederkommens hat“.

(mba/dpa)
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