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Skandal in Russland Fässer mit Embryonen in Wald gefunden

Moskau · In einem russischen Wald sind Spaziergänger auf Plastiktonnen mit rund 250 menschliche Embryonen gestoßen. Wie die Behörden am Dienstag mitteilten, wurden die Embryonen am Wochenende im Ural in der Nähe des Dorfs Anik, rund 75 Kilometer nördlich von Jekaterinburg, gefunden. Sie waren demnach in Formaldehyd in vier 50-Liter-Tonnen gelagert. Das regionale Innenministerium sprach von einem "skandalösen" Fund.

Wie lästiger Müll liegen 248 ungeborene Kinder in einem Waldgebiet in Russland. Pilzsuchern bietet sich ein grauenvolles Bild: Aus blauen Plastiktonnen und aufgeplatzten Tüten quellen die Überreste der zwei bis vier Monate alten Embryonen heraus. "Es handelt sich vermutlich um unbenutztes oder ungebrauchtes Material, das für Forschungen zu Impfstoffen vorgesehen war", meint die Expertin Juliana Abajewa. Der schockierende Fall nahe des Städtchens Newjansk am Ural wirft ein Schlaglicht auf das in Russland lukrative Geschäft mit Abtreibungen.

Die Föten stammen aus Kliniken der Großstadt Jekaterinburg. Dabei handle es sich um "biologisch-medizinische Abfälle" der Klasse B (Abtreibungen und Fehlgeburten), zitieren russische Medien am Dienstag Mitarbeiter der betroffenen Krankenhäuser. Normalerweise holen Spezialfirmen die Überreste zur Bestattung ab. Diesmal aber werden die abgetriebenen Babys einfach weggeworfen - die mit der Lieferung beauftragte Firma gilt schon länger als zwielichtig.

"Es war furchtbar - die Container waren schmutzig, und sie haben die Abfälle nicht in vorgesehenen Behältern, sondern in ganz normalen Tüten weggeschleppt", sagt ein entsetzter Arzt in Jekaterinburg. Auch deshalb war das Unternehmen bereits im Vorjahr ein Fall für die Ermittler. Die Firma konnte keine Genehmigung für die Entsorgung medizinischer Abfälle vorlegen - und hatte dennoch eine entsprechende Ausschreibung gewonnen. Das Geschäft mit den Embryonen verspricht große Rendite.

"Dieses Material ist für Genforscher von großem Interesse für wissenschaftliche Zwecke", erklärt Lidia Lukutowa vom Forschungsinstitut für Geburtshilfe und Gynäkologie im Moskauer Gebiet. Von Nutzen seien die Stammzellen von Föten etwa in der Kosmetik oder der Pharmazie. Der Patriarch der einflussreichen russisch-orthodoxen Kirche nimmt den schrecklichen Vorfall zum Anlass, um erneut ein Verbot von Abtreibungen zu fordern. Auch Politiker sind entsetzt über den laxen Umgang mit den menschlichen Überresten.

"Niemand kontrolliert, was mit den abgetriebenen Babys passiert", kritisiert Jelena Misulina, die Vorsitzendes des Familienausschusses in der Staatsduma. "Die Nachfrage nach diesem Material ist gigantisch." Es sind ungeheure Zahlen, die kursieren. "Jedes Jahr werden bei uns fünf bis sechs Millionen Kinder abgetrieben", sagt Misulina der Zeitung "Iswestija". Die offiziellen Angaben weisen zwar nur eine Zahl von einer Million Abtreibungen aus.

Aber vor allem private Kliniken veröffentlichen keine Zahlen. Korruption ist weit verbreitet, denn viele Mediziner können mit ihrem kargen Gehalt allein ihre Familien nicht versorgen. Nach der parlamentarischen Sommerpause will die Politikerin ein schärferes Gesetz durch die Staatsduma bringen. Doch wie sie "nachlässige Ärzte" von "kriminellen unmoralischen Handlungen" abhalten will, bleibt unklar.

(dpa)
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