Ostsee Mit dem Truppenfahrzeug über Rügen

Der Fremdenführer Volker Barthmann lässt Gäste auf ungewöhnliche Weise in die Geschichte der Ostseeinsel eintauchen - und nebenbei Heilkreide und Sanddorn entdecken.

Rügen - im Sommer entdecken
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Foto: dpa, ah

Matsch. Der Weg besteht nur noch aus tiefem, aufgewühltem Matsch. Direkt daneben stehen zwar noch Bäume und Büsche, doch sind diese umgeben von Tümpeln und Moor. "Hier geht es doch nicht weiter", würden an dieser Stelle wohl die meisten Menschen sagen. Volker Barthmann lacht nur und freut sich diebisch über die entsetzten Mienen seiner Fahrgäste. Während der Dieselmotor vor sich hin tuckert, schaltet er um auf Allradantrieb - und dann geht die wilde Fahrt los.

Hoch und runter, von einer zur anderen Seite werden die Beifahrer geschüttelt. Wer sich jetzt nicht festhält, landet auf dem Hosenboden. Denn es ist kein gewöhnliches Auto, das Volker Barthmann über den unebenen Boden steuert, sondern ein Oldtimer, eine echte Rarität.

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Foto: shutterstock/ papillondream

Seit vielen Jahren sammelt und restauriert Volker Barthmann alte Gruppenkraftwagen von Hanomag vom Typ GruKw A-L 28 II. "Inzwischen habe ich 20 dieser Hanomags beisammen. Irgendwann möchte ich alle haben, die es noch gibt", erzählt Barthmann. In den 50er und 60er Jahren wurden die Fahrzeuge gebaut und vom Bundesgrenzschutz und der Bereitschaftspolizei als Truppenfahrzeuge genutzt. Inzwischen sind sie zur absoluten Rarität geworden und ziehen alle Blicke auf sich, wenn sie über Rügen donnern. Denn Barthmann, der 1998 aus seinem alten Leben ausbrach und sich auf Rügen selbständig machte, transportiert seitdem mit den alten Truppenfahrzeugen Touristen über die Insel. Sein Ziel: Die Urlauber an Stellen bringen, an die sie normalerweise nicht kommen würden.

Wie etwa an diesem Tag, als es über den matschigen Weg geht. Das Ziel: ein Opferstein. Der liegt auf einer kleinen Anhöhe am Waldrand und ist seit Jahrhunderten Anlaufstelle der Rügener, die hier um Beistand der Götter baten oder, wie Barthmann erzählt, dort auch Opfer für die Götter brachten. Auch die urigen Wälder im Jasmunder Nationalpark, die berühmte Kreideküste Rügens sowie Großsteingräber und Kreideseen lasen sich mit Volker Barthmann erkunden, garniert mit vielen Geschichten über die Insel und ihre Besiedelung - und gerne auch mit dem ein oder anderen alkoholischen Getränk. Ob Met aus Kuhhörnern oder einem Glas Sanddornpunsch - so hält Barthmann seine Gäste warm, wenn die Heizung seiner Truppenfahrzeuge nicht funktioniert. Der Sanddorn begegnet Gästen an vielen Stellen der Insel. Auf ihn sind die Inselbewohner inzwischen fast so stolz wie auf die anderen beiden Inselschätze: Bernstein und Kreide.

Sanddorn wird sowohl in der Gastronomie als auch in der Kosmetik verwendet. Denn aus ihm lassen sich wahre Köstlichkeiten herstellen, neben Punsch, Tee und Saft verwenden ihn zahlreiche Restaurants auf der Insel. So ist die Sanddorn-Karotten-Suppe in der Brasserie Loev, mitten in der Fußgängerzone von Binz gelegen, ein absolutes Gedicht. Auch Desserts und Fischgerichte lassen sich mit Sanddorn verfeinern. Vom eigentlich etwas eigenwilligen Geschmack des Sanddorns ist so nichts mehr zu spüren.

Heike Reetz vom Reformhaus Casa Verde in Binz schwärmt noch aus einem weiteren Grund für die orangefarbenen Beeren, die jeden Herbst bis in den Dezember hinein prächtig an Rügens Küsten gedeihen. Denn Sanddorn ist eine wahre Vitaminbombe, er hat mehr Vitamin C als Zitronen. Hinzu kommen zahlreiche Mineralstoffe. "Man kann den Sanddorn wunderbar mit Äpfeln und Möhren kombinieren und daraus Säfte machen", sagt Heike Reetz. Aber auch in Porridge, Salatdressings oder Ölen lassen sich die Beeren gut nutzen.

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Foto: Shutterstock.com/ Frank Wasserfuehrer

Hinzu kommt die Verwendung in der Kosmetik. Heike Reetz empfiehlt Sanddorn in Kombination mit einem weiteren Rügener Produkt - der Heilkreide. Denn das Reinigen und Eincremen der Haut oder Packungen verbessern die Haut nicht nur spürbar und machen sie weicher. Auch Hautkrankheiten wie Schuppenflechte oder Neurodermitis werden durch die entzündungshemmenden Wirkstoffe der Kreide vermindert. Zahlreiche Hotels in Binz bieten Wellnessbehandlungen mit der Heilkreide an.

Die Kreide entstand vor rund 70 Millionen aus den kalkigen Überresten verschiedener Meeresorganismen. Durch Aufschlämmen, Trennen von ungewünschten Bestandteilen wie etwa Flintsteinen und Trocknung wird daraus die Heilkreide hergestellt. Abgebaut wird sie im Tagebau Promoisel auf der Halbinsel Jasmund. Wie ein stillgelegtes Kreidewerk aussieht, zeigt Volker Barthmann auch seinen Gästen. Aus einer ehemaligen Abbaufläche ist inzwischen aus Regenwasser ein riesiger See entstanden. Still liegt er da. An seinem Rand wachsen Sanddornbüsche. Während die Gäste die Aussicht genießen, reicht Barthmann ihnen einen Sanddornlikör.

Die Redaktion wurde von der Kurverwaltung Ostseebad Binz zu der Reise eingeladen.

(RP)
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