Interview mit Kochduo "Martina und Moritz" "Wir wollen niemanden belehren"

Köln · Deutschlands dienstältestes Kochduo, Martina Meuth und Bernd "Moritz" Neuner-Duttenhofer, feiert 30-jähriges Bestehen seiner Sendung. Wie sie kochen, habe sich kaum geändert. Im Interview verraten sie eins ihrer Lieblingsgerichte.

 Seit 1983 sind Martina und Moritz verheiratet, seit 1988 kochen sie gemeinsam im Fernsehen (Archivbild).

Seit 1983 sind Martina und Moritz verheiratet, seit 1988 kochen sie gemeinsam im Fernsehen (Archivbild).

Foto: HANS-JUERGEN BAUER

Mit dem "Ratgeber Essen und Trinken" ging es 1988 los, damals noch Sonntagnachmittag im Ersten. Später folgte der Wechsel zum WDR, die Sendereihe "Kochen mit Martina und Moritz" war geboren. Fast 400 Sendungen und 3500 Rezepte später feiern Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer, der schon lange Moritz genannt wird, ihren Erfolg mit prominenten Gästen. Dass die Party - wie auch die Sendung - in der eigenen Küche stattfindet, sorgt für eine vertraute Atmosphäre.

Wie hat sich Ihre Art zu kochen in den letzten 30 Jahren verändert?

Martina Verändert hat sie sich eigentlich gar nicht so arg, weil wir immer schon diese ganz persönliche Art zu kochen hatten: an Produkten ausgerichtet, nach Saison und Jahreszeit. Wir haben immer schon viel Gemüse verarbeitet und Fleisch eher als Beilage gesehen. Wir haben die Küchen Asiens besonders geliebt und schon vor 30 Jahren im Wok gekocht. Da wusste man hier noch gar nicht, wie man damit umgeht. Wir waren unserer Zeit immer so voraus, dass wir auch heute noch modern sind.

Moritz Unser Ansatz war, dass wir die Leute nicht belehren wollen und ihnen dieses oder jenes...

Martina ...mit erhobenem Zeigefinger...

Moritz ...verbieten wollen. Sondern versuchen, die schwereren Gerichte der deutschen Küche leichter, eleganter und verträglicher zu machen und zeitgemäß zu modernisieren.

Martina Zum Beispiel auf eine Mehlschwitze verzichten und stattdessen lieber das mitgeschmorte Gemüse als Bindung verwenden.

Moritz Das Ergebnis sollte so gut schmecken, dass die Leute auf unsere Vorschläge eingehen. Ich glaube, das haben wir zum großen Teil geschafft.

Wie würden Sie jungen Leuten das Kochen wieder näher bringen?

Martina Zuerst einmal muss es Freude und Spaß machen. Der Weg ist das Ziel, schon der Einkauf muss einen Teil der Freude daran ausmachen. Wenn man über den Markt geht und schaut, was es gibt und einfach Lust kriegt. Und unsere Rezepte als Anregung zu nehmen, auch selbst seine Fantasie spielen zu lassen.

Moritz Ganz wichtig ist, dass es haushaltsgerecht ist. Wir haben immer folgenden Vergleich genommen: Wenn man einen Führerschein machen will, dann geht man ja auch nicht zu Sebastian Vettel, sondern zum Fahrlehrer. Sicherlich kann Sebastian Vettel ganz sensationell Auto fahren, aber eben unter anderen Bedingungen.

Martina Uns kommt es außerdem immer darauf an, dass die Leute sich um die Produkte kümmern. Dass sie nicht einfach wahllos irgendwo hineingreifen. Oder schon gar nicht die industriell hergestellten Lebensmittel kaufen. Sondern dass sie die frischen Zutaten nehmen, damit sie auch beurteilen können, was das für eine Qualität ist. Da müssen sie viel wissen, und dieses Wissen wollen wir vermitteln.

Wie begegne ich der täglichen, oft etwas lästigen Frage: 'Was koche ich morgen?'

Martina Am besten den Kühlschrank auf, gucken, was drin ist, und wenn nichts drin ist, auf dem Markt schauen, was es da gibt.

Moritz Gerade in den Anfangszeiten - aber jetzt auch wieder - betonen wir: saisonal, regional und mit einem Gericht das nächste vielleicht schon vorbereiten, indem man bewusst Reste produziert.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Martina Wenn ich einen Tafelspitz mache, muss ich ja ein großes Stück Fleisch verwenden, sonst wird es trocken und ist kein Vergnügen. Da bleibt garantiert die Hälfte übrig. Das kann ich am nächsten Tag dünn aufschneiden, und mit einer leichten Vinaigrette, mit Zwiebelringen und Kräutern einen Salat daraus machen. Dazu Bratkartoffeln, und schon habe ich mein zweites Essen fertig, mit einem Mal kochen sozusagen.

Heutzutage kommt man einfach im Internet an die Rezepte, wie war das früher?

Martina Die Zuschauer bekamen die Rezepte zugeschickt - und die waren sehr gefragt. Es gab kleine Heftchen, die extra pro Sendung verfasst wurden. Die waren wirklich der Renner, wir haben 80.000 Stück allein für die Kartoffelsendung verschicken lassen. Das war unglaublich.

Moritz Auch umständlich und teuer: Die Leute mussten einen frankierten Umschlag sowie Briefmarken für 4,50 Mark zum Bezahlen einschicken und der wurde dann wieder zurückgeschickt. Das war die einzige Möglichkeit damals, an die Rezepte zu kommen. Später konnten sie auch über den Teletext abgerufen werden und jetzt natürlich über das Internet: Man kann den Newsletter bestellen und kriegt dann automatisch und umsonst vor oder während der Sendung eine Mail mit den Zugangsdaten zu den einzelnen Rezepten und zur ganzen Sendung, als PDF und als Podcast.

Haben Sie einen ganz speziellen Favoriten?

Martina Von unseren Rezepten? Das wäre ja langweilig, wenn man sich nur für eine Sache entscheiden müsste.

Moritz Wir werden häufig gefragt, was unser Lieblingsgericht ist. Da gibt es nicht nur eines. Das ändert sich immer mit der Jahreszeit und mit der Laune.

Martina Was wir besonders lieben, ist die chinesische Küche, die thailändische und die vietnamesische. Solche Gerichte gibt es bei uns praktisch täglich. Wir kochen jeden Tag mit dem Wok...

Moritz Na na na, es gibt auch schöne Eintöpfe. Und was ich sehr mag, ist Spanisch Fricco, was ursprünglich von Henriette Davidis stammt, also aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dabei werden Kartoffeln, Zwiebeln, Fleisch und Sahne in eine Auflaufform geschichtet und im Wasserbad ganz langsam gegart.

Martina Dabei verschmelzen die Geschmäcker und die Aromen miteinander, ganz wunderbar. Dazu eine große Schüssel Endiviensalat, fein geschnitten, mit Estragon. Köstlich.

Moritz Und natürlich darf ein gutes Glas Rotwein dazu nicht fehlen!

(RP)
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