Zuschauer verärgert über Discovery-Film Vom Schlund der Anakonda in den Shitstorm

Düsseldorf · Mit einer perfekt inszenierten Werbekampagne bewarb der Discovery-Channel sein Experiment "Eaten alive": Der Australier Paul Rosolie werde sich lebendig von einer Schlange fressen lassen, hieß es, alles zum Schutz des Regenwaldes. Nun wurde gesendet. Die Fressorgie entpuppte sich als PR-Stunt im Schlamm. Im Netz hagelt es Kritik, Zuschauer fühlen sich betrogen.

Discovery Channel: Paul Rosolie will sich von Anakonda fressen lassen
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Tierfilmer will sich von Anakonda fressen lassen

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Schon Tage vor dem Sendetermin hatte Discovery mit größter Perfektion die Werbetrommel gerührt. Unterlegt mit bedrohlicher Musik zeigten erste Bilder, was Rosolie vorhatte: In einem Spezialanzug aus Carbonfasern, medizinisch überwacht mit Hightech, werde er versuchen, sich von einer Anakonda verschlingen zu lassen, kündigte der Sender an.

Das dazugehörige Hashtag im Netz: #Eatenalive, #lebendiggefressen. Nach der Ausstrahlung am Sonntagabend könnte es jetzt besser heißen #lebendiggegrillt. Denn im Internet erlebt der so PR-verliebte Sender Discovery sein Waterloo: "Tierschützer" Paul Rosolie wurde nämlich nicht bei lebendigem Leib ver- , sondern eher umschlungen.

#EatenAlive should have been called #SqueezedAlive instead ... False marketing LOL @Discovery

In mehreren Einstellungen zeigt Discovery, was sich im Dschungel von Peru zwischen der wohl 200 Kilogramm schweren Anakonda und dem Mann im Spezialanzug abspielt. Tatsächlich hat das Tier den Mann mehrfach umwickelt, zusammen liegen sie im Schlamm. Man hört Rosolie über das Funkmikrofon keuchen, ein bisschen erinnert das an Darth Vader. In anderen Einstellungen ist die Haut der Schlange aus nächster Nähe zu sehen, manchmal so nahe, dass es dunkel wird.

"Sie ist so schwer, sie hebt und presst mich, ich habe keine Chance, mich zu wehren", keucht der Australier. Allein mit ihrem Gewicht wolle sie ihre Opfer erdrücken, etwa vergleichbar mit dem Gewicht eines Elefanten.

Schon zuvor hatte der 27-Jährige Sätze von sich gegeben wie "Ich sah ihr riesiges Maul, dann wurde es dunkel." Er habe seinen Anzug knacken hören, als sie ihn umschlang. Um ihren Appetit anzuregen, hatte er seinen Helm eigens mit Schweineblut eingerieben. Doch bei aller Dramatik: Gefressen wurde Rosolie dann eben nicht.

Das wäre mit einigem Realismus betrachtet auch kaum möglich gewesen, schließlich hatte der Australier nach dem Experiment ja noch fröhlich davon berichtet und Werbung für den Sendetermin gemacht. Zudem hatte bereits Experten das "Experiment" vorab für kompletten Unfug erklärt: Eine Würgeschlange werde ihr Opfer nicht verschlingen, wenn sie nicht hundertprozentig sicher sei, dass die Beute auch tot ist.

Solche Feinheiten ließ Discovery allerdings in seiner Kampagne unberücksichtigt. Dass der Sender und Tierfilmer Rosolie aber wochenlang mit Drama-Häppchen Spannung erzeugt und entsprechende Erwartungen geweckt haben, wird beiden nun zum Verhängnis. Auf Twitter und Facebook schlägt ihnen Spott, Enttäuschung und ätzende Kritik entgegen.

"Eaten by boredom" (Verschlungen von Langeweile), kommentierte ein Nutzer auf der Facebookseite des Senders. Twitter-User beschrieben die Sendung als komplette Zeitverschwendung und eine einzige Enttäuschung. Auch der übliche Spott macht die Runde, ein Nutzer twitterte ein Bild von seinem Hund, der liebevoll auf einem Finger herumkaut und fragte zum Hashtag #Eatenalive "Hey Discovery, kann ich meine eigene Show haben?"

Hey @discovery, can I have my own show? #EatenAlive pic.twitter.com/OLEZykn1sx

Mehr noch trifft den Sender aber wohl eine weitere, durchaus ernste Kritik. "Irreführende Werbung", heißt es nämlich immer wieder, das entsprechende Hashtag "#Falseadvertising" ist häufig der Zwilling von #Eatenalive. Kommentare wie "Auf Nimmerwiedersehen,Discovery Channel" dürften den PR-Strategen des Hauses zu denken geben.

Schon zuvor musste sich Discovery immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, keinen Wert mehr auf Information, sondern nur noch quotentreibende Schock-Effekte zu setzen. Die Antwort auf die Frage, wie Rosolie mit seiner Aktion zum Schutz der Anakonda und des Regenwaldes beigetragen haben will, ist er noch schuldig.

(pst)
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