Warenhauskonzern: Galeria schließt 16 seiner 92 Warenhäuser
EILMELDUNG
Warenhauskonzern: Galeria schließt 16 seiner 92 Warenhäuser

Wegberg Erinnerungen ans Kriegsende in Tetelrath

Wegberg · Augenzeuge Peter Bonsels erinnert im Heimatkalender des Kreises Heinsberg an das mehr als erwünschte Ende des Zweiten Weltkriegs in Tetelrath und Merbeck. Bonsels wurde damals aus dem Keller seines Hauses geholt.

 Die Amerikaner waren zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf den Landstraßen bei Merbeck unterwegs. Die Einwohner wurden laut Augenzeugenbericht nach Harbeck geführt, ohne aus ihren Häusern noch ein paar Habseligkeiten holen zu können.

Die Amerikaner waren zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf den Landstraßen bei Merbeck unterwegs. Die Einwohner wurden laut Augenzeugenbericht nach Harbeck geführt, ohne aus ihren Häusern noch ein paar Habseligkeiten holen zu können.

Foto: Archiv Dietmar Schmitz

"Nun hörten wir auch das Dröhnen von Motoren. Es folgten Warnschüsse und Klopfzeichen an der Haustüre und es erscholl der Ruf: 'Ergebt Euch! Herauskommen!'" Das mehr als erwünschte Ende des Zweiten Weltkriegs in Wegbergs Stadtteilen Tetelrath und Merbeck, wie es der Tetelrather Peter Bonsels unter dem Datum Mittwoch, 28. Februar 1945, als damals 14-Jähriger notierte. Die Kommandos kamen von amerikanischen Soldaten der 9. Armee, die im Rahmen der Operation "Grenade" mit Tetelrath die nördlichste Ortslage sowohl der heutigen Stadt Wegberg wie auch des Kreises Heinsberg vom verbrecherisch-kriegerischen System des Nationalsozialismus' befreiten. Peter Bonsels Erinnerungen finden sich im Heimatkalender des Kreises Heinsberg aus dem Jahr 1990.

Wegberg: Erinnerungen ans Kriegsende in Tetelrath
Foto: Archiv Dietmar Schmitz

Kurz zuvor hatte der Dauerbeschuss durch die alliierte Artillerie aufgehört, ebenso die Antwort der allerdings nur noch schwachen deutschen Batterien. Peter Bonsels wurde mit seinen Angehörigen aus dem Keller ihres Hauses geholt und einer Leibesvisitation unterzogen. Plötzlich gab es Beschuss von deutschen Soldaten, die niemand mehr gesehen hatte. Alle, einschließlich der amerikanischen Soldaten, stürzten in den Keller, auch den US-Armeeangehörigen stand die Angst ins Gesicht geschrieben. In einem kurzen Gefecht verloren sieben deutsche Soldaten ihr Leben, in Tetelrath war damit der Schießkrieg endgültig beendet. Die Einwohner wurden nach Harbeck geführt, ohne aus ihren Häusern noch ein paar Habseligkeiten holen zu können. Man passierte zerbombte, zerschossene und ausgebrannte Häuser sowie endlose Kolonnen von amerikanischen Militärfahrzeugen, die sich auf dem Weg zur Einnahme Mönchengladbachs befanden.

Zu Fuß, nur Alte und Gehbehinderte wurden gefahren, ging es nach Wegberg zur Lederfabrik Heinen, wo die Tetelrath-Merbecker auf Fahrzeuge geladen wurden. Das sorgte für Unruhe, ja Angst. Befürchtet wurde, dass man zur Zwangsarbeit nach Belgien oder in die Niederlande deportiert werden sollte. Zur allgemeinen Erleichterung endete die Fahrt schon in Harbeck, wo die Gruppe im leeren Haus der Schreinerei Wynen untergebracht wurde.

Am nächsten Tag, Donnerstag, 1. März, wurde die Gruppe von amerikanischen Offizieren verhört, wobei die Kinder zuerst befragt wurden. Deren Auskunftsfreude wurde mit Schokolade und Kaugummi gefördert, von denen die Offiziere zunächst aßen, um den Kindern die Angst vor Vergiftungen zu nehmen. Die Amerikaner wollten von ihnen vor allem wissen, ob unter den erwachsenen Soldaten oder Angehörige der Naziorganisationen waren, das war jedoch nicht der Fall. Zwei Tage bekamen die Merbeck-Tetelrather nichts zu essen, schließlich fanden sie Kartoffeln im Keller des Hauses, mit Pellkartoffeln wurde der Hunger gestillt. Am dritten Tag schließlich entdeckten die Frauen in der Nähe einen Verpflegungswagen der deutschen Wehrmacht, der die "Gefangenen" mit Brot, Wurst und Keksen versorgte.

Am Sonntag, 4. März, machten sie sich in kleinen Gruppen auf den Weg nach Hause, wo sie erhebliche Zerstörungen erwarteten. Ein toter Mitbürger musste beerdigt werden, auch die sieben am 28. Februar getöteten deutschen Soldaten lagen noch im Feld, sie wurden zunächst provisorisch am Waldrand, später dann in ihren Heimatorten oder auf dem Ehrenfriedhof in Niederkrüchten beigesetzt.

Totes Vieh wurde beseitigt, lebendes eingefangen und versorgt. Munition wurde geräumt, Lebensmittel aus den Westwallbunkern gesichert, der Wiederaufbau von Gebäuden aller Art angepackt. Peter Bonsels schließt seinen Bericht 1990: "Lebende Zeugen des beschriebenen Geschehens gibt es schon nicht mehr viele. Dies war auch der Grund meiner Aufzeichnungen, damit der Nachwelt etwas erhalten bleibt."

Weiterführende Literatur: Ludwig Hügen, Der Krieg geht zu Ende und Hans Kramp, Rurfront 1944/45

(isp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort