Voerde Steag-Chefs sagen in Voerde Tschüss

Voerde · Die Steag-Geschäftsführung hatte sich einen symbolischen Ort ausgesucht, um den Konzernverlust von 221 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2016 zu verkünden: das Voerder Kraftwerk, das seit Freitag keinen Strom mehr produziert.

 Seit Freitag vergangener Woche ist die Stromproduktion im Kraftwerk am Rhein in Möllen gestoppt.

Seit Freitag vergangener Woche ist die Stromproduktion im Kraftwerk am Rhein in Möllen gestoppt.

Foto: Peggy Mendel

Die Szenerie hat etwas Surreales. Im Maschinenraum, wo früher die großen Turbinen dröhnten, ist es nahezu still. Nur ein leises Brummen als Hintergrundgeräusch erinnert noch daran, dass der Steag-Standort am Rhein in Möllen einmal 2200 Megawatt Strom lieferte. Es stammt von einer Gasturbine, die für Licht im Raum sorgt und für die Stromversorgung der Mikrofonanlage und der Laptops. Am Geländer, von dem man in einen menschenleeren Abgrund blickt, stehen ein paar Tische, auf denen der Caterer Häppchen und Getränke arrangiert hat, vorn steht eine Tischreihe, an der die Steag-Geschäftsführung sitzt, vor ihr sind an Zweiertischen die Journalisten platziert. Steag-Chef Joachim Rumstadt und seine Geschäftsführungskollegen verkünden Zahlen, antworten auf Fragen. Die Zahlen sind schlecht. Der Strompreisverfall belastet das Unternehmen. Die Lenker des fünftgrößten deutschen Versorgers sehen dennoch Licht am Ende des Tunnels, das aufgelegte Zukunftsprogramm Steag 2022 zeige Wirkung. Noch ein paar dunkle Jahre, dann würden die Ergebnisse besser.

In Voerde allerdings gehen die Lichter für immer aus, und das obwohl es sich bei dem Kohlekraftwerk um eines der modernsten und effizientesten handelt, wie die Steag-Chefs immer wieder betonen, um eines, in das noch vor wenigen Jahren groß investiert worden ist. Allein, die politisch zu verantwortende Energiewende habe das Kraftwerk unrentabel gemacht. Jetzt kostet es Geld. Für seine Stilllegung und die der anderen Kraftwerke hat die Steag rund 150 Millionen Euro im Konzernabschluss 2016 zurückgestellt.

 Die großen Kohleberge sind weitgehend verfeuert, der Rest wird zu anderen Steag-Standorten transportiert.

Die großen Kohleberge sind weitgehend verfeuert, der Rest wird zu anderen Steag-Standorten transportiert.

Foto: Peggy Mendel

In der Leitwarte steht Volker Veelmann. Er ist der, der in Voerde endgültig das Licht ausmacht. Eigentlich ist er Leiter des Kraftwerks im Bergkamen. Sein Vorgänger am Standort Voerde, Thomas Wagner, ist aber schon an seinem neuen Arbeitsplatz. In Leuna hat er die Leitung des Steag-Raffineriekraftwerks übernommen. Das hat Veelmann seinen Zweitjob eingebracht. In Voerde muss er die Anlage "trockenlegen". Das heißt sämtliche betrieblich benötigten Flüssigkeiten werden abgelassen, aufgefangen und entsorgt. Die restliche noch nicht verfeuerte Kohle wird an andere Standorte transportiert. Auch die bei der Produktion angefallene Flugasche, die weiterverarbeitet wird. Die notwendigen Transporte sollen die Anlieger im Umfeld des Kraftwerks möglichst wenig belasten. "Wir versuchen diese Transporte so weit möglich über den Wasserweg abzuwickeln", erklärt Wolfgang Cieslik, in der Steag-Geschäftsführung zuständig für Erzeugung und Markt. Sorgen, dass die Steag verseuchte Erde hinterlässt, hat Veelmann nicht. "Überall wo wassergefährdende Stoffe verwendet wurden, sind Auffangwannen installiert, die verhindern, dass etwas in den Boden eindringt, erklärt er. Diese Wannen seien in regelmäßigen Abständen kontrolliert worden. Immer sei alles in Ordnung gewesen und da es auch keine Unfälle gegeben habe, gehe er davon aus, dass im Boden keine bösen Überraschungen schlummern. Sechs Monate soll die Trockenlegungsphase dauern, wobei Veelmann Verzögerungen nicht ausschließt. Dann könnte der Rückbau beginnen. Wie sich der gestalten könnte? Dazu sagt die Geschäftsführung in der Pressekonferenz auch auf Nachfrage wenig. Die modernen Anlagen und Aggregate des Kraftwerks sollen natürlich nicht verschrottet, sondern weiterverwendet oder verkauft werden. Was nachdem Rückbau auf dem Gelände geschieht? Dazu gibt's noch keine konkrete Idee. Die Stadt Voerde will bekanntlich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, das Land hat in Aussicht gestellt, dass es dafür Fördermittel geben wird. Wie weit die Steag die Kommune in die Rückbauplanungen einbeziehen wird? "Wir sind mit der Stadt im Austausch und werden das auch bleiben, sagt Steag-Chef Rumstadt.

(RP)
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