70 Jahre RP Der allererste Leser

In der Druckerei läuft fast alles digital. Roboter bringen das Papier und Daniel Koch überwacht 600.000 Zeitungen an vier Bildschirmen. Er ist unser allererster Leser.

 Drucker Daniel Koch überwacht die Rotation der Rheinischen Post in Düsseldorf-Heerdt.

Drucker Daniel Koch überwacht die Rotation der Rheinischen Post in Düsseldorf-Heerdt.

Foto: Endermann, Andreas

Daniel Koch ist der erste, der die Rheinische Post aufschlägt. Dann ist es jedoch nicht früh am Morgen, sondern später Abend, und an den neuesten Nachrichten ist der 42-Jährige gar nicht sonderlich interessiert.

Wenn Koch und seine Kollegen die Zeitung in die Finger bekommen, geht es ihnen fast ausschließlich um Farben. Erst wenige Minuten ist die Ausgabe dann alt, buchstäblich druckfrisch. Denn Koch ist Drucker und sorgt dafür, dass die digitale Version der Rheinischen Post zu Papier gebracht wird.

Im Druckzentrum der Rheinisch-Bergischen Druckerei (RBD) an der Zentralredaktion in Düsseldorf-Heerdt entstehen alle Ausgaben der Rheinischen Post und der "Westdeutschen Zeitung", des "Remscheider Generalanzeigers" sowie des "Solinger Tageblatts" - rund 600.000 Exemplare.

Dazu kommen 3,3 Millionen Anzeigenblätter und Magazine sowie diverse Werbedruckaufträge für private Kunden. Nur selten stehen die Maschinen still. Tagsüber werden die Beilagen gedruckt, nachts sind die aktuellen Zeitungen an der Reihe, alles eng getaktet.

70 Mitarbeiter sind in der Rotation beschäftigt. Der Name der Abteilung erklärt sich auf den ersten Blick: In Drucktürmen läuft das Papier von der Rolle hoch und runter durch die Maschine. Nach dem Druck wird es ebenfalls maschinell geschnitten und gefaltet. Die fertigen Zeitungen laufen - einzeln an einer Klammer hängend - über ein Band in den Versand.

Koch, der seit 16 Jahren für die RBD arbeitet, hat in dieser Nacht seit 21 Uhr Dienst. Die ersten Seiten sind bereits digital angekommen, ab etwa 21.15 Uhr laufen die ersten Maschinen. Koch legt die Druckplatten per Hand ein, für jede Seite vier Stück. Bis zu 3500 werden davon pro Tag verwendet, eine Million pro Jahr. 45.000 Tonnen Papier verbraucht die Druckerei jährlich - ausgerollt etwa 900.000 Kilometer.

Der Beruf des Druckers hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Bis in die 80er Jahre hinein schrieben Redakteure ihre Artikel auf der Schreibmaschine. Setzer gossen Zeile für Zeile in Blei und setzten die Artikel, Bilder und Überschriften auf einer Metallplatte zusammen. Bei Daniel Koch läuft heute fast alles digital. Auf vier Bildschirmen überwacht er den Prozess, Roboter bringen die Papierrollen aus dem Lager.

Alle paar Sekunden drückt der Drucker auf einen Knopf, und eine der gerade fertiggedruckten Zeitungen rutscht durch eine Luke auf seinen Tisch. "Es ist ein ständiges Überwachen", sagt er. "Es kann ja immer was passieren." Dass zu viel Wasser dazugegeben wird und die Rolle reißt, beispielsweise, oder dass zu wenig Wasser einfließt. "Dann wird die Zeitung nicht mehr freigespült und ist schwarz", sagt Koch.

Bis vor wenigen Monaten sorgte er per Knopfdruck dafür, dass die Farbmischung stimmt. Er ließ hier ein bisschen Blau zufließen und nahm dort etwas Rot weg. Inzwischen wird auch die Farbüberwachung durch ein Computerprogramm geregelt. 874 Zeitungen lässt das in dieser Nacht an Kochs Maschine drucken, bis die Farbwahl stimmt. Durch die Digitalisierung sei die Arbeit der Drucker allerdings nicht weniger geworden, erzählt Kochs Kollege Torsten Wehner (38): "Nur anders."

Morgens gegen drei Uhr ist Kochs Schicht vorbei, alle Ausgaben der RP sind gedruckt. Während der Drucker sich auf den Heimweg macht, verlassen die ersten Zeitungen bereits die Druckerei: zu den Abo-Lesern nach Hause, zum Flughafen oder an den Kiosk.

(RP)
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