Eyüp Yildiz "Kinder bleiben weiter nur unter sich"

Dinslaken · Dinslakens stellvertretender Bürgermeister erklärt, warum er weiter für die Schließung der Lohberger Grundschule plädiert.

 Die Lohberg Grundschule: Eyüp Yildiz findet, dass sie nicht mit allen Mitteln erhalten werden sollte.

Die Lohberg Grundschule: Eyüp Yildiz findet, dass sie nicht mit allen Mitteln erhalten werden sollte.

Foto: Martin Büttner

Herr Yildiz, Sie haben sich seit langem dafür ausgesprochen, die Lohberger Grundschule zu schließen. Jetzt liegt dem Schulausschuss ein Konzept zum Erhalt der Schule vor. Wie beurteilen Sie das?

Eyüp Yildiz: "Kinder bleiben weiter nur unter sich"
Foto: Büttner, Martin (m-b)

Eyüp Yildiz Im Prinzip ist das Konzept - ganz besonders die Idee, Kindertagesstätte und Grundschule zusammenzufassen - gut. Dennoch bleibe ich bei meiner Meinung.

Wie begründen Sie das?

Yildiz Wir haben es über die Jahre zugelassen, dass in Lohberg eine Blase religiöser und sozialer Abschottung entstanden ist. Werfen wir einen Blick auf die Anmeldezahlen der Schule. 2007 waren es noch 90 Kinder, jetzt sind es 36. Was sagt mir das? Mehr als 50 Prozent der Lohberger melden ihre Kinder nicht mehr an dieser Schule an. Wenn wir die Schule mit allen Mitteln am Leben erhalten und weitere Fördermittel hineinstecken, besteht die Gefahr, dass die Lohberger, die ihre Kinder - und das aus ihrer Sicht ja aus gutem Grund - an anderen Schulen anmelden wollen, zwangsweise zurückgeschickt werden, weil sie von den anderen Grundschulen abgewiesen werden. Das ist schon in diesem Schuljahr einigen Familien so passiert. Das wird letztlich zu einer Zwangsisolation führen. Wir werden diese Blase nicht auflösen, sondern wir werden sie erhalten.

Ihr Argument für die Schließung der Schule ist ja im Wesentlichen, dass die Kinder mit Migrationshintergrund dort unter sich bleiben. Sie glauben also nicht, dass das neue Konzept daran etwas ändert?

Yildiz So ist das. Die Idee, die hinter dem Konzept steht, ist eigentlich gut. Die Frage ist aber doch, ob es wirklich Entscheidendes verändern wird. In Lohberg ist doch schon so vieles versucht worden. Die Schule hat ja sogar einen Förderpreis bekommen. Trotzdem müssen wir feststellen, dass sich die Dinge so entwickelt haben, wie sie sich jetzt darstellen. Und deswegen sage ich, dass wir endlich für Heterogenität sorgen müssen, damit die Kinder aus Migrantenfamilien mit Kindern der Mehrheitsgesellschaft zusammenwachsen. Das ist die einzige Alternative, wenn wir den Elternwillen ernst nehmen.

Was wollen die Eltern und wie lässt sich ihr Willen erfüllen?

Yildiz Die Zahlen sprechen da eine eindeutige Sprache. Es sind in Lohberg zwar 1600 Unterschriften für den Erhalt der Schule gesammelt worden, aber es gab zunächst knapp über 30 Anmeldungen. Wo sind die anderen Schüler aus Lohberg, die auf die Grundschule müssen? Deren Eltern wollen doch ganz offenbar, dass ihre Kinder eine andere Grundschule besuchen. Das müssen wir endlich akzeptieren und deswegen diese Schulen fördern, damit sie Migrantenkindern die bestmöglichen Chancen bieten können, statt weiter Geld in die Lohberger Grundschule zu stecken. Es kommt ja ein weiteres Thema hinzu. Wir nehmen zurzeit viele Flüchtlinge auf. Auch deren Kinder müssen die Grundschule besuchen. Das heißt, die Anmeldezahlen für die Grundschulen werden steigen, und die anderen Schulen kommen an ihre Kapazitätsgrenzen. Wenn wir jetzt die Lohberger Schule erhalten - da sind wir dann wieder beim Thema Zwangsisolation - werden wir erleben, dass die anderen Schulen die Lohberger Kinder abweisen und diese dann gezwungenermaßen die Lohberger Schule besuchen müssen, wo sie wie bisher unter sich bleiben. Und daran kann auch das jetzt vorliegende Konzept nichts ändern.

Ein Argument für den Erhalt der Lohberger Grundschule ist, dass das Problem bei einer Schließung der Schule nur auf eine andere Schulen verlagert würde. Sehen Sie diese Gefahr nicht?

Yildiz Natürlich, wenn wir die Verteilung der Schüler nicht koordinieren, werden wir das Problem nur verlagern - zum Beispiel an die Klaraschule. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass wir die Dinge koordinieren können, wenn wir mit den Eltern in Lohberg vernünftig und auf Augenhöhe reden. Das ganze Geld, das wir in die Lohberger Schule stecken, könnten wir besser darin investieren, an den anderen Schulen heterogene Klassen mit interkulturellen Kompetenzen zu schaffen und zu entwickeln.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE JÖRG WERNER.

(RP)
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