Fotos Iraker wählen unter Lebensgefahr
Mit den Parlamentswahlen im Irak hoffen die Bürger endlich aus Stabilität in dem von Anschlägen heimgesuchten Land. Seit die Amerikaner auf dem Rückzug aus den Dörfern des Iraks sind, häufen sich dort die Anschläge.
Trotz strengster Sicherheitsvorschriften konnten Anschläge mit Dutzenden Toten nicht verhindert werden.
Die Aufstandsbewegung sunnitischer Extremisten hat für den Wahltag mit Anschlägen gedroht.
Im Nordosten der irakischen Hauptstadt Bagdad wurde am Morgen ein zweigeschossiges Wohnhaus von mehreren Mörsergranaten zerstört.
Aus den Trümmern im Stadtteil Ur wurden 14 Menschen tot geborgen, unter ihnen vier Kinder.
Trotz der Anschläge sind viele Bürger mutig und folgen dem Aufruf an die Urnen. Wie in anderen arabischen Ländern auch, wird die doppelte Stimmabgabe durch die Kennzeichnung des Fingers mittels Tinte verhindert.
Die Liste der Parteien ist lang. Bei der zweiten Parlamentswahl seit dem Krieg zum Sturz von Saddam Hussein bewarben sich etwa 6.200 Kandidaten um die 325 Mandate. Wahlberechtigt waren rund 20 Millionen Bürger.
Bereits am Morgen gingen viele Bewohner von Bagdad zu ihrem Wahllokal. Die Iraker haben die Wahl zwischen einem radikalen schiitischen Lager auf der einen und einer Gruppe von gemäßigten Parteien auf der anderen Seite.
Nach der Stimmabgabe zeigten sie stolz ihren mit purpurner Farbe markierten Finger.
Die Wahlberichtigten sind auf langen Listen eingetragen.
Dieser Mann zeigt sich am Wahltag patriotisch: Auch er zeigt mit Stolz, dass er sein Recht auf demokratische Mitbestimmung wahrgenommen hat.
Der amtierende Ministerpräsident Nuri al Maliki (Foto) tritt mit seiner Dawa-Partei für einen Mittelweg zwischen säkularer und religiös beeinflusster Politik ein.
Der Ministerpräsident tritt mit einem Bündnis an, das Parteien verschiedener Volksgruppen umfasst und mit einem dezidiert säkularen, nationalistischen Programm wirbt. Neben Malikis Dawa-Partei, deren Wurzeln im schiitischen Islamismus liegen, gehören dazu sunnitische Stammesführer, schiitische Kurden, Christen und unabhängige Kandidaten.
Das Wahlbündnis der Kurden wird von den beiden dominierenden Parteien der weitgehend autonomen Kurdenregion im Nordirak bestimmt: der Kurdisch-Demokratischen Partei von Regionalpräsident Massud Barsani und der Patriotischen Union Kurdistans von Iraks Präsident Dschalal Talabani. Geschwächt wurden sie bei der Wahl des Regionalparlaments durch einen Reform-Block, der auch jetzt antritt. Voraussichtlich werden sie dennoch stark genug, um wie seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 für die Regierungsbildung unerlässlich zu sein.
Die überwiegend schiitische Irakische Nationalallianz (INA) vereint den Obersten Islamisch-Irakischen Rat (ISCI) als wichtigste Partei dieser Volksgruppe mit den Anhängern des anti-amerikanischen Predigers Moktada al-Sadr (Foto). Dazu kommen die Fadhila-Partei aus dem südirakischen Basra, der vor dem Irak-Krieg 2003 als Exilpolitiker zu Prominenz gekommene säkulare Schiit Ahmed Chalabi sowie einige Sunnitenführer.
Die INA ist der Hauptkonkurrent von Malikis Bündnis um die Stimmen der Schiiten und will ihm einige der bei der Regionalwahl 2009 verlorenen Anteile abjagen. Spekuliert wird über eine Koalition beider Allianzen nach der Wahl, falls keine allein genug Stimmen bekommt.
Der sunnitische Vizepräsident Tarek al-Haschemi (Foto), der frühere Ministerpräsident Ijad Allawi - ein säkularer Schiit und womöglich Anwärter auf das Amt des Regierungschefs - und der Sunnit Saleh al-Mutlak, haben sich zu einem eigenen Bündnis zusammengeschlossen: Irakija. Der Liste wird ein starkes Abschneiden zugetraut. Mutlak und andere Kandidaten gerieten aber ins Visier der Kommission, die angebliche Baathisten von der Wahl ausschließen wollte.
Abgeordnete des Europarlaments sind nach Bagdad gereist, um die Wahlen zu beobachten und zu begleiten. Darunter auch Rachida Dati (rechts), die bis Juni 2009 Justizministerin der Regierung von François Fillon war.