Wegberg So funktioniert das Landleben

Wegberg · Seit 22 Jahren führt Renate Timmermans den beliebten Gasthof im Reetdachdorf Schwaam.

 Gastwirtin mit Herz und Seele: Renate Timmermans führt den gleichnamigen Gasthof im Wegberger Ortsteil Schwaam gemeinsam mit Ehemann Johannes. "Städter können hier aus erster Hand erleben, wie das Landleben funktioniert", sagt sie.

Gastwirtin mit Herz und Seele: Renate Timmermans führt den gleichnamigen Gasthof im Wegberger Ortsteil Schwaam gemeinsam mit Ehemann Johannes. "Städter können hier aus erster Hand erleben, wie das Landleben funktioniert", sagt sie.

Foto: J. Laaser

In welcher Weise die Jahrzehnte auch Veränderungen für den Traditionsbetrieb "Timmermans" mit sich gebracht haben, zeigt unter anderem die Postzustellung. Zu Zeiten von Johannes Timmermans' Oma kamen die Postkutschen bei dieser am damaligen Krämerladen und der Poststation an. Heute halten die leisen modernen Wagen der Zusteller am Haus, um Pakete der Nachbarschaft zur zeitweiligen Aufbewahrung abzugeben.

"Timmermans" ist seit 1884 in Familienhand und wird seit 1996 von Inhaberin Renate Timmermans und Ehemann Johannes, der gelernter Bäcker ist, geführt. Dabei ist die Historie im Gastraum mit Thekenbereich nach wie vor greifbar. Mit dem Besuch der Postkutschen hatten sich zur damaligen Zeit der Ausschank und damit die Gaststätte entwickelt. An der Theke ist noch das ursprüngliche Verkaufsregal des Krämerladens angebracht. In gemütlicher Beschaulichkeit finden die Gäste rund um den zentralen Ofen an Tischen Platz. Der ehemalige Ladenbereich ist zum Spielen und Lesen für Kinder hergerichtet und direkt daran angrenzend steht zudem ein ehemaliger Privatraum für einen Aufenthalt zur Verfügung. Mit einer Raumteilung in Form von alten Fachwerk-Holzkonstruktionen - eindrückliche Zeugnisse bewährter Bauweise.

 Die historische Scheune des Gasthofs Timmermans bietet bei Veranstaltungen Platz für bis zu 40 Personen.

Die historische Scheune des Gasthofs Timmermans bietet bei Veranstaltungen Platz für bis zu 40 Personen.

Foto: Michael Heckers

Wie das Ehepaar zu seiner Tätigkeit gekommen ist? Renate Timmermans weiß es noch ganz genau. So wohnte die Schwiegermutter damals allein in der Hofanlage, da alle Kinder weggezogen waren, und benötigte Hilfe. So entschied das Paar, herzuziehen. "Da die Gaststätte fertig eingerichtet hier stand, hab' ich gesagt, dass wir sie wieder aufmachen", erinnert sich Renate Timmermans lächelnd. Das ist 22 Jahre her und beide seien nach wie vor mit Herz und Seele dabei, sagte sie, das Unternehmen sei ihr Leben.

Mit der Übernahme stießen sie eine Reihe von Neuerungen an, die sie als wichtig erachten: um den Gästen von nah und fern an einer Stelle möglichst viel bieten zu können sowie eine der Attraktionen darzustellen, die das Dorfleben bereichern und zukunftsfähig machen. "Wir haben als zusätzlicher Anlaufpunkt auf Radwandertouren dazu beigetragen, dass die Fahrradtouristen mehr wurden", beschreibt die Inhaberin Einzelheiten. Als eingetragener Gastgeber im Netzwerk "Bett and Bike" des Fahrradclubs ADFC schnüren sie zudem Lunchpakete, stellen Räder, bringen Gepäck hinterher und führen für alle kleinere Reparaturen aus. "Es gibt viele Menschen aus dem Ruhrgebiet, die feste Stationen innerhalb eines vom ADFC organisierten Programms buchen", berichtet Renate Timmermans. Viele Routen führen am Haus vorbei und durch den Ort Schwaam: so der Mühlenwanderweg, die Strecke entlang der Schwalm bis zur Lüttelforster Mühle und zum Hariksee auf Kreis Viersener Seite sowie grenzüberschreitende hin zu den Niederlanden. Für die Einkehr der Ausflügler sind "Timmermans" vielfältig ausgestattet. Mit lauschigem Bier- und neuem Wintergarten, historischer Scheune für Veranstaltungen mit bis zu 40 Personen, sieben Gästezimmern und dem Gasthof. Ob zum Frühstück, Mittag- oder Abendessen oder beim selbst gebackenen Kuchen: Eine gastfreundliche Atmosphäre erwartet die Aktiven.

Vor zwei Jahren hat das Ehepaar Pferdeboxen eingerichtet. Außerdem stellt der Gasthof Weiden für die Tiere von Wanderreitern zur Verfügung. Zum "Auftanken" von E-Bikes ist kürzlich von der Stadt Wegberg eine Station vor dem Haus installiert worden, die ab dem Frühjahr benutzbar ist. Die weiteren Sehenswürdigkeiten im Ort sind die gegenüberliegende Töpferei Oberheid, der benachbarte Hofladen vom Bauern Heinz, die reetgedeckten Gehöfte aus der Zeit ab 1600 sowie die angrenzende Kapelle und viele Anbieter mehr, erläutert Renate Timmermans. "Städter können hier aus erster Hand erleben, wie das Landleben funktioniert", sagt sie, "auch versuchen wir Schwaamer, mit dem Maibaumsetzen oder wunderschönen St.-Martinszug alte Bräuche zu vermitteln." Der Einsatz der Bewohner sei noch ausbaufähig, sagt sie verschmitzt, ebenso wünscht sie sich, dass sich die Stadt intensiver um die Instandhaltung der Radwanderwege kümmert.

(RP)
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