Dinslaken Nicht nur auf die Noten schauen

Dinslaken · Die Angaben auf den Zeugnissen der Viertklässler sind oft nur eingeschränkt aussagefähig. Wenn es um Schulempfehlungen geht, sind Aussagen über das Arbeits- und Sozialverhalten der Kinder oftmals wichtiger.

 Viertklässler mit Halbjahreszeugnissen

Viertklässler mit Halbjahreszeugnissen

Foto: dpa

Die Halbjahreszeugnisse entscheiden zwar nicht über die Versetzung eines Kindes - aber für Familien, deren Nachwuchs in diesem Jahr die vierte Klasse beendet, ist gerade dieses Dokument wegen der Empfehlung für die weiterführende Schule sehr wichtig. Allerdings ist diese oft nur eingeschränkt aussagefähig, hat zum Beispiel Hans-Ulrich Wangerin, Leiter der Ernst-Barlach-Gesamtschule, festgestellt: "Es gibt offenbar keine einheitlichen Standards." Ein Notenschnitt, der an der einen Schule für eine Gymnasialempfehlung reiche, führe an der anderen nur zu einer Hauptschulempfehlung.

Auch die Auflösung der Schulbezirksgrenzen verstärkt eine Ungleichheit zwischen den Schulen, stellt Thomas Nett, Leiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums, fest. Gute Schüler würden eher an Grundschulen angemeldet, die einen leistungsstarken Ruf haben - selbst gleiche Zeugnisse seien daher nicht unbedingt vergleichbar.

"Es müsste einheitlichere Standards geben", meint Hans-Ulrich Wangerin. Bei der Aufnahme an seiner Schule mache man sich daher aus ausgewählten Noten des Schülers ein eigenes Bild. Auch die Aussagen über das Arbeits- und Sozialverhalten seien wichtiger als die Empfehlung für eine bestimmte Schulform.

In der nächsten Sitzung des Arbeitskreises der Schulleiter am 7. Februar soll das Thema der Vergleichbarkeit besprochen werden. Im vergangenen Jahr hat die EBGS den Notenschnitt und die daraus resultierenden Empfehlungen analysiert und festgestellt, dass die Spannweite groß ist. Wer beispielsweise einen Notenschnitt von 2,0 aufweist, erhält an der einen Grundschule eine Gymnasialempfehlung, an der anderen eine für die Realschule. Und während ein Kind mit einem Schnitt von 2,63 noch für das Gymnasium empfohlen wird, gibt es an der anderen Schule mit 2,7 die Empfehlung für die Hauptschule. "Das ist dann nicht mehr aussagekräftig", so Wangerin. Dass die Empfehlung nicht unbedingt etwas über die weitere Laufbahn des Kindes aussagt, macht er auch an den Abschlüssen fest: 80 Prozent der Abiturienten der EBGS hatten nach der Grundschule keine Empfehlung für das Gymnasium, berichtet er.

Ludger Zech, Leiter der Hagenschule, weiß, dass die Laufbahnempfehlungen ein schwieriges Thema sind - und von einer Schule zur anderen nicht unbedingt vergleichbar. "Jede Lehrkraft passt sich ihrer Lerngruppe an. Sie benotet nach dem Schnitt ihrer Klasse." Da spiele auch der Standort der Schule eine Rolle. So könne es sein, dass ein Kind zwar gute Noten aufweise, die Lehrkraft aber weiß, dass es dennoch kein Gymnasialkind ist. "Da zählt ja nicht nur die Zahl." Der Grundschulleiter begrüßt es, dass die Empfehlungen in Nordrhein-Westfalen nicht verbindlich sind und Eltern selbst entscheiden können. Denn auch Lehrer könnten nicht sicher voraussagen, wie sich ein Kind entwickel n wird. "Wir sind keine Propheten." Bei der Wahl der Schule sollten Eltern sich daher ein Bild machen aus den Beratungen der Grundschulpädagogen und dem eigenem Eindruck von ihrem Kind.

THG-Leiter Thomas Nett stellt ebenfalls fest, dass Laufbahnempfehlungen genau hinterfragt werden müssen. "Wir verlassen uns eher auf die Aussagen in den Gutachten der Grundschule." Die Noten seien ein Hinweis, als aufschlussreicher wertet Nett Aussagen zum Arbeits- und Sozialverhalten, zum Beispiel darüber, ob ein Kind selbstständig in der Lage ist, komplexe Aufgaben zu bearbeiten.

Bestehen Zweifel, rät er den Eltern, sich auch an einer anderen Schule umzuschauen. Ob diese den Rat annehmen, hänge davon ab, wie stark der Wunsch nach gymnasialer Bildung ist. Ablehnen könne ein Gymnasium einen Schüler nicht, so lange die Kapazitäten vorhanden sind. Nett kann dann nur hoffen, dass Eltern sorgsam abwägen. "Das schlimmste wäre, wenn das Kind bei uns unglücklich ist."

Findet ein Schüler sich am Gymnasium nicht zurecht, bekommen dies insbesondere die Gesamt- und die Sekundarschule zu spüren: In jedem Jahr müssen in Dinslaken zwischen 20 und 30 Mädchen und Jungen verteilt werden, die ihre Laufbahn am Gymnasium nicht fortsetzen konnten, berichtet Hans-Ulrich Wangerin. Die Suche gestalte sich oft aus Platzgründen sehr schwierig.

(RP)
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