TV-Kritik zu "Circus HalliGalli" So simpel, so gut

Berlin · Joko und Klaas sind exzellente Entertainer. Das haben die beiden mit ihrer aktuellen Folge "Circus HalliGalli" wieder unter Beweis gestellt. Dabei braucht das Erfolgsrezept nicht immer nur extravagante Zutaten, um dem Zuschauer zu schmecken.

Grimme-Preis für Joko und Klaas
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Foto: Claudius Pflug/Pro Sieben

Hipster-Brille, Undercut-Frisur, gepflegtes Aussehen. Der junge Mann, der am Montagabend die Episode von "Circus HalliGalli" auf ProSieben anmoderierte, näherte sich dem Original auf frappierende Weise an — zumindest bis er den Mund öffnete. Nicht etwa Joko Winterscheidt — oder sein kongenialer Partner Klaas Heufer-Umlauf — eröffneten das TV-Spektakel um 22.15 Uhr, sondern Jeff.

Jeff, in der vergangenen Folge noch extrem schüchtern wirkend, musste die Anmoderation übernehmen, um für seinen Kumpel Sultan einen Flachbildfernseher plus unnötigen Plunder zu gewinnen. Er schlug sich tapfer, überspielte die absichtlich verwirrenden Ansagen von Joko und Klaas per Knopf im Ohr. Dennoch: Der gewollte Beweis, dass nicht Jedermann Unterhaltungsfernsehen kann, wurde erfolgreich erzwungen.

Hass-Diss auf Joko

Jeffs Auftritt gehörte jedenfalls, ebenso wie der traditionelle Countdown, nicht zu den Höhepunkten der Sendung. Als der Countdown ablief, gaben die deutschen Hip Hop-Größen Eko Fresh, Frauenarzt & Manny Marc und Bass Sultan Hengzt einen Hass-Diss auf Joko zum Besten. Die Antwort auf den Auftritt von Joko aka "Deutschlands frechster Frechdachs" bei einem HipHop-Konzert in der vergangenen Sendung.

Dass "Circus Halligalli" gerne die Grenzen des guten Geschmacks auslotet, wurde auch hier wieder augenscheinlich. Eine Puppe in Joko-Gestalt ging in Flammen auf, während der teils heftige Sprechgesang mit Bass Sultan Hengzts Aufforderung "Lauf mal durch Neukölln mit deiner Hitler-Frisur" endete. Doch eben diese Wanderung an der Klippe des Vertretbaren gehört einfach zum Gesamtkonzept der Show der Grimme-Preis-Träger.

Klamauk der simplen Art

Dazu gehört aber auch Klamauk der simplen Art: Wie einfach guter Humor auf dem Bildschirm sein kann, bewies die neue Folge von "Aushalten" mit dem Beinamen "Nicht lachen". Joko und Klaas saßen sich gegenüber, ein Vorhang trennte die beiden. Während einer versuchte, nicht zu lachen, machte jeweils der andere — sobald der Vorhang fiel — Faxen jeglicher Art, um eben dies zu provozieren. So simpel und so gut.

Jeder Zuschauer konnte sich perfekt in die Lage versetzen, jeder hat es schon erlebt. Wenn man nicht lachen darf, platzt es umso heftiger aus einem heraus. Und so lachten die deutschen Wohnzimmer heftig mit, als Joko mit Vokuhila-Perücke und Sombrero-Hut einen Ball ins Gesicht bekam oder Klaas mit Helium getränkter Stimme erfundene Schimpfwörter herunterbetete.

Jan Delay: derbe sympathisch

Als dankenswerter Gast präsentierte sich zudem Jan Delay. Der Musikstar gab sich in abgedunkelter Sonnenbrille und perfekt sitzendem Anzug gewohnt cool, aber eben auch — typisch Hamburg — derbe sympathisch. Im klassischen Interview plauderte er über den ihn inspirierenden Udo Lindenberg. Beim Interview "Bitte ein Beat" rappte er, der ja aus dem Hip Hop Geschäft stammt, Joko und Klaas textlich und melodisch — stets mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht — an die Wand.

"Wetten, dass..?" bekam dann auch noch eine subtile Ohrfeige: Als Jeff von seinem insgesamt fragwürdigen Auftritt erlöst wurde, erklang die bekannte ZDF-Show-Melodie und der Schriftzug "Mein bester Feind" hüpfte in Gewonnene-Wette-Manier über den Bildschirm. Ein gelungener Seitenhieb auf das dahinsiechende öffentlich-rechtliche Samstagabend-Relikt, das kurz vor der Einbalsamierung steht. Joko und Klaas machen hingegen nicht den Eindruck, als würde ihnen in absehbarer Zeit ihr Entertainer-Talent abhanden kommen, ihnen die Einschaltquoten wegbrechen oder eine ihrer Sendungen eingestampft.

(erer)
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