Vermögensbetreuung Die Profis für unberechenbare Zeiten

Vermögende Familien schätzen die Betreuung durch ein Family Office. Diese Dienstleistung lebt vom Vertrauen - gerade heute, in Zeiten, die zunehmend unberechenbar sind. Diese Zeiten fordern indes auch die Finanzprofis heraus.

 Piloten von Verkehrsflugzeugen müssen hochtechnisierte, komplizierte Abläufe steuern. Damit durchaus vergleichbar sind die Aufgaben, die Family Offices zu bewältigen haben. Sie betreuen vermögende Familien, wählen für sie die Vermögensverwalter und andere Experten aus und kontrollieren deren Arbeit.

Piloten von Verkehrsflugzeugen müssen hochtechnisierte, komplizierte Abläufe steuern. Damit durchaus vergleichbar sind die Aufgaben, die Family Offices zu bewältigen haben. Sie betreuen vermögende Familien, wählen für sie die Vermögensverwalter und andere Experten aus und kontrollieren deren Arbeit.

Foto: Thinkstock/Tuned_In

Wer Nachrichten und Börsenkommentare liest, hört immer wieder heraus: Selbst Marktprofis wissen oft nicht, wohin die Reise geht. Das Wahlergebnis in den Vereinigten Staaten hat die Verunsicherung an den Märkten und in der Politik noch erhöht. Vermögende Menschen leiden darunter nicht etwa weniger als die Durchschnittsbevölkerung, eher noch mehr. Denn sie haben ja in der Tat einiges zu verlieren.

Umso ernster stellen sie sich die Frage: Wer sind die richtigen Berater? Sehr vermögende Familien greifen hier gerne auf Family Offices zurück. Diese spezialisierten Dienstleister beraten bei der Vermögensaufstellung, suchen die Vermögensverwalter aus und kontrollieren deren Arbeit. Einige haben Spezialkenntnisse etwa im Steuerrecht, andere verstehen sich als Generalisten, die auf ein Netzwerk von Experten zurückgreifen.

Was genau ist ein Family Office? Worauf sollten Vermögende bei der Auswahl achten? Und wie stellt sich die Branche derzeit selbst dar? All dies sind Fragen und Themen, mit denen sich Spezialisten aus dem Segment beim RP-Finanzforum "Family Offices" befasst haben. Eines der spannendsten Resultate: Family Offices begleiten die Familien durch die Unsicherheit, doch auch sie müssen sich zunächst mit vielen neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Niemand hat eine Glaskugel, die die Zukunft verrät.

 Im Museum Folkwang Essen tauschten sich die Finanz- und Vermögensexperten beim RP-Finanzforum "Family Offices" über Branchenthemen und Kundenwünsche aus.

Im Museum Folkwang Essen tauschten sich die Finanz- und Vermögensexperten beim RP-Finanzforum "Family Offices" über Branchenthemen und Kundenwünsche aus.

Foto: Alois Müller

Doch echte Profis sind erfahrene Risikomanager. Denn darum geht es heute: Vermögensmanagement umfasst den kalkulierten Umgang mit den Risiken, denen sich auch Anleger stellen müssen. Risikolos lässt sich Vermögen heute nicht mehr verwalten, sichere und gute Zinsen gibt es nicht mehr. Vermögende Menschen fühlen sich da in einem zweistufigen System gut aufgehoben, in dem sie auf der ersten Ebene die Berater an ihrer Seite wissen, die die Anlagespezialisten auf der nächsten Ebene aussuchen und überwachen.

All das ist und bleibt ein Geschäft auf Vertrauensbasis. "Vertrauen ist der wichtigste Punkt", betont denn auch Thomas Holler (Rhein Asset Management) beim RP-Forum. "Vertrauen entsteht aber nur, wenn man bei Problemlösungen einen Mehrwert bieten kann", fügt Dr. Maximilian A. Werkmüller (Lohr + Company) hinzu.

Hier sind die Profis gefordert: "Vertrauen ist etwas, das man sich verdienen muss", merkt Armin Eiche (Pictet) an. Wichtig sei dabei, für den Kunden maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, statt Standardlösungen anzubieten. "Wir sollten in der Beratung nicht gleich mit Lösungen beginnen", ist auch Dr. Christian Meeder (Meeder & Seifer) überzeugt. Das Koordinatensystem habe sich komplett geändert, "wir stochern alle im Nebel und müssen offen sein für neue Wege".

Das Ganze ist kein Massengeschäft von der Stange. Vor den aktuellen Hintergründen sei die Individualität auch in der Betreuung von Familien wichtig, fasst Dr. Thomas Rüschen (Deutsche Oppenheim) zusammen. "Berater und Kunde müssen zusammenpassen."

Dies sei insbesondere im Blick auf Generationenunterschiede wichtig, meint Philipp Claussen (PricewaterhouseCoopers): "Der Kunde wünscht, dass der Berater zu ihm passt." Für die nachwachsende Generation brauche man daher auch jüngere Berater, so dass die Chemie stimme. "Darauf müssen wir eingehen können und bei der Zusammensetzung von Beraterteams auf solche Aspekte achten."

Der Bedarf für Family Office-Dienstleistungen ist sicherlich hoch, doch müssen auch diese Spezialisten wie alle Unternehmen und Dienstleister um ihre Kunden werben und vor allem ihre Arbeit an sich wandelnde Rahmenbedingungen anpassen. Auch darüber sprachen die Experten beim RP-Forum.

Wohin geht die Reise, wo stehen Family Offices in 20 Jahren? "Die Dienstleistung der Family Offices wird eine noch größere Rolle als heute spielen", ist Dr. Maximilian A. Werkmüller überzeugt. Die Arbeit werde sich aber verändern, insbesondere durch die Digitalisierung. Der Austausch mit den Mandanten werde wohl intensiver.

"Die Family Office-Landschaft wird weiter wachsen", prognostiziert Julien Zornig (Astorius Capital). Derzeit seien viele Familien bei ihrer Vermögensstrukturierung noch sehr unorganisiert.

Spezialisierung oder ganzheitliche Dienstleistung? Welcher Trend sich hier durchsetzt, darüber gibt es durchaus unterschiedliche Einschätzungen. Zornig rechnet mit einer weiteren Spezialisierung der Family Offices. "Für Kunden wird dann klarer, was sie bei wem buchen können." "Das Dienstleistungsspektrum wird sich erweitern", erwartet hingegen Thomas Naus (PricewaterhouseCoopers). Für Family Offices werde es schwerer, spezielle Dienstleistungen nicht anbieten zu wollen.

Jörg Eigelshoven (Warth & Klein Grant Thornton) geht hingegen davon aus, dass die notwendige Fachexpertise komplexer wird und dass sich Family Offices deshalb noch mehr als heute schon ein Netzwerk, ein Portfolio von Experten aufbauen werden. Eines wird sich also wohl nicht ändern: Der Bedarf für eine Beratung und Betreuung durch komplex arbeitende Experten dürfte auch in 20 Jahren hoch sein.

(RP)
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