"The Voice of Germany" Gesangstalente — von superfresh bis Jahrmarktgegröhle

Düsseldorf · Die drittletzte Blind-Vorsing-Sendung von "The Voice of Germany" fordert so langsam ihren Tribut: Taktikvotings und schwindende Klamauktoleranz nähren die Sehnsucht nach den Battle-Auftritten.

Schön langsam nähern wir uns der Auffüllphase — jenem Endstück der Blind Auditions also, bei dem die Coaches insgesamt wählerischer agieren, weil sie schön langsam die Restplätze ihrer Teams besetzen. Und dabei aber gelegentlich auch, wenn sie taktisch denken, ihre mühsam erfeilschten Top-Talente mit verzichtbareren möglichen Battleopfern abpolstern.

Zumindest wäre das eine Erklärung für die leicht erratischen Jury-Entscheidungen der Sonntagssendung: Nach dem bislang fast durchgängig hohen Niveau schafften es nun vereinzelt auch Vorsänger in die nächste Runde, bei denen man sich zuhause als routiniertes Sofa-Talent zumindest kurz wunderte.

Florentina zum Beispiel, die man zunächst in einem dieser quälend langen Einspieler zwangskennenlernt: Wie sie da am Familienfrühstückstisch sitzt und sich dann von ihrer lobhudelnden Schwester die Augenbrauen aufmalen lässt. Sie bringt mit ihrem Gesang dann zunächst die schönsten Puuuh-Gesichter bei den Coaches zutage. "Ich find's zu schlecht. Die ist oben voll Schrott", raunte Michi Beck erst noch Kompagnon Smudo zu, dann hievten die Fantas Florentina plötzlich doch in ihr Team.

Bei Gitty, der 51-jährigen Country-Chanteuse in Glitzo-Tarnhose, blieben die Fantas allerdings bei ihrem instinktiven Autsch-Urteil: "Zuviel Jahrmarkt", diagnostizierten sie: "Das war bestimmt lustig anzusehen, aber nicht so lustig anzuhören." Die Kollegen sahen es ähnlich, kein Stuhl schwang herum für die tapfer knödelnde Röhrmamsell.

Auch Marco, der Wiener Klimper-Bon-Jovi, trabte ungebuzzt von der Bühne, ebenso wie der rappende Lawrence, dessen Flow auch die Fantas nicht überzeugte. Smudo, fachkundig: "Das wichtigste ist, dass man da so bekifft drinhängt, und das war zu theoretisch." Beatboxer Fabian fand ebenfalls keinen Fan unter den Juroren, doch entgegen der neuen Regeln kamen die Coaches nach seinem Auftritt trotzdem kurz an die Bühne, um ihm zu seinen Geräusche-Fabrikationskünsten zu gratulieren — die hatten alle durchaus überzeugt, der Gesang dazwischen aber nicht.

Die Kandidaten, die es dieses Mal in die nächste Runde schafften, waren wie üblich unterhaltsam divers: Etwa der jugendliche Pflanzenfreund Leon, der Pfefferminze "superfresh" findet, Bob-Marley-Adept Robert oder Johnny, der als "Worship Leader" sonst christliche Popmusik singt, sich für seinen Auftritt "Durch die schweren Zeiten" ausgesucht hatte und es schaffte, den Song von Nuschel Leader Udo Lindenberg tatsächlich wie ein religiöses Erbauungslied klingen zu lassen.

Dass es langsam Zeit für die Battle-Phase wird, konnte man gestern nicht nur am Auswahlverhalten der Jury, sondern auch an der eigenen, sinkenden Tralala-Toleranz ausmachen. Schön langsam nerven die Bebalzungen der Coaches, wenn sie zu mehreren um einen Kandidaten buhlen, dann nämlich doch gewaltig. Man freut sich inzwischen eigentlich am meisten, wenn die offensichtlichsten Manöver in die Hose gehen.

Wie bei Alessio, der Max Mutzke verehrt, ein Lied von ihm vorsang, kurz beeindruckt war, als Andreas Bourani seinen Kumpel Max einfach kurz anrief und Alessio ein Treffen versprach, sollte er in sein Team kommen — und der sich dann doch für Yvonne Catterfeld entschied, weil die ihre Soul-Liebe ganz ohne Schmu überzeugender dargelegt hatte.

(arü)
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